Kinder der Dunkelheit
gekommen waren. Ein verdammt gutes Gefühl!
13.
Sabines Nervosität war den ganzen Tag schon zum Greifen nah gewesen. Sigñora Martin hatte das in ihrer einfühlsamen Art natürlich gespürt und sie mit zum Markt und zu diversen Weihnachtseinkäufen geschleppt. Nach einer Weile ließ Sabine sich prompt von der Begeisterung anstecken und gönnte sich ein wunderschönes blaues Samtmieder, das perfekt auf ihre weiße Bluse passen würde, die sie heute Abend tragen würde. Schließlich wollte sie ja für ihr Date gut aussehen. Sigñora Martin fragte sie ununterbrochen über Luca aus, doch viel konnte Sabine ihr noch nicht erzählen, abgesehen davon, dass er ausnehmend schön war. Das ließ die Sigñora – eine Vollblutitalienerin – gerne gelten.
Als Sabine ein paar Minuten vor sieben an sich heruntersah, war sie äußerst zufrieden. In der weißen Bluse mit dem tollen Mieder, der Wildlederhose und ihren neuen, leuchtend blauen Overknees sah sie doch tatsächlich gar nicht übel aus. Ihr Haar trug sie ausnahm sweise offen und sie konnte nur hoffen, dass es ihm gefiel. Es war ihr wichtig, sehr wichtig. Ihr Herz klopfte wie verrückt. Himmel noch mal, sie war doch kein Teenager mehr! Und doch fühlte sie sich genau so, wie ein aufgeregter Teenie vor dem ersten Rendezvous. Mühsam versuchte sie, die Anspannung einigermaßen unter Kontrolle zu bekommen, allerdings mit eher zweifelhaftem Erfolg.
Da sie nicht annahm, dass Luca zu ihr aufs Zimmer kommen würde, stieg sie schon die Stufen hinunter und verließ das Haus. Heute, genau einen Tag vor Weihnachten, war es noch einen Hauch kälter als am Abend davor. Der Himmel war sternenklar und ein frischer Wind fuhr in ihre seidigen Haare. Sie schlug den Kragen ihres Mantels hoch und trat voller Vorfreude auf die enge, einsame Straße hinaus.
Sofort wurde sie grob am Arm gepackt und gegen die nahe Hauswand gestoßen.
„Du billiges Flittchen! Du Miststück! Kaum bist du einen Tag hier, schon hängst du dich an den erstbesten Kerl! Aber warum solltest du dich geändert haben?“
Sabines Kehle war wie zugeschnürt. „Thomas, was tust du hier?“ Sie hatte Mühe, einen vernünftigen Satz zu formulieren. So sehr sie es zu verhindern suchte, schon stieg die in seiner Gegenwart allbekannte Panik wieder in ihr hoch.
„Was ich hier tue? Was denn wohl? Beweisen, dass ich recht habe. Dass du nichts als eine billige Hure bist, die sich bei jeder Gelegenheit dem nächsten Typen an den Hals wirft!“
„Thomas, ich bitte dich! Wir hatten das doch endgültig geklärt. Ich ertrage deine grundlose Eifersucht nicht mehr. Du machst mich fertig! Ich kann nicht mehr atmen. Ich will nicht mehr, es ist vorbei.“
„Grundlose Eifersucht?“ Thomas lachte böse auf. „Wie grun dlos die ist, habe ich gestern ja gesehen. Noch nicht richtig angekommen, schon hängst du am Arm eines dahergelaufenen Schönlings!“
Wut stieg in Sabine auf. Wut auf diesen Mann, seinen Hass und seine grundlosen Anschuldigungen. „Ohne ihn wäre ich gestern im Kanal gelandet. Er hat mich nur aufgefangen, als ich fast ins Wasser gerutscht wäre.“
„Und deshalb knutscht er dir die Hand ab? Fast aufgefressen hat der schmierige Kerl dich mit den Augen! Du willst doch jetzt sicher zu ihm, oder?“
„Thomas, bitte hör auf!“ In Sabine machte sich Verzweiflung breit. Würde das denn nie mehr aufhören?
„Nichts mit ,Thomas bitte‘. Was glaubst du, wer du bist? Du gehörst mir, verdammt noch mal!“ Der Zornige hatte sie mit schmerzhaftem Griff an den Armen gepackt und drängte sie fest an die kalte Hauswand.
„Ich gehöre dir nicht! Ich bin nicht dein Eigentum!“ Mit aller Kraft versuchte Sabine, sich aus seinem Griff zu befreien.
„Ach, so ist das?“ Thomas’ Augen blitzten bösartig und hasserfüllt auf.
Sabine zitterte, vor Kälte, doch hauptsächlich vor Angst. Furcht kroch ihr die Kehle hoch. Fühlte sich so Todesangst an?
Thomas stieß sie in den schmalen Hauseingang und presste ihr seine heiße, schwitzige Hand auf den Mund, während er sich mit seinem ganzen Gewicht gegen sie warf und sie damit eisern an die alte Holztür nagelte.
„Schätzchen, du verstehst hier etwas nicht. Entweder ich oder gar keiner! Wir machen jetzt Nägel mit Köpfen.“
Er presste sie noch fester an die klamme, feuchte Tür, sein wütendes Gesicht direkt vor ihrem. Sie roch seinen Atem und glaubte, sogar seinen hektischen Herzschlag spüren zu können. Er versuchte, sie zu küssen, ihr die Zunge in den
Weitere Kostenlose Bücher