Kinder der Nacht
nicht nur das Unkraut an der Oberfläche ausreißen. Ein guter Gärtner muß tief graben, damit er die Wurzeln entfernen kann, die weit unten in der Erde wachsen und aus denen in kommenden Jahreszeiten neues Unkraut entspringen könnte. Stimmt es nicht, Bruder Hans der Pförtner?«
Der Mönch sah mich eine ganze Weile an. Trotz seines untersetzten Äußeren waren Muskulatur und Knochenbau seines Gesichts kräftig. »Ich bin kein Gärtner«, sagte er schließlich. »Ich bin ein Diener unseres Herrn Jesus Christus.«
Ich seufzte. »Dann beantworte mir diese Frage, Diener deines Herrn Jesus Christus«, sagte ich und bemühte mich, meine Stimme nicht zu schroff klingen zu lassen. »Vorausgesetzt, daß alles wahr ist, was über mich gesagt wird, daß Tausende unschuldiger Frauen und Kinder von meiner Hand oder auf meinen Befehl hin gestorben sind, befehle ich dir, mir mein Schicksal nach meinem Tod vorherzusagen.«
Bruder Hans der Pförtner zögerte nicht. Seine Stimme klang ruhig. »Ihr werdet in die Hölle kommen«, sagte er. »Wenn die Hölle Euch haben will. Ich an Satans Stelle könnte Eure Gegenwart wahrscheinlich nicht ertragen, obschon man behauptet, daß die Schreie der gequälten und verdammten Seelen wie Musik in Satans Ohren sind. Aber Ihr versteht die Lustbarkeiten Satans gewißlich viel besser als ich.«
Es fiel mir schwer, ein Lächeln zu verbergen. Ich stellte mir schon das Gerede vor, wenn ich diese drei Mönche mit Eseln vollgepackt mit Reichtümern zu ihren Abteien zurückschickte. Ich bewundere Mut bei meinen Gegnern.
»Demnach denkst du, daß ich kein Heiliger bin?« sagte ich leise.
Dann machte Bruder Hans der Pförtner einen Fehler. »Ich glaube, Ihr seid verrückt«, sagte er mit seiner tiefen, sanften, irgendwie traurigen Stimme. »Und ich bedaure die Tatsache, daß der Wahnsinn Euch zu ewiger Verdammnis geführt hat.«
Nach dieser Bemerkung zerstob meine gute Laune. Ich rief meine Wachen und ließ sie Bruder Hans den Pförtner halten, während ich einen Eisenpflock nahm und den Mann pfählte. Als Vorspiel der vergleichsweise barmherzigen Tat, ihn zwischen seinen dicken Pobacken zu pfählen, trieb ich kurze Stacheln durch seine Ohren und Augen und einen längeren seinen Hals hinab. Er wand sich immer noch unter Qualen, als ich ihm einen langen Eisennagel durch die Füße hieb und ihn an einem Strang hochziehen ließ, damit er kopfunter hing wie Geflügel auf dem Markt. Dann rief ich meinen Hof zusammen, damit alle Zeuge würden.
Unter den Blicken der leichenblassen Brüder Michael und Jakob ließ ich den Esel von Bruder Hans dem Pförtner holen und das Tier im Hof auf einer langen Eisenstange pfählen. Die Prozedur war laut und nicht so einfach, wie es sich anhören mag.
Als alles vorbei war, wandte ich mich an Bruder Jakob. »Du hast die Meinung deines Gefährten gehört, was meine Erlösung anbelangt«, sagte ich. »Wie sieht nun deine Meinung zu dieser Frage aus?«
Bruder Jakob warf sich, Gesicht zuerst, auf den Steinboden, eine Geste völliger Unterwerfung. Bruder Michael folgte seinem Beispiel einen Augenblick später.
»Bitte, mein Fürst«, wimmerte Bruder Jakob, der die Hände ausgestreckt und so fest ineinander verhakt hatte, daß sie so weiß wie jungfräuliches Pergament waren. »Gnade, mein Fürst! Ich flehe um Gnade, im Namen Gottes!«
Ich schritt zu ihnen, bis meine beiden Stiefelspitzen die Wangen der beiden Männer berührten. »In wessen Namen?« brüllte ich. Meine Wut war nur teilweise gespielt; ich war immer noch erbost über die letzten Bemerkungen von Bruder Hans dem Pförtner, bevor sein Selbstbewußtsein sich in klägliches Schreien aufgelöst hatte.
Bruder Michaels Denken funktionierte schneller. »In Eurem Namen, mein Fürst! Wir bitten um Gnade im geheiligten Namen Vlad Draculas! In Eurem Namen flehen wir Euch an!«
Ich konnte die Unterwürfigkeit in ihrer beider Stimmen hören, als ihr Flehen endlich einen Brennpunkt gefunden hatte. Ich stellte den Stiefel auf Bruder Jakobs Hals. »Und zu wem wirst du künftig beten, wenn du Gnade oder göttliche Unterstützung wünschst?«
»Zu unserem Herrn Dracula!« stöhnte Bruder Jakob.
Ich verlagerte das Gewicht und stellte den Stiefel auf den Hals von Bruder Michael. »Und wer ist die einzige Macht im Himmel und auf Erden, die die Gabe besitzt, deine Gebete zu erhören oder zu mißachten?«
»Mein Herr Dracula!« brachte Bruder Michael heraus, aus dem der Atem herausgepreßt wurde wie schlechte Luft aus einem
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