Kinder der Apokalypse
ausdruckslosen Blicke traurig und verloren auf eine Weise, die er kaum aushalten konnte. Er griff nach ihnen und berührte sie furchtlos, ließ das schreckliche Gefühl ihrer Präsenz über sich hinwegspülen, bis sie langsam verblassten. Sie waren tot und verschwunden, erkannte er, und würden niemals zurückkehren. Ihre Gesichter waren in seiner Erinnerung schon so verschwommen, dass er sie sich bereits nicht mehr vorstellen konnte.
Als er schließlich allein war, verschwand die Dunkelheit, die den Pass blockiert hatte, vollkommen. Nichts blieb als Felsen und Kälte und schwarze Nacht. Er starrte ins Nichts, dann wandte er sich wieder dem Wagen zu. Sein Vater und Michael standen daneben, weiß und flüchtig, die letzten seiner Geister. Sie starrten ihn nicht an, sondern auf etwas hinter ihm, etwas, das er nicht sehen konnte. Er zögerte nicht, sondern ging zu der Stelle, wo sie warteten, und berührte sie nacheinander mit seiner Magie und verabschiedete sich. Sie sagten nichts, sahen ihn nicht an. Sie standen einfach nur vor ihm, als erwarteten sie das Unvermeidliche. Der Stab fegte durch sie hindurch, und dann waren auch sie verschwunden.
Danach dachte er darüber nach, was die Spinnen ihm gesagt hatten. Er wusste nicht, ob es ihre Berggeister gewesen waren, die seinen Geistern Leben eingehaucht hatten, oder ob sie ebenfalls Manifestationen dieser Geister gesehen hatten, aber er hatte sich geirrt, als er ihre Warnungen einfach abtat. Er hatte nicht an die Existenz solcher Wesen geglaubt, aber nun wusste er, dass es sie gab. Nicht alles, was in dieser Welt wirklich war, konnte man sehen.
Er sah sich nach anderen Geistern um, aber sie waren alle verschwunden. Er konnte spüren, wie ihm die Erinnerung an ihre Gesichter entglitt. Obwohl er es versuchte, konnte er sie nicht festhalten. Vielleicht würde er sich an ein paar erinnern, an die, die er am besten gekannt hatte, aber die meisten waren für immer gegangen. Er hatte sie mit der Magie des Wortes verbannt, und ihm war klar, dass er es ihnen damit unmöglich gemacht hatte zurückzukehren.
Ihre Abwesenheit hinterließ ein Ziehen in seiner Brust, eine so gewaltige Leere, dass er nicht wusste, wie er sie ertragen sollte. Aber als er versuchte, das Ziehen zur Seite zu schieben, gelang es ihm nicht. Einen quälenden Augenblick lang war er wieder acht Jahre alt und hatte seine Familie gerade ein zweites Mal verloren.
Nur, dass es diesmal, wie er entdeckte, keine Tränen gab. Als er in die Dunkelheit auf die Landschaft hinabstarrte, blieben seine Augen trocken.
20
Es waren weniger als zwei Stunden bis zum Mittag, und Hawk dachte darüber nach, wen er mitnehmen würde, wenn er sich mit Tiger traf. Er sollte heute Mittag das Pleneten übergeben, und obwohl er das Serum so schnell wie möglich zu Tiger bringen wollte, um Persia zu helfen, beunruhigte ihn, was in den vergangenen zwei Tagen geschehen war. Er hätte gerne ihre Begegnung mit der Echse und die Entdeckung des Nests toter Krächzer durch den Wettermann als nur zu vertraute Ereignisse in einer Welt abgetan, in der Tod und Sterben das alltägliche Ereignis waren. Aber Candles Vision, dass etwas Schlimmes auf sie zukam, zusammen mit der erschreckenden Erfahrung im Keller des Lagerhauses, hatten ihn überzeugt, dass sich die Dinge in der Stadt tatsächlich veränderten, und das nicht zum Guten.
Also verbrachte er mehr Zeit als sonst damit, darüber nachzudenken, wen er mitnehmen und wen er zurücklassen sollte, denn er wollte niemanden in Gefahr bringen, wenn er bereits wusste, dass sie nicht zu vermeiden war. Am Ende wählte er Panther und Bear und ließ die anderen mit Cheney zurück. Wenn sie ihre Schlagstöcke und Vipernstiche mitnahmen, würde ihnen schon nichts zustoßen. Die Begegnung würde bei Tageslicht mitten auf der Straße stattfinden und bald vorüber sein. Er musste nur das Pleneten übergeben und nach Hause zurückkehren. Dann konnte er erneut darüber nachdenken, wie er Tessa überreden sollte, das Lager zu verlassen und mit ihnen zu kommen.
Aber kaum hatte er diese Entscheidung getroffen, als Owl neben ihm auftauchte. Sie wirkte beunruhigt und nahm ihn zur Seite, wo man sie nicht hören konnte.
»River ist schon wieder weg. Sie ist gleich nach dem Frühstück verschwunden. Ich dachte, sie würde Wasser vom Dach holen, aber Candle sagte, sie sei auf die Straße gegangen. Sie ist jetzt schon seit über einer Stunde fort.«
Er warf einen Blick zu Candle, die das Frühstücksgeschirr
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