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Kinder der Apokalypse

Kinder der Apokalypse

Titel: Kinder der Apokalypse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Brooks
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griff er an. Wieder riss die Dunkelheit und schloss sich und formierte sich wieder neu. Wenn überhaupt, war die brodelnde Masse noch größer und unausweichlicher geworden.
    Nun berührten die Hände der Toten ihn. Er konnte spüren, wie sie ihn anfassten, ihre Finger klamm und eisig wie der Bergwind. Er konnte ihre kalte Feuchtigkeit auf seiner Haut spüren, durch seine Kleidung hindurch. Die Wirkung war unangenehm und merkwürdig lähmend. Er konnte spüren, wie seine Kraft schwand, wie sie davonsickerte.
    Nun war er zornig und versuchte es auf andere Weise. Statt zu reißen, nutzte er die Magie wie eine riesige Windmühle, um die Schwärze wegzufegen. Es funktionierte. Der Wind, den er bewirkte, explodierte in der dunklen Masse, und das Feuer verbrannte die verbleibenden Reste zu Rauch. Er blieb stehen und betrachtete das Nachspiel, schwer atmend. Nichts von der Dunkelheit blieb. Der Weg nach vorn war frei.
    Aber dann bedrängten ihn die Geister der Toten erneut, berührten ihn überall nachdrücklicher, drängender jetzt, fordernder, und er sah, dass sich die Dunkelheit erneut bildete. Er blieb verblüfft stehen, als sie fester wurde und die Geister noch größer auf ihn zukamen, sie mit leeren Augen die Dunkelheit verdrängten. Es gab jetzt so viele Geister, dass sie übereinanderfielen in ihrer Anstrengung, ihn zu erreichen. Der gesamte Pass war mit ihnen gefüllt.
    Er geriet plötzlich in Panik und verstand sofort, woher sie kam. Bis jetzt hatte er geglaubt, bereit zu sein, es jederzeit mit dem Unerwarteten aufzunehmen, wenn es erschien. Er hatte sich gesagt, er würde instinktiv wissen, was er tun musste, wenn er in Gefahr geriet. Aber hier wusste er es nicht mehr, er trieb ohne Rettungsleine umher. Sein Versuch, die Dunkelheit anzugreifen, sie aufzulösen oder zur Seite zu schaffen, hatte nichts gebracht, und nun wusste er überhaupt nicht mehr, was er tun sollte.
    Unwillkürlich wich er einen Schritt zurück. Etwas an der Art, wie er kämpfte, richtete mehr Schaden als Gutes an, und wenn er nicht herausfand, worum es eigentlich ging, würde er verlieren. Er sammelte sich, wurde entschlossener und schob die Gefühle von Angst und Zweifel weg. Er hatte zu viele Kämpfe überlebt, um diesen hier nun zu verlieren. Er war ein Ritter des Wortes, und er würde nicht aufgeben.
    Er starrte die Dunkelheit an, dann wandte er seine Aufmerksamkeit den leeren weißen Gesichtern zu, die ihn umgaben. Vielleicht waren die Geister des Todes nicht so unverwundbar wie das, was sie geschickt hatte. Er ging in ihre Mitte, kämpfte gegen seine Abneigung an, wappnete sich gegen die Berührung ihrer Finger und sprach Worte der Magie, um sie zu bannen. Er nutzte das Feuer des Stabs, um jeden beiseitezuschlagen, der vorbeikam, und zu seiner Erleichterung begannen sie sich aufzulösen, einer nach dem anderen. Er gab sich nicht die Mühe nachzusehen, wie viele noch kamen, sondern richtete den Blick auf die in der Nähe, sah jeden an, erkannte ihn, wusste, dass er sie ansehen musste, wenn er sie dorthin zurückschicken wollte, wo sie hingehörten.
    Er hätte nicht sagen können, wie lange er das tat oder wie viele es waren, er verlor den Überblick über die Zeit und die Anzahl und machte einfach weiter. Die Gesichter kamen und gingen, er erinnerte sich an so viele, er hatte so viele gekannt. Er verabschiedete sich von jedem, wenn das Feuer ihn verschlang, zwang die Gefühle nieder, die dabei in ihm aufflackerten. Was er empfand, war kalte Sicherheit, ein schneidend sicheres Verstehen dessen, was er sich antat, indem er sie wegschickte. Er verlor seine Vergangenheit, er gab seine Erinnerungen auf. Mit dem Verschwinden eines jeden weißen Gesichts ließ er das, woran er sich erinnerte, ein wenig mehr los.
    Nun verstand er, dass er selbst es gewesen war, der diese Geister heraufbeschworen hatte, vielleicht, ohne es zu erkennen, vielleicht mit Hilfe von dem, was auch immer es war, das in diesen Bergen lebte. Die Dunkelheit war seine eigene, die Vergangenheit, die er auf den Schultern trug, Erinnerungen an die Toten, die er gekannt hatte und nicht vergessen konnte, sie belastete ihn, die Geister suchten ihn heim. Er hatte sie bis zu dieser Nacht ausgeschlossen und dann frei gelassen. Es würde keinen Frieden für ihn geben, solange sie nicht wieder weggeschlossen waren, und diesmal für immer.
    Die Masse weißer Gesichter wurde dünner, und nur noch wenige blieben. Sein Bruder und seine kleine Schwester standen nun vor ihm, ihre

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