Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kinder der Stürme

Kinder der Stürme

Titel: Kinder der Stürme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George R.R. Martin
Vom Netzwerk:
anfordern?“
    „Den Landmännern wird es nicht gefallen“, sagte Tya, „aber vielleicht ist es an der Zeit, daß sie erkennen, daß sie uns nicht kontrollieren können. Viele meiner Einflüglerfreunde sehen das so wie ich. Die Landmänner haben zu viel Macht, besonders hier im Osten. Woher haben sie dieses Recht? Von Geburt? Die Herkunft entschied darüber, wer Flügel tragen durfte, aber das hat deine Versammlung geändert. Warum sollte nicht auch die Machtfrage geändert werden?
    Du darfst nicht vergessen, welche Machtbefugnisse ein Landmann hat, Maris. Im Westen ist das anders. Du hast über allem gestanden, wie die früheren Flieger. Aber für einen Einflügler sieht die Sache anders aus.
    Wir wachsen wie alle anderen Landgebundenen auf, ohne etwas Besonderes an uns zu haben. Selbst wenn wir unsere Flügel errungen haben, sind wir Untertanen der Landmänner. Sie müssen zwar den Flügeln Respekt zollen und uns als Ebenbürtige ansehen, aber diese Art von Respekt ist ein zerbrechliches Ding. In jedem Wettkampf können wir die Flügel verlieren und sind wieder ganz gewöhnliche Landgebundene.
    Im Osten, in den Embers, auf den meisten Inseln im Süden und auf einigen im Westen – wo immer die Landmänner die Macht innehaben, achten sie die Flieger, die die Flügel geerbt haben, mehr. Auch wenn sie es verbergen, sie verachten jene von uns, die hart dafür gearbeitet haben, ein Flügelpaar zu erringen. Sie behandeln uns nur oberflächlich wie Ihresgleichen. Sie versuchen unentwegt, uns zu kontrollieren, uns zu kaufen oder zu verkaufen, uns herumzukommandieren. Sie füttern uns mit Botschaften, als wären wir nicht mehr als ein paar dressierte Vögel. Was ich getan habe, wird sie aufrütteln und zwingen, nachzudenken. Wir sind nicht ihre Diener, und wir werden nicht mehr gehorsam Botschaften übermitteln, die wir verachten. Wir werden keine Todesurteile und Ultimaten, die Kriege auslösen, die unsere Familien, unsere Freunde und andere Unschuldige vernichten, überbringen!“
    „Du kannst dir die Nachrichten nicht einfach aussuchen“, unterbrach Maris. „Das kannst du nicht – der Bote ist nicht für den Inhalt seiner Mitteilung verantwortlich.“
    „Das haben sich die Flieger jahrhundertelang eingeredet“, sagte Tya. Ihre Augen funkelten vor Wut. „Selbstverständlich trägt der Bote Verantwortung! Ich habe einen Verstand, ein Herz und ein Bewußtsein. Ich kann nicht vorgeben, es nicht zu haben.“
    Plötzlich, wie eine kalte Dusche, kam Maris der Gedanke in den Sinn! ‚Damit habe ich nichts zu tun. 4 Sie war verbittert und wütend. Was mischte sie sich in Fliegergeschäfte ein? Sie war keine Fliegerin. Dann sah sie Evan an. „Wenn du fertig bist, sollten wir gehen.“
    Er legte eine Hand auf ihre Schulter und nickte. Dann sah er Tya an. „Es ist nur angebrochen“, sagte er. „Es wird gut heilen. Ruhe dich aus und tue nichts, wobei der Verband verrutschen könnte.“
    Tya grinste schief. Ihre gelben Zähne wurden sichtbar. „Wie zum Beispiel ein Fluchtversuch? So etwas habe ich nicht vor. Aber das solltest du auch dem Landmann sagen, damit seine Wachen mich nicht wieder mit ihren Keulen massieren.“
    Evan klopfte an die Tür, um den Wachen Bescheid zu geben. Sofort wurde das Geräusch des Zurückschiebens der Riegel hörbar.
    „Auf Wiedersehen, Maris“, rief Tya.
    Maris zögerte, bevor sie den Raum verließ. Dann wandte sie sich um. „Ich glaube nicht, daß der Landmann es wagt, dich zu verurteilen“, sagte sie ernst. „Er wird dich deinen Richtern überlassen. Aber ich glaube nicht, daß sie freundlich sein werden, Tya. Was du getan hast, ist zu gefährlich. Es betrifft zu viele Menschen – es betrifft jeden.“
    Tya starrte sie an. „Das gilt auch für das, was du getan hast, Maris. Aber die Welt braucht eine weitere Veränderung, glaube ich. Ich weiß, daß ich das Richtige getan habe, auch wenn ich verurteilt werde.“
    „Vielleicht braucht die Welt eine Veränderung“, sagte Maris nachdrücklich, „aber sollten wir sie auf diese Art verändern? Du hast lediglich Drohungen gegen Lügen ausgetauscht. Glaubst du wirklich, daß die Flieger als Ganzes klüger und edler sind als die Landmänner? Glaubst du, daß sie die Verantwortung dafür tragen sollten, welche Botschaften sie übermitteln, welche sie abändern und welche sie nicht weiterleiten?“
    Tya sah sie unbeweglich an. „Ich würde es wieder tun“, sagte sie.
    Der Gang durch die Tunnel erschien ihnen auf dem Rückweg wesentlich

Weitere Kostenlose Bücher