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Kind des Glücks

Kind des Glücks

Titel: Kind des Glücks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Norman Spinrad
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folgen – über das Dach des Waldes und hinein in die Geschichte der Flötenspielerin des Bloomenveldts –, behaupten konnte, daß sie in einem schizoiden Zustand war, dann kann dieses Wiederauftauchen der bewußten Erzählerin, die sich als verschieden vom metaphorischen Wesen der Geschichte begreift, als Hinweis auf die Rückkehr der geistigen Gesundheit verstanden werden.
    Soll heißen, daß ich, indem ich diese Einsicht gewann, tatsächlich endlich der Geschichte der Flötenspielerin des Bloomenveldts gefolgt war – den ganzen Weg von den Blumen der Vorfahren, von ihrem unbewußten Tropismus bis hin zum bewußten Vollbesitz der Bürgerschaft in den Menschenwelten.
     
    Auch waren die Wissenschaftler und Heiler nicht blind für den Erfolg dieser Therapie, denn nicht lange nachdem meine Erzählung den Zusammenhang einer Geschichte gewann, die von einer Erzählerin bewußt geschaffen wird, änderte sich die Natur unserer Seancen.
    Nachdem sie mir erlaubt hatten, aus diesem metaphorischen Geplapper eine zu vernünftigen Gesprächen fähige Person wiederaufzubauen, nachdem sie die Erzählerin verleitet hatten, sich ein gutes Stück von der Heldin ihrer Geschichte zu lösen, zeigten sie kein Interesse mehr an der metaphorischen Version der Geschichte, sondern begannen mich auf der Grundlage ihrer jeweiligen Disziplinen ziemlich gründlich nach den objektiven Ereignissen zu befragen. Soll heißen, daß sie ganz offen ihre Begierde zeigten, daß sie sogar äußerst ungeduldig werden konnten, wenn sie mit wissenschaftlicher Genauigkeit die phänomenologischen Realitäten hinter der Geschichte der Flötenspielerin des Bloomenveldts festnageln wollten.
    Urso Moldavia Rashid, der sich fast wie ein Schiedsrichter verhielt, hatte bei diesen Befragungen meist den Vorsitz – denn inzwischen waren es eher Befragungen und kaum noch Therapiesitzungen, und häufig mußte Urso die anwesenden Wissenschaftler zur Ordnung rufen, damit die Sitzungen nicht in unangemessenen Fachjargon abglitten.
    Wenn ich hier nicht ihre endlosen Fragen wiedergebe und meine ewig unzureichenden Antworten auf dieselben, ihre manchmal erbitterten Dispute untereinander – und das, was mir schließlich vorkam wie eine fruchtlose Neuauflage immer derselben Befragungen –, dann ist der Grund dafür, daß ich mich an herzlich wenig Einzelheiten erinnern kann; nur an die Tatsache, daß der größte Teil ihrer Anstrengungen nicht so sehr darauf zielte, theoretisches Wissen zutage zu fördern, sondern vielmehr darauf, Daten zu bekommen, die ihnen halfen, in Belshazaars Hauptindustrie, der Entwicklung und Vermarktung psychotropischer Drogen aus dem Bloomenveldt, einen Haufen Geld zu verdienen – ein Unterfangen, das ich nicht gerade mit voller Begeisterung unterstützen konnte.
    Was mich anging, so war dieser ganze Vorgang Zusammenhanglos und unaufrichtig, was zunächst von meiner allgemeinen geistigen Müdigkeit herrührte, die sich einstellte, nachdem ich mich aufrichtig und doch unzureichend bemüht hatte, ihnen erschöpfend zu antworten, und dann von einer gleichgültigen Langeweile, als ich mich auf die Rolle eines ewig die gleichen Phrasen wiederholenden Papageien reduziert sah, und schließlich von einem düsteren, gereizten Starrsinn, der an Auflehnung grenzte. Zweifellos wäre ein ausführlicher Bericht über diese Sitzungen für ähnlich besessene Fachleute derselben Sparte von großem Interesse, doch diese verweise ich auf die wissenschaftlichen Jahrbücher, die sie jahrzehntelang geduldig durchstöbern mögen; es ist sicher nur leicht übertrieben, wenn ich behaupte, daß bei diesen Sitzungen ganze Räume voller Wortkristalle aufgezeichnet wurden.
     
    Nachdem einige Wochen auf diese Art vergangen waren, war ich ziemlich sicher, daß ich keine weiteren therapeutischen Fortschritte mehr erwarten konnte, wenn ich im Clear Light Sanatorium blieb, was heißen soll, daß ich inzwischen zu der Ansicht gekommen war, daß diese Einrichtung keineswegs ein Segen war, sondern ein Gefängnis, aus dem ich mit ganzer Kraft und meinem gesammelten Mut entkommen mußte.
    Einst war ich eine Tochter von Nouvelle Orlean gewesen, einst war ich eine arme Naive auf den Straßen von Edoku gewesen, einst hatte ich als bewußtloses Wesen auf den Blütenblättern einer Blume geruht, einst war ich die Flötenspielerin des Bloomenveldts gewesen, und während ich jetzt certainement dies alles nicht mehr war, wußte ich genauso sicher, daß, wenn meine Geschichte nicht als

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