Kind des Glücks
kleine femme fatale in Nouvelle Orlean gewesen war. Zu meinem eigenen Vergnügen versagte ich Pater Pan hin und wieder meine Gunst. Ich ließ mich mit gewöhnlichen Männern des Stammes ein und erwarb bald einen Ruf als tantrische Künstlerin von übernatürlicher Kraft und großer Kunstfertigkeit.
Bald genug wurde ich eingeladen, kleinere Rollen bei tantrischen Gruppenauftritten zu übernehmen, bei denen das Publikum aktiv teilnahm, und erntete mit Hilfe der rohen Kraft des Fühlers nur Lob, wenn mich auch die anderen Darsteller oft schalten, ich würde sie an die Wand spielen.
Bei den Darstellungen tantrischer Bilder, bei denen die Zuschauer passiv blieben, war ich jedoch weit weniger erfolgreich, denn der Einsatz des Fühlers brachte dem Publikum nichts und führte sogar dazu, daß die Konzentration des Ensembles durch schlecht getimte Orgasmen gestört wurde, und wenn ich mich dann auf die gewöhnliche Darstellung meiner bescheidenen Rollen beschränkte, wurde mein Mangel an Ausbildung nur zu offensichtlich.
Dennoch, der Ruf, den ich als gelegentliche tantrische Kleindarstellerin erwarb, vereint mit der elektronisch verstärkten Gewißheit, gute Ware für gutes Geld zu liefern, erlaubte es mir, als Solokünstlerin einiges Ruegelt zu verdienen, wenn ich auch nie die Überheblichkeit oder den Mut aufbrachte, mehr als zwanzig Stück Ruegelt von einem Kunden zu verlangen.
Und es ist wahr, Pater erwies sich nie als eifersüchtig, zeigte nie etwas anderes als offenherzige Begeisterung für meine Unternehmungen und Liebschaften, wenn ich auch ehrlich zugeben muß, daß es meine ursprüngliche Absicht gewesen war, irgendeine Regung von Eifersucht in ihm hervorzurufen. Als ich schließlich überzeugt war, daß seine Hingabe an den Geist gegenseitiger Freiheit echt und ungezwungen war, mußte ich vor mir selbst zugeben, daß ich ein Dummkopf gewesen wäre, wenn ich etwas anderes gewollt hätte.
Denn es war eine großartige, herrliche Zeit. Nachdem ich vom Leben nichts gekannt hatte außer einer auf elterlicher Großzügigkeit gegründeten Existenz und einer Periode äußerster Armut, die aus der Erschöpfung eben derselben herrührte, war das Leben der Gypsy Joker für mich mehr als ein Garten der Freuden – es waren meine ersten Erfahrungen in einer Welt, in der ich weder die Lieblingstochter noch die hilflose Arme war, sondern ein freier, gleichberechtigter und unabhängiger Mensch. Den Streifen des Vielfarbigen Tuchs, den ich manchmal als Halstuch, manchmal als Schärpe, manchmal als Stirnband trug, kaufte ich ebenso mit selbstverdientem Ruegelt wie die bescheidenen Mahlzeiten, die ich an Stelle der Eßblöcke im Camp zu mir nahm. Während ersteres kaum ein Erzeugnis der haute couture und zweites kaum ein Produkt der haute cuisine war, trug ich doch das Abzeichen meines eigenen Unternehmungsgeistes und ernährte mich von seinen Früchten.
Ich war Mouss Shasta Leonardo, Gypsy Joker, wahrhaftige Verkörperung des Geistes der Kinder des Glücks, freie und gleichberechtigte Geliebte von Pater Pan; und er hatte tatsächlich mein zukünftiges Selbst richtig gesehen, denn nachdem ich diesen Punkt erreicht hatte, wäre ich nie bereit gewesen, ihn als Gefährtin eines Mannes, nicht einmal des edelsten, wieder aufzugeben.
9
Zunächst war ich es ganz zufrieden, meinen Lebensunterhalt als Gypsy Joker zu verdienen, indem ich als tantrische Künstlerin mit bescheidenen Fähigkeiten und geheimer Kraft auftrat, doch nach einer Weile erfüllte mich der Wunsch, meinen Wirkungskreis zu vergrößern und meine Möglichkeiten zu verbessern, denn ich konnte nicht ewig leugnen, daß meine einzige Möglichkeit, Ruegelt zu verdienen, eine oberflächliche Kenntnis der edlen Kunst meiner Mutter war, und meine bescheidenen Kenntnisse wurden zudem noch durch die elektronische Verstärkung, die mein Vater erfunden hatte, unterstützt.
Außerdem, je häufiger ich kleinere Rollen bei tantrischen Bildern übernahm, deren Hauptdarsteller eine echte und nahezu besessene Hingabe an die wahre Meisterschaft der hohen Kunst besaßen, in welcher ich nicht mehr als eine unfähige Dilettantin war, desto mehr erkannte ich, daß mir der innere Antrieb fehlte, die langen Stunden des Studiums und der Übung über mich ergehen zu lassen, bis ich den Status einer Tantra-Meisterin erreicht hätte.
Nun, die Atmosphäre des Karnevals trug nicht gerade dazu bei, fleißig und hingabevoll einem einzigen Handwerk oder nur einer Kunst nachzugehen,
Weitere Kostenlose Bücher