Kinder der Dunkelheit
unheiligen Landes zu verpflanzen? Jetzt ist es an uns, zu handeln!“ Er griff nach einer kleinen Glocke, die einen feinen und doch lauten Ton erzeugte.
Und er wurde gehört. Nur wenige Augenblicke später öffnete einer seiner Diener die Tür und lugte zögerlich hinein. „Geh, hol mir Netta! Lauf, sie soll sich beeilen!“, befahl Don Ricardo. Das Gesicht des Dieners verschwand.
Kurz darauf öffnete sich die Tür erneut und ein junges Mädchen trat zaghaft, ja sichtlich nervös in den Raum. Sie war ein hübsches kleines Ding und wenn man nicht genau hinsah, hätte man meinen können, sie sei Teresas Schwester. Juan verstand sofort.
Netta verschränkte die Hände hinter dem Rücken. „Herr, Ihr habt mich rufen lassen. Womit kann ich Euch zu Diensten sein?“
Juan hätte hierauf, angesichts ihrer jugendlichen Anmut, sofort eine passende Antwort gewusst. Doch er kannte den Jähzorn Don Ricardos und so hielt er sich doch lieber mit unangebrachten Äußerungen zurück.
„Komm her, Kind!“ Der Don winkte die Kleine zu sich heran. „Ich habe einen Auftrag für dich. Einen Auftrag, von dem Leben abhängen. Du musst jetzt sehr genau zuhören, was ich dir sage. Du musst dir alles gut merken, denn wenn du an deinem Ziel angekommen bist, musst du alles genau so wiedergeben, wie ich es dir gesagt habe, verstanden?“
Netta nickte eifrig, offensichtlich froh darüber, dass sie nur e twas für ihren Herrn erledigen sollte.
„Dann pass jetzt gut auf.“ Don Ricardo zog das Mädchen etwas näher zu sich und begann, ihr in eindringlichem Ton ins Ohr zu flüstern. Nicht einmal Juan konnte verstehen, was er ihr sagte. Als Don Ricardo fertig war, schob er die Kleine ein wenig von sich. „Hast du alles verstanden? Es ist wirklich wichtig, dass du alles genau wiedergibst. Und du sagst es nur dem jungen Herrn. Vor allem aber, sei gewarnt, meine Kleine. Ein falsches Wort und alles ist verloren, vor allem aber du. Wenn dir das hier nicht gelingt, dann steckt ihr in großen Schwierigkeiten, du und deine ganze Familie. Hast du das verstanden?“
Netta war so eingeschüchtert, dass sie kaum zu atmen wagte. Sie fürchtete sich vor ihrem Herrn und sie wusste, würde sie versagen, dann könnte es durchaus vorkommen, dass er sie auspeitschte oder sich an ihrer Familie schadlos hielt. Folglich nickte sie vorsichtig.
„Ja, Herr, ich habe Euch gut verstanden. Ich werde die Nac hricht dem jungen Herrn al Hassarin so überbringen, wie Ihr es mir befohlen habt.“ Netta knickste und wollte schon gehen, als Juan noch etwas einfiel.
„Herr, sollte sie nicht eine geschriebene Nachricht überbringen, wie es abgemacht war?“
Der Don schüttelte nur den Kopf. „Nein, sie wird ihm sagen, dass es zu seiner und der Herzogin Sicherheit so sein muss. Briefe können in falsche Hände gelangen.“ Don Ricardo schüttete sich über seine eigene Bemerkung vor Lachen schier aus. „Das kann tödliche Folgen haben, weißt du, Juan?“
Langsam drang der zweideutige Sinn seiner Worte auch in Juans tumbes Hirn vor. „Sehr gut, Don Ricardo, Ihr seid ein he rvorragender Stratege. Exzellent!“
Der Don genoss die Bewunderung seines Handlangers noch ein wenig, dann endlich schickte er Netta los. „Geh jetzt, Netta, ich hoffe für dich, dass deine Mission von Erfolg gekrönt ist. Wenn du alles zu meiner Zufriedenheit erledigst, dann sichere ich dir zu, dass du Anas persönliche Zofe wirst, sie hat nämlich seit heute keine mehr!“
Netta eilte sich, so rasch zu verschwinden, wie sie nur konnte. Sie war verzweifelt über das, was sie gleich würde tun müssen, und doch konnte sie es nicht ändern. Sie wusste, es würde sie ihr Leben kosten, wenn sie versagte.
Fathi stutzte zuerst, dann eilte er auf das große Tor des Anwesens zu. „Wer bist du und was willst du hier?“, herrschte er das zarte, kleine Mädchen an. Sie mochte vielleicht fünfzehn Jahre alt sein, ein hübsches kleines Ding und sie sah verängstigt aus.
„Verzeiht mir, Herr, doch ich darf nur mit dem jungen Herrn al Hassarin sprechen. Es ist mir verboten, meine Nachricht jemandem anderen zu überbringen.“
Fathi sah das Mädchen misstrauisch an. Sein Vertrauen in die Christen war mit all seinen Landsleuten gestorben, die in den letzten Jahren von ihnen niedergemetzelt worden waren. Daher war es nicht verwunderlich, dass sein Argwohn auch vor diesem halben Kind nicht haltmachte. „Ich frage dich noch einmal: Wer bist du und in wessen Auftrag kommst du?“
„Mein Name ist
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