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Kinder der Apokalypse

Kinder der Apokalypse

Titel: Kinder der Apokalypse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Brooks
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zugerannt, und beide waren schon tot gewesen, bevor sie überhaupt erkannten, was geschah. Ihre Hälse wurden aufgerissen. Hawk hatte Cheney hinterher genau untersucht und das Schlimmste befürchtet, aber dem Hund war nichts zugestoßen.
    Danach war Hawk überzeugt gewesen, dass Cheney sein beträchtliches Gewicht in täglichen Rationen wert war. Er machte sich keine Sorgen mehr, wenn er Owl und die kleineren Kinder alleinlassen musste. Er hörte auf zu denken, dass er der Einzige war, der sie beschützen konnte. Die Straße zog sich in Form einer glatten, geschundenen Betonrampe voller Autowracks und dem Schutt eingestürzter Häuser abwärts zum Wasser. Auf einer Seite lag ein Knochenhaufen, der schon dort war, solange Hawk sich erinnern konnte. Man sah nicht oft Knochen in der Stadt, Aasfresser nahmen sie meistens gleich mit. Aber aus irgendeinem Grund wollte niemand etwas von diesen Knochen. Cheney war nie auch nur zu ihnen gegangen, um daran zu schnuppern.
    Vor sich konnte Hawk eine Reihe halb eingestürzter Piers und Gebäuderuinen sehen, und das Wasser, das sich an den Pfählen brach. Das Wasser des Sunds hatte einen öligen Schimmer und war voller Müll und Algen und verschwand weit vom Ufer in einer massiven Nebelbank, die wie ein dichter Vorhang von den Wolken bis zur Erde hing. Es gab Land hinter dem Nebel, ein weiteres Stück der Stadt, das sich in einer hügeligen Halbinsel mit Häusern und unfruchtbaren Bäumen von Süden nach Norden zog. Aber man sah den Stadtteil dort momentan selten, denn der Nebel verhüllte ihn fast, eine Welt, die der von Hawk und den Ghosts entzogen war.
    Er erreichte das Ufer, blieb einen Moment stehen und sah sich um, Cheney vor sich, der den Kopf von links nach rechts wandte, von rechts nach links, die Nase am Boden, die Augen in dem kargen Licht glitzernd. Links ragten die Überreste stählerner Kräne in den Nebel auf wie in der Zeit erstarrte Dinosaurier, dunkel und geisterhaft. Rechts waren die Gebäude der Stadt zu sehen, ihre Fenster wie Tausende schwarzer, blickloser Augen, dort, wo das Glas vor langer Zeit zerbrochen war. Der Hafen selbst war voller Autowracks und Haustrümmer, die mit dem Zusammenbruch der Piers und des Betonviadukts, der vor langer Zeit den Verkehr durch die Stadt getragen hatte, dorthin gestürzt waren. Eine dunkle Gestalt kam aus dem Schatten eines Gebäudes, eines der wenigen, die immer noch standen, war kurz zu sehen und dann gleich wieder verschwunden. Hawk versuchte vergeblich, einen weiteren Blick auf sie zu erhaschen. Es war jemand, der mehr Angst vor ihm hatte als umgekehrt.
    Er ging am Hafen entlang zu den Stellen, wo man den Wettermann für gewöhnlich finden konnte. Er hielt sich auf offenem Gelände und blieb dunklen Öffnungen und den Trümmern fern, zwischen denen manchmal schlimme Dinge lauerten. Krächzer waren nicht berechenbar. Ein Krächzer griff an, sobald sich eine Gelegenheit bot, trotz Cheneys Gegenwart. Alle griffen Straßenkinder an, weil sie die leichteste Beute darstellten.
    Er hatte vielleicht hundert Meter nach Norden hinter sich gebracht, als er den Wettermann singen hörte.
     
    »Die Arbeit ist schwer, die Arbeit ist hart,
    und die Welt liegt schneeweiß und karg,
    geborstene Steine und der Toten Gebeine,
    sie alle sind versammelt im Sarg. «
     
    Die Stimme des Wettermanns war dünn und hoch, und die Art, wie er sang, ließ vermuten, dass er sich nicht recht auf das konzentrierte, was er tat. Hawk nahm an, dass der alte Mann seit Jahren nicht mehr ganz beieinander war. Es war ein Wunder, dass er ungeschützt auf den Straßen so lange überlebt hatte. Es gab so gut wie keine Erwachsenen, die außerhalb der Lager auf der Straße lebten, nur Kinder und Freaks.
     
    »Mary hat ein kleines Lamm, kleines Lamm, kleines Lamm,
    das lieb und nett ist, aber nicht viel kann,
    und wohin Mary auch gehen mag, gehen mag,  gehen mag,
    kommen schreckliche Dinge an den Tag.
     
    Was auch für ihr vorzeitiges Ableben verantwortlich war, als sie beschloss, zum Hafen zu gehen und dort dem bösen Wolf begegnete. Hallo, Bruder Hawk.«
    Der Wettermann tauchte aus dem Schatten eines teilweise eingestürzten Gebäudes auf, und mit seinem verwüsteten Gesicht glich er einer Gestalt aus einem Alptraum – die Haut voller Narben und Flecke, die seltsamen blauen Augen so verrückt wie die eines Krächzers, und das dünne weiße Haar stand ihm in allen Richtungen vom Kopf ab. Er trug den üblichen schwarzen Umhang und seinen roten Schal, beides so

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