Kinder der Apokalypse
wegräumte. »Hat River ihr gesagt, wohin sie will? Oder hat sie keine Ahnung?«
Owl schüttelte den Kopf. »Es ist nicht das erste Mal. Sie geht alleine weg und sagt niemandem, was sie vorhat.« Sie hielt inne und legte die Hand auf Hawks Handgelenk. »Ich denke, diesmal solltest du ihr lieber folgen. Ich glaube, wir müssen herausfinden, was sie tut.«
Er hätte beinahe abgelehnt. Er hätte beinahe gesagt, er habe schon etwas vor und wolle seine Zeit nicht damit verplempern, hinter einem verantwortungslosen Kind herzujagen, dem man nicht zutrauen konnte, sich an die Regeln zu halten, und das außerdem noch log. Aber er erkannte in dieser Art seines Denkens eine Stimme, die ihm nicht gefiel, denn sie sprach von Frustration und Ungeduld und nicht unbedingt von Fürsorge. Owl machte sich eindeutig Gedanken um River, und Owl neigte nicht zu übertriebener Unruhe.
Er nickte. »Also gut. Ich werde sie finden.«
Er sah sich um und überdachte seine früheren Pläne. Er würde Cheney mitnehmen müssen, wenn er River finden wollte. Das hieß, dass er Owl und die Kleinen im Schutz eines anderen lassen und einen dritten an seiner Stelle zu Tiger schicken musste. Er entschied sich dafür, dass Bear im Untergrund Wache halten sollte. Er konnte sich darauf verlassen, dass Bear für die allgemeine Sicherheit sorgte – Bear, so ruhig und beständig, handelte nie übereilt oder in Panik. Hawk wünschte sich, er hätte ein Dutzend Bears in seiner Familie, aber Familien waren nun einmal nicht so.
Das bedeutete, dass Panther das Pleneten zu Tiger bringen musste. Es gab niemanden sonst, der alt und klug genug war, um allein zu einem solchen Treffen geschickt zu werden. Es war allerdings riskant. Panther verachtete die Cats, und ganz besonders Tiger. Die Ursache dieser Abneigung war Hawk nicht vollkommen klar, aber deshalb war sie nicht weniger machtvoll oder explosiv.
Er ging zu Panther und nahm sich vor, ruhig zu bleiben. »Ich muss meine Pläne ändern. Du wirst das Pleneten ohne mich zu Tiger bringen.«
Panthers Miene war nicht unbedingt wütend, aber seine Missbilligung zeigte sich deutlich auf seinen dunklen Zügen. »Warum muss ich das machen, Vogelmann? Warum kein anderer?«
»Glaubst du, du kommst nicht damit zurecht?«, fragte Hawk.
Nun war Panther wirklich wütend. »Ich komme mit allem zurecht, und besser als der Rest. Das weißt du.«
Hawk nickte. »Das weiß ich. Deshalb musst du es ja auch tun. Ich kann mich darauf verlassen, dass du auf alles vorbereitet bist. Nimm Chalk und Fixit mit, um der Demonstration der Stärke willen.«
»Du glaubst, diese Miezekatzen werden versuchen, mir etwas zu tun?«, höhnte Panther. »Sollen sie doch. Sollen sie auch nur darüber nachdenken. Ich brauche Fixit und Chalk nicht. Ich kann es allein tun.«
»Du kennst die Regeln. Keiner geht alleine zu einem Treffen. Wenn du Fixit und Chalk nicht willst, nimm Sparrow.«
»Ha! Mit Sparrow will ich nichts zu tun haben. Lass mich Bear mitnehmen. Der braucht wenigstens ein bisschen Platz.«
Hawk schüttelte den Kopf. »Bear muss hierbleiben und auf die anderen aufpassen. Ich nehme Cheney mit.«
»Wozu? Was ist denn so wichtig, dass du Cheney mitnimmst?«
»Das sage ich dir später. Bring das Pleneten einfach zu Tiger. Ich weiß, du magst ihn nicht, aber wir haben eine Übereinkunft getroffen, und wir halten uns an unsere Übereinkünfte. Wir halten unser Wort.«
»Das weiß ich. Aber es muss mir nicht gefallen.«
Hawk nickte. »Tu es einfach. Nimm Chalk und Fixit mit. Das Pleneten ist im kalten Lager, in braunes Papier gewickelt.«
Panther schüttelte den Kopf und schnaubte. »Verdammte Cats.«
Hawk ging zum Lagerfach, nahm einen Schlagstock heraus, steckte zwei Vipernstiche ein und zog seine Schlechtwetter-Jacke an. Owl rollte auf ihn zu und sah, wie er sich fertig machte.
»Was soll ich tun, wenn ich sie finde?«, fragte er leise.
»Du findest heraus, was los ist, versuchst, ihr dabei zu helfen, und dann bringst du sie nach Hause.«
Er sah in ihr kluges, liebevolles Gesicht und die bekümmerten Augen. Ihr Lächeln sagte ihm, dass sie nur bestätigte, was er bereits wusste. Sie konnte ihm schon durch ihre Anwesenheit solches Selbstvertrauen geben, dass er nicht einmal ermessen konnte, wie wichtig es war. Sie wusste immer, was man tun musste und wie. Früher einmal hatte er sie für verkrüppelt und hilflos gehalten. Das tat er schon lange nicht mehr. Inzwischen betrachtete er sie als die Stärkste von ihnen. Von ihnen allen
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