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Kinder der Dunkelheit

Kinder der Dunkelheit

Titel: Kinder der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriele Ketterl
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möchte Ihnen nicht lästig werden, aber dürfte ich Sie für morgen Abend ins Theater einladen? Ich würde Sie gegen sieben hier abholen?“
    Sie war von dem Gedanken, mit diesem Mann in ein Theater in Venedig zu gehen, so begeistert, dass sie Mühe hatte, nicht allzu enthusiastisch zu antworten – und so war sie sehr stolz auf das kühle, gefasste: „Ja, gern! Ich war hier noch nie in einem Theater.“
    Über Lucas Gesicht zog ein erfreutes Lächeln. „Fein, dann bin ich morgen um sieben hier. Und versprechen Sie mir bitte, sollten Sie tagsüber Spaziergänge machen, nicht ins Wasser zu fallen, d’accordo?“ Sein Lächeln war zu einem höchst charmanten Grinsen geworden und Sabine musste unwillkürlich lachen.
    „Ich verspreche es! Ich werde unversehrt sein, wenn Sie mich abholen!“
    „Gut, bis morgen dann, schöne Sabine!“
    Dass er zum Abschied ihre Hand geküsst hatte, bevor er im Dunkel verschwand, registrierte sie erst eine Weile, nachdem sie wieder im Hier und Jetzt angekommen war.
    Luca hatte sich nicht wirklich weit entfernt. Er verschmolz mit den Schatten der gegenüberliegenden Palazzi und sah verträumt hinauf zu dem kleinen Licht in der Pension, das gerade eingeschaltet worden war. Dort wohnte sie also, das war gut zu wissen. Er fühlte ihr nach, ihrer Wärme, der Herzlichkeit, die sie umgab, der Unbeschwertheit, die tief in ihr verborgen ruhte. Sie versuchte, stark zu wirken, doch er hatte gespürt, dass sie sich stattdessen nach Halt sehnte. Ein Blick in ihre Augen hatte ihm so vieles gezeigt. Sie war klug, hatte Humor, war gefühlvoll und romantisch.
    Tief sog er die Nachtluft in seine Lungen, in der noch der letzte Hauch ihres Parfums lag. Als er sich endgültig zurückziehen wollte, nahm er aus dem Augenwinkel eine schemenhafte Bew egung wahr. Jemand war im Nebenhaus verschwunden, sicher nur ein weiterer Liebhaber der Nacht. Beschwingt machte sich Luca auf den Weg zurück nach Hause.
    Als er den Palazzo betrat, hörte er fröhliches Pfeifen aus dem S alon. Verdis Triumphmarsch! Schien ein guter Abend für seinen väterlichen Freund zu sein. Raffaele stand mit dem Rücken zu ihm an der Bar und mixte offenbar einen seiner raffinierten Cocktails.
    Seine langen silbergrauen Locken hatte er im Nacken mit e inem schwarzen Samtband gebändigt. So konnte man die großen silbernen Creolen sehen, die er so gern trug. Der Gehrock aus Samt harmonierte perfekt mit den kniehohen blauen Lederstiefeln . Raffaele sah immer aus, als sei er soeben einem Mantel- und Degenfilm entsprungen. Er dachte nicht im Traum daran, sich unauffälliger zu kleiden. Sah man ihn nachts durch Venedig laufen, glaubten alle, er sei auf dem Weg zu einem der zahllosen Maskenbälle. Und er sah immer gut aus – oh ja, er sah verdammt gut aus. Das war auch schon vor all den Jahren so gewesen, als er Luca von diesem vermaledeiten Kreuz geholt hatte.
    „Luca, schon zurück? Wo sind sie denn, die Schönen der Nacht? War dir wieder keine der Damen gut genug?“ Raffaele lächelte ein wenig anzüglich und in seinen blauen Augen blitzte es unternehmungslustig, als er sich zu seinem Freund umwandte.
    „Nein, ich habe etwas Besseres gefunden!“ Luca seufzte. Raffaele wirkte kurz irritiert, dann dämmerte es ihm.
    „Na wunderbar, das klingt verdächtig nach echtem Gefühl.“ Raffaele schnupperte grinsend in Lucas Richtung. „Das riecht ja direkt nach Liebe. Erzähl, mein Junge, wer ist sie?“
    Luca grinste. Ob Raffaele sich irgendwann diese Anrede abgewöhnen konnte? Er warf seinen Mantel lässig auf eines der sündhaft teuren Barockstühlchen im Raum und deutete auf das Cocktailglas in Raffaeles Hand.
    „Für wen ist das denn? Wohl kaum für dich. Kümmere du dich doch erst einmal um dein eigenes Liebesleben für diese Nacht.“
    Raffaele starrte kurz auf das Glas in seiner Hand und schlug sich dann mit der flachen Hand an die Stirn. „Maledetto! Die Dame hätte ich jetzt um ein Haar vergessen!“ Er lächelte Luca verschmitzt zu. „Du entschuldigst mich?“ Mit einem gekonnten Augenaufschlag verschwand er in seine Gemächer und ließ einen kopfschüttelnden Luca zurück.
    „Raffaele, Raffaele, du wirst auch nicht mehr erwachsen, da helfen auch deine zweitausend Jahre nichts!“ Luca ging nac hdenklich hinauf in sein Zimmer, wo er sich voll bekleidet auf sein Bett fallen und den Abend Revue passieren ließ. Nach so vielen Jahren waren es wieder einmal Gedanken, wie sie ihm seit fast fünfhundert Jahren nicht mehr in den Sinn

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