Kind des Glücks
deiner edlen Führung, Liebchen«, schmeichelte Guy. »Denn warst nicht du es, chère Sunshine, die so richtig erklärte, daß wir im Bloomenveldt das große Ziel verfolgen könnten, Bewußtseinszustände zu erreichen, die dem menschlichen Gehirn bisher noch unbekannt waren? Und daß wir uns bereichern könnten, indem wir die Substanzen, die sie erzeugen, vermarkten?«
»Aber aus den Tiefen des Bloomenveldts ist noch niemand zurückgekehrt; jedenfalls sagt man das.«
»Allerdings. Und nun stell dir vor, was der gewinnen kann, der die erste erfolgreiche Expedition ins Innere des Waldes unternimmt und mit besonderen Früchten zurückkehrt.«
»Stell dir vor, was bei einem Fehlschlag des Unternehmens passierte!«
»Hast du mir nicht oft genug von deiner Meisterschaft in der Kunst des Überlebens im Wald erzählt?« sagte Guy. Und wirklich, um die Wahrheit zu sagen, ich hatte mich vielleicht stärker als eine Diana des Dschungels dargestellt, als die paar Wochenenden im harmlosen Wald von Glade rechtfertigten.
»Und alles in allem sind wir keine mystischen Libertinisten, du und ich«, drängte Guy. »Wahre Kinder des Glücks sind wir und Abenteurer des Geistes, mehr als bereit, alles zu riskieren, um alles zu gewinnen.«
Was sollte ich auf eine solche Herausforderung entgegnen? Einerseits konnte ich kaum den Geist in mir verleugnen, der darauf bestanden hatte, sich dem großen Edoku zu stellen, aller Weisheit und allen praktischen Ratschlägen meiner Eltern zum Trotz; der Geist, der mich wider alle Weisheit der öffentlichen Bedürfnisanstalten zu den Gypsy Jokern gebracht hatte, der durch eine List das Herz Pater Pans gewonnen hatte und der mich mit diesem tapferen und tollkühnen Geliebten hierher gebracht hatte, an den Rand eben jenes Abenteuers, das er vorschlug.
Andererseits wußte ein Teil von mir mit der Nüchternheit des von der Leidenschaft getrennten Intellekts, daß sein Vorschlag nicht nur gefährlich, sondern nahezu wahnsinnig war.
»Vraiment, mein Geist ist willig, doch meine Vernunft sagt mir, daß ein solches Unternehmen ziemlich verrückt ist«, erklärte ich aufrichtig.
Doch eine solche Ambivalenz war noch nie Guys Stil gewesen noch brachte ihn meine Unentschlossenheit aus der Fassung. »An einem solchen Punkt«, verkündete er großartig, »muß man auf ein Zeichen warten, um Vernunft und Geist in Einklang zu bringen.
Und aus meiner augenblicklichen Perspektive bin ich äußerst zuversichtlich, daß es kommen wird.«
Und es kam – zwei Tage später am Spätnachmittag. Wir lagen bei einem großen Kreis fleischroter Blütenblätter, die einen hellgrünen Stempel umgaben, dessen Spitze in einem überhängenden Baldachin aus feinen, im Wind bewegten Staubfäden auslief. Von ihnen rieselten klebrige, harzige Pollen herunter. Wir waren weit genug entfernt, um nicht bestäubt zu werden, doch nahe genug, um die duftende Aura aufnehmen zu können.
Der Zustand, der vom schweren, schwülen Geruch des Parfüms hervorgerufen wurde, schien völlig zu unserer Stimmung zu passen. Die noch helle Sonne am westlichen Horizont wärmte unsere Glieder, während sie wabernde und langsam länger werdende, gesprenkelte Schattenmuster über die windbewegten Kronen der gewaltigen Bäume warf. Das Blatt, das uns als Lager diente, wiegte uns wie eine große, von einem Waldgeist bewegte grüne Wiege in einen hypnotischen Halbschlaf – ein Geist, dessen Atem wir im Geflüster der Brise in den Ästen und Blättern hörten. Leer im Bewußtsein und erfüllt im Geist, am Rande des Schlafes treibend, wo ziellose Gedanken sich in surrealistische Traumbilder verwandelten, blickte ich in einen blauen Himmel hinauf, der auf perfekte Weise die glückselige himmlische Leere meines Geistes spiegelte.
Vraiment, schließlich nahm ich an, daß ich tatsächlich den köstlichen Rand dieses hypnotischen Zustandes verlassen und ins Reich des Schlafes getrieben war, denn aus dem schläfrigen Nebel gerann aus den Träumen ein Bild…
Ein menschliches Gesicht wie dieses bekommt man in unserem Zweiten Raumfahrenden Zeitalter nicht oft zu sehen: das Antlitz eines alten Mannes, faltig und runzlig, gekrönt von einer Haube aus langem, dünnem, weißem Haar. Das Gesicht eines Mannes im letzten Jahr seines Lebens, wenn die Kunst der Heiler, die die Lebenskraft dreihundert Jahre bewahrte, ganz plötzlich versagt und dem Gesicht die Maske der Sterblichkeit überstreift, um den nahen Tod zu begrüßen.
Doch seltsam, es waren die klare Ruhe
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