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Kind des Glücks

Kind des Glücks

Titel: Kind des Glücks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Norman Spinrad
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mehrere Zwischenstationen nach Edoku«, informierte ich sie. »Ich habe die Absicht, an Bord zu sein, es sei denn…«
    »Es sei denn?« sagten sie im Chor, klammerten sich an den Strohhalm, den ich ihnen neckisch hinhielt.
    »Es sei denn, ihr könntet euch statt dessen entschließen, eure Bedingungen für mein Wanderjahr derart zu verändern, daß ich als Geehrter Passagier zu, sagen wir fünf Planeten meiner Wahl fliegen kann und außerdem eine Unterstützung bekomme, von der ich mit etwas Umsicht ein ganzes Jahr leben kann. In diesem Fall werde ich mit liebevoller Rücksicht auf eure Befürchtungen, so schwer es mir fällt, auf meinen Herzenswunsch verzichten, nach Edoku zu fliegen…«
    Nach diesem Vorschlag äußerte sich ihr Unbehagen in einem gewissen drohenden Unterton. »Wir werden bald noch einmal darüber sprechen«, sagte mein Vater, indem er vom Frühstückstisch aufstand. »Ich muß mich jetzt um meine Kunden kümmern.«
    Ehe er das Zimmer verlassen hatte, faßte meine Mutter mit einem besorgten Gesichtsausdruck seinen Arm. »Wir müssen uns unter vier Augen unterhalten, Leonardo«, sagte sie ernst.
     
    Das taten sie denn auch während der folgenden Tage. Sie versuchten es mit genau dem Charme, den Schmeicheleien und dem Schmollen, mit denen ich so erfolglos versucht hatte, sie umzustimmen, als die Dinge noch anders gestanden hatten, wenngleich sie sich auch im Gegensatz zu mir nicht soweit gehenließen, daß sie Wutanfälle bekamen oder unter Drogeneinwirkung schauspielerische Glanzleistungen darboten.
    Der Kern ihrer Bemühungen bestand darin, mich davon zu überzeugen, daß ein naives Mädchen wie ich von einem Planeten wie Glade – den sie jetzt als kaum mehr als einen Vorposten darstellten, der ausschließlich von Dorftrotteln bewohnt wurde – kaum eine Chance hätte, unter den vielen erfahrenen Konkurrenten auf Edoku, die genau dasselbe wollten, viel Geld zu verdienen. Darauf erwiderte ich unweigerlich, daß ich ein gebildetes Kind des mächtigen Nouvelle Orlean sei, das kaum mit einer Bauerngesellschaft, die in groben Holzhütten lebte, in Verbindung gebracht werden könne, und daß ich fest entschlossen sei, ihrem eigenen weisen Rat zu folgen und das Leben eines wahren Kindes des Glücks bis zum äußersten auszukosten.
    Ich muß ihnen zugute halten, daß es ihnen ihr Ehrgefühl verbot, mir die Überfahrt zum einzigen Planeten meiner Wahl – die sie mir ja versprochen hatten – zu verweigern oder mich durch Bestechung von meinem gewählten Weg abzubringen, indem sie mir großzügigere finanzielle Bedingungen für mein Wanderjahr gewährten. Vielleicht muß ich auch mir selbst etwas zugute halten: Als drei Tage vor dem Abflug die Zeit kam, mein Ticket für die Bird of the Night zu kaufen, hätte mich eine solche Bestechung wahrscheinlich gar nicht mehr von dem Entschluß abbringen können, auf den goldenen Straßen Edokus mein Glück zu machen, denn die Notwendigkeit war die Mutter des Wunsches gewesen, und inzwischen war ich völlig überzeugt, daß ich diesen Weg ganz aus eigenem Antrieb eingeschlagen hatte.
    Und so fiel schließlich der Würfel meines Glücks, die Überfahrt wurde gebucht, und meine Eltern fügten sich, wie die Ereignisse des nächsten Morgens zeigen sollten, ins Unvermeidliche – wenigstens soweit, daß sie mir, vielleicht um meine Überlebenschancen auf Edoku zu verbessern und angeregt durch das Schutzbedürfnis meines Vaters, das letzte Wunder von Leonardos Kunst mit auf den Weg gaben.
    Nach dem Frühstück und ehe er seine Boutique öffnete, drängte Leonardo mich mit Shasta im Schlepp in die Werkstatt und zog aus einem Kästchen einen schlichten, sogar billig aussehenden Ring, wie man ihn in den bescheidensten Straßenbasaren auf den ärmsten Planeten kaufen konnte. Ein schlichtes goldenes Band – auf den zweiten Blick sogar nur ein nicht sehr gekonnter Goldüberzug auf Plastik –, das geschmückt war, wenn das das richtige Wort ist, mit einem einzelnen, übergroßen künstlichen Stein, der vielleicht einen Dreijährigen davon überzeugt hätte, daß es ein Saphir war.
    Dieses häßliche und offensichtlich wertlose Schmuckstück schob mir mein Vater über den rechten Ringfinger – wichtig und stolz, als wäre es ein unbezahlbares Einzelstück aus den Kronjuwelen eines alten Kaisers, während ich mit unverhohlenem Mißfallen die Lippen schürzte.
    »Nach langen Diskussionen haben deine Mutter und ich beschlossen, daß du – da du dich nicht von deiner Absicht

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