Kinder der Dunkelheit
italienische Lieder. Sabine stand in bequemer Leinenhose und einem Shirt mit kurzen Ärmeln auf dem kleinen Balkon und genoss die Sonnenstrahlen auf der blanken Haut. Sie war seit dem Morgengrauen wach, da sie die ganze Nacht seltsam unruhig gewesen und immer wieder hochgeschreckt war. Um kurz nach sechs hatte sie sich geschlagen gegeben und sich nach einer ausgiebigen Dusche angezogen.
Im Palazzo war es totenstill, was sie nicht weiter verwunderte, da Angel erst mit den ersten Sonnenstrahlen wieder daheim ange kommen war und sich sofort in sein Zimmer verzogen hatte. Marcello und Andrea arbeiteten so leise, dass man sie eigentlich nie hörte, und sonst gab es hier ja nur sie selbst. So herrlich das Gebäude auch war, so einsam konnte es darin sein, wenn nur so wenige Bewohner hier waren.
Nachdem sie sich angezogen hatte, war sie leise in die Bibli othek geschlichen, um ja niemanden zu stören. Sobald Marcello sie hören würde, wäre er sofort darum bemüht, es ihr so angenehm wie möglich zu machen. Der freundliche, stets um ihr Wohl besorgte Diener rührte sie. Andererseits hatte sie jedes Mal ein schlechtes Gewissen, wenn er für sie in der Küche zauberte. Daran, sich bedienen zu lassen, musste sie sich noch gewöhnen.
Behutsam schloss sie die Balkontür hinter sich und wollte z urück in die Bibliothek gehen. Es war so herrlich draußen! Ach, was sollte es, ein Frühstück wäre jetzt doch eine gute Option. Auf Zehenspitzen schlich sie hinunter in die Halle und erschrak fürchterlich , als direkt hinter ihr Andreas Stimme erklang.
„Guten Morgen, Sigñora Sabine! Sie müssen nicht so leise sein, Angel wacht nur dann auf, wenn Gefahr droht. Ansonsten können sie neben ihm getrost ein Feuerwerk abbrennen, er wird selig weiterschlummern.“
Das hätte sie sich eigentlich denken, können. Mit „Supernaturals“ zusammenzuleben, war nicht ganz so leicht, wie man hätte meinen können. Sie hatten so ihre Eigenheiten. Sabine grinste Andrea an. „Danke, das ist gut zu wissen. Vielleicht probiere ich das bei Gelegenheit einmal aus, das mit dem Feuerwerk.“
Andrea lächelte leise in sich hinein. „Gern, solange Sie nicht erzählen, dass die Idee von mir kam. Sigñore Angel kann zie mlich nachtragend sein, wenn es um seinen Schlaf geht. Es könnte sein, dass er heute lange und tief schläft. Schien eine aufreibende Nacht gewesen zu sein, falls Sie wissen, was ich meine.“
Sabine verdrehte die Augen. „Ich kann es mir ganz gut vorste llen . Ach, Andrea, haben wir ein kleines Frühstück in der Küche? Irgendetwas, nichts Großes.“
Ein Strahlen ging über Andreas Gesicht. „Aber sicher, bitte kommen Sie doch mit, oder soll ich im Salon servieren?“
„Bloß nicht, ich bin schon genug allein, ich komme mit, wenn ich darf.“ Sabine schlurfte hinter Andrea in die riesige Küche des Palazzos. Allein die alten Kupferkessel, die über der antiken offenen Feuerstelle baumelten, wären ein Traum für jeden Nostalgiker gewesen.
Sie setzte sich an den riesigen Mahagonitisch und sah Andrea bei seinen Vorbereitungen zu. Ihr schwante ziemlich schnell, dass ihr Wunsch, kein ausgiebiges Frühstück genießen zu wollen, wohl nicht bis zu Andrea durchgedrungen war. Eine gute halbe Stunde – eine Riesenportion Spiegelei mit Bacon, frische Panini, selbst gemachte Aprikosenmarmelade, frisch gepressten Orangensaft und ein Riesenbecher Latte Macchiato – später, lehnte sie sich satt und zufrieden in ihrem hohen Stuhl zurück. „Das hat gut getan, vielen Dank, Andrea, es war sehr lecker.“
Andrea freute sich sichtlich über das Lob. „Es war mir ein Vergnügen. Glauben Sie mir, es macht Spaß, die Küche für jemanden nutzen zu können, der auch mal normal isst und nicht nur an den Speisen herumschnuppert. Meine Fähigkeiten verkümmern hier noch restlos.“
„Ach was, das kann nicht sein. Alles, was ich hier bisher gege ssen habe, war erstklassig. Sie können es noch, glauben Sie mir.“
Sabine wandte den Kopf in Richtung der beiden hohen Fenster, die auf den kleinen Kanal hinaus zeigten. Strahlender Sonne nschein und sogar ein Stückchen blauer Himmel leuchteten ihr entgegen. „Andrea, darf ich Sie etwas fragen?“
„Aber natürlich. Was kann ich für Sie tun?“
„Ich würde so gern nach draußen gehen. Es ist wunderschön heute, haben Sie das traumhafte Wetter gesehen?“
Andrea hob bedauernd die Hände. „Es tut mir sehr leid, aber Sie sollen nicht allein unterwegs sein. Ich kann es Ihnen natürlich
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