Kinder der Apokalypse
wandte er sich einem der größeren Piers zu und schnupperte sich bis zu dem einstürzenden Gebäude vor. Er blieb an der Tür stehen und wartete, ohne Hawk anzusehen, hob kaum den Kopf, als Hawk neben ihn trat.
River war da drin, hieß das in seiner Sprache.
Hawk zögerte, dann ging er an Cheney vorbei. Er hielt den Schlagstock vor sich, als er durch die Tür ging. Drinnen fiel Licht durch zerbrochene Fensterscheiben und eingestürzte Teile der Decke und des Metalldachs und trieb die Schatten zurück. Es gab zwei Stockwerke und Dutzende von Zimmern, denn das Haus war geräumig. Wieder zögerte Hawk, weil er nicht gerne ein Gebäude betrat, das er so wenig kannte. Er war vielleicht ein- oder zweimal hier gewesen, aber nicht sehr lange und nur, weil er nach nützlichen Dingen suchte. Es war mehrere Jahre her.
Aber ihm blieb nichts anderes übrig, als weiterzumachen. Er schickte Cheney voraus, hoffte, er werde eine Spur finden. Das war nicht leicht bei der Menge von Müll und dem Durcheinander von Gerüchen auf allen Oberflächen. Das Haus roch nach der Bucht, aber auch nach toten Dingen, Schimmel und Kot. Es schien nichts Lebendes hier zu geben, aber man wusste ja nie. Schatten hingen in den Ecken der Räume, durch die die beiden kamen, gestört vom Sonnenlicht. Hawk hielt den Schlagstock vor sich. Er konnte sich nicht vorstellen, was River hier wollte.
Sie gingen zur Rückseite des Gebäudes und schließlich wieder nach draußen. Nun war Hawk verwirrt. Aber Cheney trottete weiter, auf einen großen Vorratsschuppen zu, der sich am Ende des Docks gegen einen schweren Metallzaun lehnte. Es war ein Gebäude, das irgendwie fester wirkte als das, welches sie gerade verlassen hatten, trotz des Rosts auf der metallenen Oberfläche.
Cheney blieb vor dem Zaun stehen und knurrte.
Sofort erschien River in der Tür der Hütte. »Cheney!«, rief sie, und Entsetzen zeichnete sich auf ihrem Kindergesicht ab. Dann bemerkte sie Hawk und keuchte. »Nein, Hawk! Du kannst nicht herkommen!«
Sie sagte das mit solchem Nachdruck, dass Hawk einen Augenblick glaubte, dass sie Recht haben könnte, dass er irgendwie gegen eine Regel verstoßen hatte und umkehren müsste. Ihre Worte klangen gefährlich, und sie war in eine defensive Hocke gegangen, die nahelegte, dass sie auch kämpfen würde.
»Sag mir, was los ist, River«, verlangte er.
Sie schüttelte wild den Kopf, dann brach sie in Tränen aus und stand schließlich zitternd vor ihm. »Du hast mir … die Regeln erklärt«, schluchzte sie. »Ich weiß … was ich getan habe. Aber ich … konnte nicht anders.«
Er hatte keine Ahnung, wovon sie redete. »River«, sagte er leise, »lass mich hereinkommen. Was ist da drinnen los?«
»Geh … geh einfach weg, Hawk«, brachte sie heraus. »Ich werde … nicht mehr nach Hause kommen. Geh einfach weg.«
Er ließ Cheney, wo er war, und ging zum Zaun, fand den verborgenen Teil, den man hochziehen konnte, und ging hinein. River versuchte ihn aufzuhalten. Aber er war drin, bevor sie ihn erreichte. Sie hob die Fäuste, um ihn durch die Öffnung zurückzustoßen, doch dann sackte sie einfach auf dem Boden zusammen und weinte nur noch bitterlicher. Hawk hatte sie noch nie so gesehen. Er kniete sich neben sie, streichelte ihr dunkles Haar sanft, dann legte er den Arm um ihre Schultern und setzte sich neben sie.
»Still«, sagte er. »Weine nicht. Es gibt nichts, womit wir nicht fertig werden können, das weißt du. Nichts, das wir nicht lösen können.«
Sie weinte noch ein wenig und sagte plötzlich beinahe wütend: »Du verstehst das nicht!«
Er nickte, das Gesicht in ihrem Haar vergraben. »Ich weiß.«
Sie sagte nichts mehr und rührte sich nicht, sie saß nur da, während ihr Schluchzen verklang. Dann stand sie auf und ging ohne ein Wort zum Schuppen. Er folgte ihr. Drinnen war es dunkel und kühl, aber es gab bunte Wandbehänge und Stapel von Vorräten und Decken. Seile hingen an Haken, und Bücher waren auf behelfsmäßigen Regalen gestapelt. Jemand hatte hier gelebt.
Ein leises Stöhnen aus der abgelegensten Ecke des Raums erweckte seine Aufmerksamkeit, und er spähte ins Dunkel.
Der Wettermann lag auf einer Matratze auf einem niedrigen Bettrahmen, sein altes Gesicht vor Schmerzen verzogen. Die Hände bewegten sich unter der Decke, in die er gewickelt war. Hawk warf einen kurzen Blick auf die Flecken in seinem Gesicht und wich zurück.
»Er hat die Seuche«, sagte er. »Du kannst hier nicht bleiben, River.«
Sie erwiderte so
Weitere Kostenlose Bücher