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Kinder der Nacht

Kinder der Nacht

Titel: Kinder der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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»Er war nicht der erste. Wir mußten experimentieren, um herauszufinden, wie die Strigoi tödliche Verletzungen überleben können. Mutter hat jahrelang daran gearbeitet, den Virus zu isolieren.« Lucian drehte sich um und umklammerte das Lenkrad, bis seine Knöchel weiß wurden. »Wir hatten nie die erforderliche Ausrüstung ... Zugang zu den wichtigen medizinischen Fachzeitschriften.« Er sah zum Fenster hinaus. Auf der Straße donnerte ein Lastwagen vorbei.
    Kate schüttelte langsam den Kopf. »Aber du hast für die Strigoi gearbeitet ...«
    »Als ein ... wie sagt man in James-Bond-Filmen? Ein Doppelagent. Ein Maulwurf. Ein Betrüger, der beobachtete, was beobachtet werden mußte.«
    Kate sah ihn wieder blinzelnd an. »Du warst in den Vereinigten Staaten. Nicht mit deinen Eltern, sondern als Gast des Instituts von Vernor Deacon Trent.«
    Lucian nickte bei jedem ihrer Worte. »Und in Westdeutschland. Und einmal in Frankreich. Ich habe Botengänge für einige der mächtigeren Mitglieder der Familie erledigt. Die Strigoi haben mir als Boten vertraut. Sie haben mein Medizinstudium mit finanziert, damit ich mit ihnen an den Forschungen über das Substitut für Menschenblut arbeiten konnte, an dessen Entwicklung sie in Amerika und anderswo beteiligt waren.«
    Kate verschränkte die Arme und rückte von ihm weg. »Warum sollten sie dir trauen?«
    Er hörte auf zu sprechen und sah sie eine Zeitlang schweigend an. »Weil meine leiblichen Eltern Strigoi waren«, sagte er schließlich.
    »Aber du hast gesagt ...«
    Er nickte. »Ich bin kein Strigoi. Das stimmt. Vergessen Sie nicht, Kate, es ist eine ausgesprochen seltene doppelt rezessive Erscheinung. Die meisten der J-Virus-Positiven, die sich paaren, haben normale Kinder. Die Regression geht in neunundachtzig Prozent aller Fälle hin zur Norm. Andernfalls wäre die Welt übervölkert von Strigoi. Und wenn die Strigoi normale Kinder bekommen, dann machen sie das, was normale Eltern in Rumänien mit behinderten oder kranken oder mißgestalteten Kindern machen ...«
    »Sie setzen sie aus«, flüsterte Kate. Sie rieb sich die Schläfen. »Also haben deine Stiefeltern dich gefunden, adoptiert ...«
    »Nein«, sagte Lucian mit so leiser Stimme, daß sie ihn kaum hören konnte. »Ich wurde von jemandem aus dem Waisenhaus geholt und zu Mutter und Vater gebracht, der die Familie noch mehr haßt als Sie oder ich. Von jemandem, der beschlossen hatte, gegen sie vorzugehen. Ich habe fast mein ganzes Leben lang für diese Person und für unser gemeinsames Ziel gearbeitet, die Strigoi- Familie auszurotten.«
    »Wer ist er?« sagte Kate.
    Lucian schüttelte den Kopf. »Das ist das einzige, das ich Ihnen nicht sagen kann, Kate. Ich habe mein Ehrenwort gegeben, die Identität meines Mentors niemals preiszugeben.«
    »Aber es gibt keinen Orden des Drachen, richtig?« sagte Kate.
    Lucian lächelte. »Nur mich. Und die Person, die mich unterstützt.« Das Lächeln erlosch. »Und Mutter und Vater, bis die Strigoi sie getötet haben.«
    Kate sah ihn durchdringend an. »Warum haben sie dir immer noch vertraut, als sie das über deine Pflegeeltern herausgefunden hatten?«
    Lucian biß sich auf die Lippen. »Weil ich sie verpfiffen hatte. Das mußte ich. Es war nur noch eine Frage von Wochen, bis sie entdeckt worden wären. Wir ... ich mußte zu den Strigoi gehen, damit kein Verdacht auf mich fallen würde. In diesem Sommer waren die Einsätze so hoch, daß wir nicht riskieren konnten, alles in letzter Sekunde zu zerstören.«
    »Welche Einsätze?« fragte Kate. »Meinst du Joshua? Du hast mir geholfen, ihn zu adoptieren, und dann hast du den Strigoi geholfen, ihn wieder zu entführen.«
    Lucian schüttelte den Kopf. »Ich hatte gehofft, Sie würden das Geheimnis des Retrovirus finden, bevor sie euch aufspüren können. So war es ja auch.«
    Da verlor Kate die Beherrschung, warf sich über den Sitz auf ihn und schlug ihm mit den Fäusten auf die Brust. »Sie haben Tom und Julie getötet, du verlogener Dreckskerl! Sie haben sie getötet und mein Haus niedergebrannt und mein Baby entführt und ... gottverdammt!« Erst als sie mit den Fingern nach seinen Augen krallte, hielt er ihre Handgelenke fest.
    »Kate«, flüsterte er, »es mußte sein. So wie der Tod meiner Eltern sein mußte. Es steht einfach zuviel auf dem Spiel.«
    Sie riß sich von ihm los und warf sich gegen die Beifahrertür. »Was steht auf dem Spiel? Wovon redest du?«
    Lucian legte den Gang ein und fuhr wieder auf die verlassene

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