Kind des Glücks
warum. »Man muß es erlebt haben, um es zu wissen«, sagte er. »Habe ich nicht genau durch solchen Mut und solche Listen all die Jahrhunderte überlebt? Wie könnte ein so starkes Ego wie das des großen Pater Pan es versäumen, einen Geist zu lieben, in dem er zu seiner Freude seinen eigenen gespiegelt sieht?«
Nun lachte ich wirklich, denn seine Worte nahmen eine große Last von meinen Schultern. Pater sprang vom Bett auf und schritt herum, während er sprach, oder besser, während er im theatralischen Stil seiner Namensgeschichte deklamierte; wiederum schien ein mächtiger Geist durch ihn zu sprechen, doch jetzt, während seine blauen Augen nie die meinen verloren, spürte ich, wie der Geist auch mich durchströmte, als wären wir zwei Sänger, die zur Musik eines einzigen Liedes geworden waren.
»Ah, Moussa, wir sind zwei Verkörperungen eines einzigen Geistes, du und ich – Schwester und Bruder, gleichberechtigte Liebende und ohne Rücksicht darauf, daß du gerade erst deinen Weg auf der Zauberstraße begonnen hast, während ich schon auf hundert Welten oder mehr der Flötenspieler war. Sind wir nicht wahre Gypsies und Joker, Zigeuner und Spaßvögel, Kinder desselben Glücks? Deshalb bist du jetzt in diesem Lager; nicht weil du meinen Lingam um den Finger gewickelt hast, sondern weil du den Joker hereingelegt hast, weil du den Zigeuner übertölpelt hast, weil du damit bewiesen hast, daß du durch droit d’esprit zum Stamm gehörst – eine Gypsy Joker vom rechten Geist, schon bevor du überhaupt den Namen hörtest!«
Dann ließ er sich wieder aufs Bett fallen, wurde wieder das raffinierte männliche Wesen. »Und deshalb werde ich dich nicht bei mir hier im Zelt leben lassen, wo du dir einreden kannst, du oder irgendeine andere Frau könnte mein ein und alles sein, Mädchen«, sagte er. »Könnte ich denn so herzlos sein, den Frauen der Welten die volle Pracht meines Wesens vorzuenthalten? Könnte ich ein so eifersüchtiger Kerl sein, den Männern der Welten deine volle Pracht vorzuenthalten?«
»Was für ein Haufen selbstsüchtiger merde!« rief ich in verletztem Stolz aus. »Welch erhabener Redeschwall, um deine gewöhnliche Lust zu rechtfertigen!«
Pater lächelte mich nur warm und überlegen an, was meine Wut noch weiter aufstachelte. »Würde ein so gewöhnlicher Anhänger selbstsüchtiger Lust nicht auch ein selbstsüchtiges Spiel spielen? Würde er nicht die Illusion ermutigen, daß du ihn nach angemessener Zeit, mit Geduld und wenn du die Konkurrentinnen übersiehst, zu deinem Besitz machen könntest?«
»Glaubst du denn, ich würde zusehen, wie du auf dem ganzen Bauernhof den Hengst spielst, und brav warten, bis du mir deine Gunst schenkst, in der Hoffnung, dich zu bewegen, dein Wesen zu ändern?« brüllte ich aufgebracht.
Pater Pan schien mir bis in die Seele zu starren. Er legte sachte eine Hand auf mein Knie. »Kannst du mir in die Augen sehen und aufrichtig erklären, daß du es nicht getan hättest, wenn ich nicht diese Wahrheit ausgesprochen hätte?« sagte er wissend.
Ich konnte nicht antworten. Ich konnte nicht einmal seinen Blick erwidern.
»Wie lange würde es dauern, bis sich eine solche Liebe in Haß verwandelt?« fügte er hinzu. »Vraiment, selbst wenn du den Hahn beschneidest, würdest du nicht ebensoviel verlieren wie ich?«
»Soll ich das nicht selbst entscheiden dürfen?« murmelte ich geschlagen.
Pater nahm mein Kinn in die Hände und hob meine Augen, bis er meinem Blick begegnete. »So sei es, Mädchen«, sagte er. »Dann erfahre ein weiteres ermüdendes Koan, und danach brauchst du es nur zu sagen, und ich werde für immer dein sein.«
Abermals schien der übernatürliche Geist aus dem männlichen Fleisch zu erwachsen, um zu seiner eigenen Verkörperung in meinem Herzen zu sprechen, doch nun sprach auch mein Geliebter, oder jedenfalls schien es so, mit einer menschlichen Wärme, die selbst ich in einem solchen Augenblick nicht leugnen konnte.
»Ich habe Tausende von Frauen auf Hunderten von Welten gekannt und du vielleicht ein paar Dutzend Burschen auf einer oder zwei Welten. Und nun sage mir ehrlich, wenn du das kannst, ob du in deiner kurzen Lebensspanne mehr Erfahrung mit lebenslänglich versprochener Monogamie hast als ich!«
Darauf konnte ich nur die Lippen schürzen, denn natürlich war noch nie ein solcher Schwur über meine Lippen gekommen, und ebensowenig hatte ein solcher Gedanke bisher mein etwas unruhiges Herz gefesselt.
»Wir sind Kinder des
Weitere Kostenlose Bücher