Kinder der Dunkelheit
„Bei dem Verkehr da draußen warte ich lieber ein wenig länger und bringe sie nachher allesamt sicher zum Flughafen. Ruft in Abdallahs Villa draussen in Karthago an, sie sollen alles zusammenpacken, was Janan und er brauchen könnten. Wir schicken in einer guten Stunde zwei Wagen dorthin und lassen die Sachen abholen. Die Diener und der Verwalter sollen dortbleiben und bestmöglich auf sich aufpassen. Ich denke nicht, dass ihnen Gefahr droht.“
Sofort sprang einer der Wächter des Fürsten auf und kam Raffaeles Anweisung nach. Luca tigerte rastlos durch die Wo hnung, wenn ihm in solcher Weise die Hände gebunden wurden, dann hasste er das wie die Pest.
„Mann, setz dich bitte und halt mal ein paar Minuten die Beine still! Du machst mich sowas von nervös.“ Saif sah Luca bittend an. „Tu’s für mich, Alter.“
Luca grinste und setzte sich tatsächlich auf eines der Sofas, allerdin gs nur, um sofort wieder aufzuspringen.
„Was zur Hölle...“ Weiter kam Saif nicht, denn auch er spürte es. Direkt vor der Tür war jemand – nur war das eigentlich unmöglich, denn die Wohnung wurde derzeit von zehn Wächtern bestens überwacht. Wer auch immer es bis vor den Eingang geschafft hatte, musste verdammt gut und schnell sein. Luca nickte Saif wortlos zu und beide zogen ihre Schwerter. Lautlos gingen sie auf die massive Eingangstür zu, während alle anderen im Raum in Deckung gingen und die Hände feuerbereit an die Waffen legten. In einer schnellen, für das menschliche Auge kaum wahrnehmbaren Bewegung, riss Luca die Tür auf und erhob sein Schwert.
„He, alter Freund, die Begrüßung hier war aber auch schon mal herzlicher!“
„Bist du des Wahnsinns fette Beute?“ Luca ließ das Schwert eilig sinken und sah den Mann, der ihm gegenüberstand, fassungslos an. „Ich hätte dich um ein Haar geköpft!“
„Das wage ich zu bezweifeln, alter Mann, du tendierst dazu, dich zu überschätzen, was? Vergiss nicht, dass ich auch so ein Teil habe.“ Das Gesicht unter der sandfarbenen Lockenpracht verzog sich zu einem fröhlichen Grinsen.
Langsam gewann auch Luca seine Fassung zurück. „Craigh, du Idiot, tu so was nie wieder!“
Die beiden Männer umarmten sich freundschaftlich und auch Saif kam dazu, um den dritten Hüter in der Runde willkommen zu heißen.
Craigh lauschte in den Flur hinaus und sagte dann: „Lasst die Tür gleich offen, Jungs, es kommt noch jemand. Er wollte nur noch rasch den Mädels nebenan im Park beim Volleyball zusehen.“
„Was? Wer?“ Saif war etwas überfordert, während Luca wi ssend lächelte.
„Wer wohl? Sergej!“
„Wer sagt meinen Namen?“ Der gigantische Vampir füllte den Türrahmen fast komplett aus. „Ach, Leute, ihr habt ja keine Ahnung, wie schön es ist wieder im Warmen zu sein.“ Sergej hatte sich die lange blonde Haarpracht am Oberkopf zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden, die unteren Haare fielen ihm offen über die Schultern.
„Hey, coole Frisur, echt stylish“, kommentierte Saif trocken.
Sergej wandte nur ganz langsam den Kopf und blickte Saif aus seinen eisblauen Augen mitleidig an. „Halt die Klappe, Muselmane, falls du den Tag heil überstehen möchtest.“
Der Türke grinste. „Das lag durchaus in meiner Absicht. Lass dich umarmen, du Wikingersohn.“
Obwohl Saif wahrlich nicht klein war, überragte ihn der blonde Riese noch immer um einen halben Kopf. Selbst Luca reichte nicht an ihn heran. Die Begrüßung der Hüter fiel sehr herzlich aus. Sie allein wussten, welche Last auf den Schultern der anderen ruhte, welche Kraft und Selbstbeherrschung in jedem von ihnen steckte, und das respektierten und schätzten sie gegenseitig.
Doch sie durften keine Zeit verlieren. In knappen Worten schilde rte Luca, was bisher geschehen war. Die Züge der beiden hinzugekommenen Männer wurden mit jedem seiner Worte dunkler und ernster.
„Und er hat nichts hinterlassen? Keinen Hinweis, kein Puzzl eteil, nichts?“ Craigh konnte es kaum glauben. „Was bringt es ihm, die Frauen zu entführen, wenn er kein Lösegeld fordert oder sonst irgendwelche wie auch immer gearteten Forderungen stellt?“
„So ein Trottel!“ Sergejs Meinung über Alexandre de Thyra stand definitiv fest.
Craighs Blick fiel auf den Laptop, der noch immer aufgeklappt auf dem Tisch stand. „Deiner?“
„Nein, wir haben ihn aus Alexandres Stützpunkt in Hammamet mitgenommen. Er gehörte ihm.“
„Und – irgendwas drauf?“
Luca schüttelte bedauernd den Kopf. „Rein gar nichts,
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