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Kind des Glücks

Kind des Glücks

Titel: Kind des Glücks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Norman Spinrad
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Maja.
    Und seinem Wort getreu ließ der Flötenspieler, sobald sie alle an Bord der Arkologie waren, die Leere ein, doch seinem Geist getreu war die Leere, der sein Zug ausgesetzt wurde, jene Leere, die nur mit dem Lied der Zauberstraße gefüllt werden kann.
    Vraiment, als die Melodie von der Musik der Unvernunft zu dem Lied wurde, dem unsere Rasse vor langer Zeit auf dem Weg vom Affen zum Menschen folgte, folgten die Lohnsklaven ihr aus dem Land des Tiers hin zu ihrem wahren Selbst als Kinder des Glücks, und sie wurden die erste raumfahrende Generation unseres Stammes – Wanderkinder der ersten Arkologie, die sich auf den lichtjahrelangen Flug zwischen den Sternen wagten, als der erste Arkie-Punke zum erstenmal hell aufflackerte. Und so wurde im Morgengrauen des Ersten Raumfahrenden Zeitalters das Kind des Glücks in Herrlichkeit aus dem Land des Tiers wiedergeboren.«
    So war das Ende einer Geschichte der Beginn einer neuen, so regten die Geschichtenerzähler sich gegenseitig zu neuen Interpretationen des Stammesmythos an, so spielte die gleiche vertraute Gestalt in zahlreichen Inkarnationen den vollkommenen Helden, so war Pater Pan die Inspiration und das aus ihr erwachsene Wesen zugleich.
    Naturellement, die Geschichtenerzähler hatten auch Zugang zum riesigen Schatz von Wortkristallen, Büchern, Bändern, Computerspeichern, Schriftenrollen und so weiter, die unsere Rasse in mehreren Jahrtausenden geschaffen hat. Auf diese Mittel griffen sie zurück, wenn alle anderen Mittel versagten, und selbst ich hätte augenblicklich ein Repertoire erwerben können, wenn ich die Meister der Vergangenheit plagiierte.
    Doch irgendwie kam ich nie auf diese Idee, denn ich sah, wie das Publikum sich auflöste, wenn es eine oft erzählte Geschichte wiedererkannte – oder eher, wie ich erfahren sollte, wenn die geschichtenerzählenden Kinder des Glücks sich zu weit von ihrem eigenen Mythos entfernten.
    Denn auf dem großen Edoku, wo die hervorragendsten Meister jeder Kunst und die größten Wissenschaftler sich sammelten und ihren Gewerben nachgingen, war die einzige Bezauberung des Geschichtenerzählers – wie das leicht berauschende Gebäck Danis oder die Holzfiligrane Alis – das Volksgut unserer demimonde, der Ausdruck des Geistes, der durch uns alle sprach.
    Je ne sais pas, ob es eine Art Herablassung war oder ob, wie Pater und die Geschichtenerzähler behauptet hätten, die Kinder des Glücks – oder zumindest die Gypsy Joker – von den Edojin wegen des wu wei ihres wahren Wesens geschätzt wurden, denn das Wesen der Bürger des großen Edoku ist mir bis heute unergründlich geblieben.
    Wie dem auch sei, wenn man Ruegelt von den Edojin bekommen wollte, spielte man die Verkörperung des Kindes des Glücks und rühmte die Tugenden des Stammes, die seiner eigenen Philosophie zufolge ihren höchsten Ausdruck in der lebenden Legende fanden, die unter uns wandelte.
    Während ich zu jener Zeit in der Kunst literarischer Kritik ebenso unerfahren war wie in der menschlichen Psychologie, spürte ich doch, daß Pater Pan recht hatte, wenn er sagte, daß alle Geschichten Flicken desselben ganzen Tuchs waren, vraiment, daß entsprechend seiner Identität als Zigeunerkönig der Joker seine kühnsten Lügen auch eine Art der Wahrheit waren, denn vom Standpunkt der Edojin war jedenfalls der Pater Pan, der unter uns wandelte – die Legende, deren Mantel er angelegt hatte – in einem tieferen Sinne tatsächlich die langen Lichtjahre mit den Arkies gefahren, hatte die Lohnsklaven des Pentagon befreit, war ein alter Zigeunerkönig gewesen, unabhängig davon, ob das Fleisch, in dem er jetzt verkörpert war, diese ganze Geschichte erlebt hatte oder nicht.
    Was die Urgeschichte selbst anging, so blieb die Leere in der Nabe des Schicksalsrades, um die sich alle Geschichten drehten, leider ein zentrales Geheimnis, wenigstens in meiner Wahrnehmung. Soll heißen, daß der Verlust meiner intellektuellen Unschuld nicht weniger aufregend war, als es der Verlust meiner erotischen Unschuld gewesen war; allerdings hatte ich das Boudoir der ersteren mit erheblich weniger Geschick und Vorbereitung betreten als das der letzteren, und als Konsequenz fühlte ich einen Widerwillen, nicht mehr zu sein als ein bloßer Voyeur.
    Jeden Tag beschloß ich, meine erste Vorstellung zu geben und eine Geschichte, die ich gehört hatte, zu erzählen, und jeden Tag verschob ich mein Debüt auf den nächsten, bis mir schließlich klarwurde, daß ich mich damit

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