Kinder der Nacht
Weinschlauch, als ich fester auf sein Rückgrat trat.
Einen Augenblick war im ganzen Hof kein Laut zu hören, abgesehen vom tropfenden Blut von Bruder Hans und seinem Esel. Dann nahm ich den Fuß von Bruder Michaels Hals und entfernte mich langsam, bis ich mich schließlich träge auf meinen Thron fallen ließ. »Ihr werdet meine Stadt und mein Land heute nacht noch verlassen«, sagte ich. »Ihr dürft eure Tiere und soviel Proviant für die Reise mitnehmen, wie ihr wünscht. Wenn euch meine Soldaten noch innerhalb der Walachei oder Transsilvaniens finden, wenn die Sonne dreimal aufgegangen ist, dann werdet ihr zu eurem neuen Gott - also zu mir - beten, euer Tod hätte ebenso angenehm sein können wie der von Bruder Hans dem Pförtner oder seinem brüllenden Esel. Geht jetzt! Und verbreitet die Kunde von der unendlichen Barmherzigkeit Vlad Draculas.«
Sie gingen, aber den Lügen nach zu urteilen, die Bruder Jakob später dem allzu bereitwillig verleumdenden Dichter Michael Beheim diktierte, hatten sie ihre Lektion nicht ausreichend gelernt.
Die an jenem Tag anwesend en Höflinge freilich schon. Ebenso die Franziskanermönche, die in ihrem Kloster in Tîrgovişte blieben. Sie weilten verdrossen innerhalb ihrer Klostermauern, aber von diesem Tage an wurden sie zunehmend ruhiger.
Und die sorgfältig geschliffene Legende von Vlad Dracula wurde noch schärfer und bohrte ihre Klinge ins Herz meiner Feinde.
Kapitel 25
Als O'Rourke zu Ende gesprochen hatte, standen die drei als stummes Stilleben im Licht der zischenden Lampe, Lucian auf halbem Weg zwischen der Heizplatte und der Tür erstarrt, O'Rourke im Schatten bei dem gesprungenen Sofa, Kate dicht neben der Lampe. Sie hatte ständig zwischen dem erschöpften Priester und dem jungen Mann hin und her gesehen, aber jetzt hatte sie nur Augen für Lucian. Ihre Gedanken waren: Wenn er jetzt versucht zu fliehen, müssen wir ihn festhalten. O'Rourke sieht völlig erschöpft aus. Ich werde es selbst tun müssen.
Lucian lief nicht weg.
O'Rourke rieb sich die stoppeligen Wangen. Seine Augen drückten keinen Triumph aus, nur Traurigkeit.
Wenn Lucian einer von ihnen ist, dachte Kate, dann wissen Sie, wo wir sind. Die Männer in Schwarz. Die Männer, die Tom und Julie und Chandra getötet haben. Die Männer, die Joshua entführt haben ... Sie spürte, wie ihr Herz schneller schlug und bemerkte am Rande, daß ihre Fäuste sich wie aus eigenem Antrieb ballten.
Lucian ging zur Heizplatte zurück, nahm den Holzlöffel und rührte langsam die inzwischen kochende Suppe um.
In dem Augenblick hätte Kate ihn am liebsten erwürgt. »Stimmt das?« fragte sie. »Lucian, warst du das?«
Hätte er die Achseln gezuckt, hätte sie im selben Moment den Holzstuhl hinter ihm genommen und ihn ihm auf dem Kopf zerschlagen.
Er zuckte nicht die Achseln. »Ja«, sagte er. »Ich war es.« Er sah sie einen Moment an, dann hob er den Löffel und kostete die Suppe.
»Leg den Löffel weg«, sagte Kate. Sie überlegte sich, ob sie sich rechtzeitig ducken könnte, sollte Lucian den Topf kochender Suppe nach ihr werfen.
Lucian legte den Löffel weg und kam einen Schritt auf sie zu.
O'Rourke trat zwischen sie, als Kate gerade beide Fäuste hob. Lucian hob beide Hände und kehrte die Handflächen nach außen.
»Lassen Sie es mich erklären«, sagte er leise. Sein rumänischer Akzent wirkte jetzt ausgeprägter. »Kate, ich würde Joshua niemals weh tun ...«
Da spürte sie, wie sie die Fassung verlor, und sie mußte daran denken, wie sie vor drei Monaten - vor einer Ewigkeit - abgedrückt hatte, als der Mann in Schwarz ihr Baby zu bedrohen schien. Sie wünschte sich, sie hätte jetzt eine Waffe.
»Nein, es ist mein Ernst«, sagte Lucian, der um O'Rourke herumlangte und sie am Arm berührte.
Sie zog den Arm weg. Lucian hielt wieder die Arme hoch. »Kate, meine Aufgabe war es, das Baby sicher außer Landes zu bringen, und nicht, ihm weh zu tun.«
Es schien, als hätte Michael O'Rourke während des ganzen Wortwechsels nicht einmal geblinzelt. Jetzt trat er beiseite, zog das Stromkabel der Heizplatte heraus und stellte den Suppentopf vorsichtig auf einen gekachelten Sims, außerhalb von Lucians Reichweite. »Sie haben gesagt, Sie können es erklären.« Er verschränkte die Arme. »Erklären Sie.«
Lucian versuchte zu lächeln. »Ich denke, Sie haben selbst etwas zu erklären, Priester. Schließlich kann es kaum ein Zufall sein, daß Sie ...«
»Lucian!« schnappte Kate. »Wir sprechen von
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