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Kinder der Apokalypse

Kinder der Apokalypse

Titel: Kinder der Apokalypse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Brooks
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gestanden, in die mondbeschienene Ferne gestarrt und über verpasste Gelegenheiten und verlorene Freunde nachgedacht. Der Ort, an dem er sich befand, war noch dunkler als die Nacht gewesen, und er hatte gefürchtet, daraus keinen Ausweg mehr finden zu können: Er war voller Schuldgefühle und schlechter Vorahnungen gewesen, verschlungen in fatalistischer Gewissheit, dass sein Leben zu nichts führen würde. Seine körperlichen Wunden waren verheilt, aber sein Herz zerrissen. Die Bilder der Menschen, die er außer Michael am meisten liebte – die seines Bruders und seiner Schwester –, waren nur noch vage und trieben in nebligen Erinnerungen heran, um geisterhafte, unidentifizierbare Warnungen zu flüstern.
    Du musst etwas tun. Du musst einen Sinn finden. Du musst einen Standpunkt einnehmen.
    Er war achtzehn Jahre alt gewesen.
    Eine plötzliche Bewegung im Dunkeln rechts von ihm bewirkte, dass er den Strand entlangschaute. Ein Fischer stand im Wasser, keine zwanzig Meter von ihm entfernt. Er sah zu, wie der Mann die Rute auswarf und zurückspulte, die Schnur wie ein Silberfaden. Der Angler warf ihm einen Blick zu und nickte freundlich. Seine Züge wirkten ausgeprägt und hager im Mondlicht, und Logan bemerkte die Spur eines Lächelns.
    »Haben Sie schon etwas gefangen?«, fragte Logan.
    Bevor der Angler antworten konnte, erklang ein Geräusch links von ihm, und er drehte sich vorsichtig um. Nichts. Das Ufer war immer noch leer, ebenso wie der Wald hinter ihm.
    Als er noch einmal hinschaute, war der Angler verschwunden.
    Einen Augenblick später bemerkte er ein kleines Licht draußen auf dem Wasser, wenig mehr als ein schwacher Schimmer, der aber bald heller wurde. Das Licht, zunächst trüb, sammelte sich und begann sich zu bewegen, trieb auf das Ufer und auf ihn zu. Er stand da und beobachtete, wie es näher kam, obwohl er wusste, dass er zurückweichen sollte zu seinem Geländefahrzeug, um sich in Sicherheit zu bringen. Er versuchte nicht einmal, die Flechette anzulegen, ließ sie nutzlos und vergessen am Riemen über seinen Rücken hängen. Er hätte nicht sagen können wieso. Seine Ausbildung und seine Instinkte hätten bewirken sollen, dass er schnell und entschlossen reagierte. Die Selbsterhaltung hätte seine einzige Sorge sein sollen.
    Und dennoch hielt das Licht ihn in seinem Bann – als hätte er in diesem Moment erkannt, dass dies das Leuchtfeuer war, das ihm die Richtung verleihen würde, nach der er sich so sehr sehnte.
    Als es nur noch wenige Schritte entfernt war und hell genug, dass er gegen den strahlenden Schein anblinzeln musste, eine Hand erhoben, um die Augen abzuschirmen, begann es zu vergehen, und kaum war es weg, war die Herrin da.
    Sie war jung und schön, ihre Haut so makellos und schimmernd, dass es ihm im weißen Mondlicht so vorkam, als könnte er durch sie hindurchgehen. Ihr Gewand hing in weichen Falten um ihren schlanken Körper, weiß wie ihre Haut, und das schwarze Haar, das ihr auf die Schultern fiel, befand sich in krassem Gegensatz dazu. Sie stand mehrere Meter vom Ufer entfernt, nicht im Wasser, sondern darauf, als wäre es fester Boden, oder als wöge sie nicht mehr als eine Feder.
    »Logan Tom«, sagte sie.
    Er starrte sie an und konnte nicht antworten. Er glaubte nicht, dass er eine Halluzination hatte, aber er hatte auch keine andere Erklärung für das, was er da sah.
    »Logan Tom, ich brauche dich«, sagte sie.
    Sie zeigte auf den Himmel, und als sie sich bewegte, wehten ihre Gewänder wie weiche Schatten und zeigten, dass sie tatsächlich durchscheinend war. Sie war ein Geist – oder zumindest mehr Geist als Mensch.
    »Dir ist vorherbestimmt, einer der Meinen zu sein, einer meiner Tapferen, einer meiner Großen. Die Sterne haben es mir enthüllt; du bist so unveränderlich und strahlend wie sie. Dein Weg ist ein Weg großen Erfolgs, einer, den vor dir noch keiner gegangen ist. Wirst du ihn gehen?«
    Er wollte nein sagen, wollte zurückweichen, wollte irgendetwas tun, um den Bann zu brechen, den sie über ihn verhängt hatte. Aber noch während er das versuchte, zeigte sie auf ihn und sagte: »Wirst du mich annehmen, Logan Tom?«
    In diesem Moment nahm er eine Macht in ihrer Stimme wahr, deren Größe er noch nie zuvor erlebt hatte. Sie umschlang ihn mit eisernen Ketten, sie band ihn an sie, wie sonst nichts ihn hätte binden können. Er sah sie als das, was sie war, er erkannte diese gewaltige, uralte Macht. Die Sterne am Himmel schienen heller zu werden, und er hätte

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