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Kinder der Nacht

Kinder der Nacht

Titel: Kinder der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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Und ich hatte Hilfe ...« Er verstummte.
    »Dein geheimnisvoller Mentor«, sagte Kate sarkastisch.
    »Ja.«
    »Und die Bombe wurde angebracht, als niemand hingesehen hat.«
    »Es ist nicht eine einzige Bombe, Kate. Die beiden Haupttürme von Vlads Zitadelle wurden neu gebaut, ebenso der große Saal, die südlichen Brustwehre, die alte Zugbrücke und die Ostzinnen, wo heute nacht die eigentliche Zeremonie stattfinden wird. Alles ist mit Sprengstoff gespickt und mit verschiedenen Zeitzündern versehen. Die gesamte Bergkuppe wird explodieren.«
    Kate wahrte den kalten Blick, spürte aber, wie ihr Herz schneller schlug. »Die Sicherheitsleute der Strigoi würden sie finden.«
    Lucian schüttelte den Kopf. »Die haben das Schloß schon ein dutzendmal durchsucht. Der Sprengstoff ist im Mauerwerk eingeschlossen. Sogar die Zeitzünder wurden verputzt und versteckt. Sie haben sie nicht gefunden, und sie werden sie nicht finden. Man kann sie nicht entschärfen. Wenn die Strigoi heute nacht da sind, werden sie ausgerottet.«
    »Mit Joshua«, sagte Kate. »Und O'Rourke.«
    Lucian nahm ihre Hand. »Es tut mir leid, Kate. Ich hatte gehofft, sie würden das Baby heute zusammen mit dir bringen. Aber anscheinend fliegen sie ihn heute abend mit Radu Fortuna und anderen VIPs im Hubschrauber hin.«
    Kate zog ihre Hand weg. »Jetzt lügst du wieder, Lucian. Du hast nicht gedacht, daß Joshua bei mir im Auto sein würde. Wenn es so gewesen wäre, hättest du uns nicht gerettet. Du bist darauf angewiesen, daß er heute nacht da ist, damit die Zeremonie über die Bühne gehen kann. Damit das Attentat stattfinden kann.«
    Er sah weg, und da wußte sie, er hatte gelogen, was die Rettung von Joshua anbetraf, aber nicht hinsichtlich der Bomben. Ihre Arme und Beine wurden buchstäblich kalt bei dem Gedanken. Draußen huschten graue Schatten durch die Industrieabgase von Copşa Mica.
    »Kate«, sagte Lucian leise, drehte sich aber nicht um und sah sie an, »Sie müssen wissen, daß in den vergangenen fünfhundert Jahren nur drei solcher Zeremonien der Weihe stattgefunden haben. Ein günstigerer Zeitpunkt kommt nie wieder. Die gesamte Familie wird dasein - alle Strigoi, die wichtig genug sind, daß sie etwas gelten.«
    Kate nickte. »Und mein Baby und ein Ex-Priester, der nie einer Menschenseele etwas zuleide getan hat, sind ein kleiner Preis für die Chance, sie alle auszurotten.«
    Lucian wirbelte mit aufgerissenen Augen zu ihr herum. »Ja! Hundert Babys und hundert Priester wären ein kleiner Preis!« Er hielt sie an den Schultern und schüttelte sie. »Ist Ihnen klar, wie viele Jahrhunderte mein Volk von diesen Ungeheuern versklavt worden ist, Kate? Wissen Sie, wie viele Babys und Priester wegen deren Grausamkeit eines schrecklichen Todes sterben mußten? Können Sie sich eine Nation vorstellen, die nie einen Atemzug ohne den Schatten totalitären Wahnsinns tun konnte?« Seine Stimme zitterte. Sein ganzer Körper zitterte.
    Lucian ließ sie los und legte den Gang wieder ein. »Es spielt keine Rolle, was Sie denken, Kate. Es wird heute nacht passieren. Um Joshua tut es mir leid ... wirklich. Und um O'Rourke. Sie werden Märtyrer, genau wie meine Adoptiveltern.« Er fuhr langsam die Straße durch die schwarze Stadt entlang.
    »Wohin fahren wir?« fragte sie niedergeschlagen.
    »Hier in Copşa Mica wechseln wir auf die Autobahn Vierzehn B«, sagte er. »Dann fahren wir bei Einbruch der Nacht auf der E-Einundachtzig nach Cluj-Napoca, dann nach Westen bis Oradea und zur ungarischen Grenze.«
    »Wie kommen wir da rüber?«
    Lucian lächelte. »Ich kenne bessere Wege als Ihre Zigeunerschmuggler. Morgen abend sind wir schon in Budapest.«
    »Und Joshua wird tot sein.«
    Er sah sie an. »Ja. Wäre es Ihnen lieber, er wäre ein vollwertiger Strigoi? Er wird heute abend Menschenblut trinken, Kate. Aber es wird ihn nicht zu einem von ihnen machen. Es wird ihnen allen ein Ende bereiten.«
    Sie streckte die Hände aus und griff nach dem Lenkrad. Verblüfft steuerte Lucian auf einen freien Marktplatz vor Fabriktoren. Niemand war auf dem großen Schlackesteinplatz zu sehen. Die Straße nach Westen verlief rechts von ihnen. Die Straße nach Sibiu und der Zitadelle zweigte unmittelbar hinter ihnen links ab. Schwarzer Schnee regnete vom Himmel auf alles herab.
    »Du weißt, daß man Joshua dieses Schicksal ersparen könnte«, sagte sie. »Mit Transfusionen des Menschenblutsubstituts kann man seine Immunschwächekrankheit aufheben, aber das Schattenorgan kommt

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