Kinder der Dunkelheit
Chica, jetzt in einen Zug zu steigen, ist doch auch keine Lösung! Na, dann werd ich wohl mal wieder.“
Im Hetzschritt eilte er aus dem Büro, nachdem er zwei Minuten lang wie wild auf der Tastatur herumgehackt hatte, rannte Ma rcello fast über den Haufen und rief dem verdutzten Andrea die Anweisung zu, das Schnellboot zu rufen. Sieben Minuten später raste das Boot in halsbrecherischem Tempo durch die Kanäle. Langsam wurde Angel immer nervöser. Wenn er nicht total falsch lag, dann fuhr einer der täglichen Züge nach München jetzt irgendwann ab. Hoffentlich erwischte er sie noch!
Allerdings hatte sich das Handysignal seitdem keinen Meter bewegt, wie er mithilfe seines eigenen Handys, auf das er vorhin das Ortungsprogramm aus Raffaeles Büro überspielt hatte, sehen konnte. Wahrscheinlich saß Sabine irgendwo und wartete auf den Zug, zumindest hoffte er das. Obwohl er eine Sonnenbrille auf und den Kragen seiner Lederjacke hochgeschlagen hatte, prickelte seine Haut. Selbst jetzt, am späten Nachmittag, hatte die Frühlingssonne in den letzten Tagen an Kraft gewonnen. Aber was tat man nicht alles.
Vom Anleger aus rannte er gegen jede Vernunft viel zu schnell zum Bahnhof. Ihm war bewusst, dass die Leute, die ihn jetzt sahen, ihn sowieso nicht wiedererkennen würden. Niemand konnte sein Gesicht erkennen, so schnell wie er an ihnen vorbe ischoss. Erst, als er am Bahnhof angekommen war, zwang er sich zu einem menschlichen Tempo.
Zu seinem Erstaunen kam das Signal nicht aus der Wartehalle und auch aus keinem der Cafés oder Restaurants. Verwundert folgte er dem kleinen Punkt auf dem Display quer durch den Bahnhof und hielt schließlich am Taxistand. Seltsam. Hier war keine Sabine, aber das Signal kam von hier. Suchend sah Angel sich um und ging in die Richtung, aus das Pulsieren des kleinen Punktes zu kommen schien. Er bewegte sich so weit vom Bah nhof weg, bis das Signal plötzlich hinter ihm zurückblieb. Erst als er ein paar Schritte zurückging, war es wieder mit seinem Standpunkt gleich auf. Konzentriert suchte er die Umgebung ab und als sein Blick auf einen Postkasten direkt an der Straße fiel, hatte er eine böse Ahnung.
Dank seiner Kraft bot das Metall des Kastens ihm nicht allzu viel Widerstand und tatsächlich fand seine tastende Hand das kleine Telefon recht schnell. Angel zog Sabines Handy unter zahllosen Briefen hervor und starrte es entgeistert an. Während er mit der Linken den Postkasten möglichst unauffällig kurzerhand wieder einigermaßen in Form bog, schaltete er mit der Rechten das Handy wieder an und drückte die Taste für die letzten G espräche. Das letzte eingegangene Gespräch war Luca – und zwar am heutigen Tag! Und das letzte, das rausging, war uralt. Sie hatte nicht telefoniert, zumindest nicht mit diesem Telefon.
Langsam wurde ihm mulmig zumute. Sabine mochte eigenwi llig sein, aber niemals würde sie ihr Telefon wegwerfen, er brauchte Gewissheit . Dank einer Vorahnung von ihm war Stefanos Nummer, die dieser ja auf dem Zettel zurückgelassen hatte, mittlerweile auf seinem eigenen Telefon eingespeichert. Während Angel zurück zum Boot lief, drückte er die Kurzwahltaste. Erst nach mehrmaligem Läuten meldete sich der Vampir. Seine tiefe Stimme klang verschlafen.
„Hey Stefano, ich bin’s, Angel.“ Als der Freund ihm auf seine Bitte hin in Kurzform, natürlich aus seiner ganz eigenen Sich tweise, schilderte, was er Sabine am Abend zuvor erzählt hatte, war Angel völlig perplex.
„Mann, hast du sie noch alle? Bist du jetzt vollkommen von a llen guten Geistern verlassen? Luca hat die Frau vor etwa drei Monaten dem Tod von der Schippe gezupft. Zuvor hat der Typ, mit dem sie zusammen war, sie so verprügelt, dass sie ins Krankenhaus musste. Kaum war sie hier in Venedig, wo sie sich in Sicherheit hoffte, findet er sie und rammt ihr ein Messer in die Brust! Sabine hatte so viel Schmerz und Gewalt um sich, dass Luca einfach ihre Seele heilen lassen wollte, sie sollte endlich wieder unbefangen und glücklich sein und genau das war sie. Abgesehen von der Angst um Luca, nachdem er weg war. Und jetzt trabst du an und spielst den Rächer der ahnungslosen Jungfrauen oder wie?“
„Scheiße, das tut mir leid. Ich hab zwar gefühlt, dass sie inne rlich ziemlich zerrissen war, aber das habe ich doch alles nicht gewusst.“
„Ja, wie auch? Du bist ja nie da!“ Angel war stinkwütend und Stefano konnte das nur zu gut fühlen.
„Hey Mann, ich kann’s nicht mehr ändern, das wird
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