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Kinder der Stürme

Kinder der Stürme

Titel: Kinder der Stürme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George R.R. Martin
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setzen oder dir sagen, was du zu tun hast. Aber … wenn du später einmal darüber nachdenkst, falls du deine Meinung änderst, die Stelle wird immer für dich frei sein. Es ist deine Entscheidung. Ich werde die Sache nicht mehr erwähnen.“
    Am nächsten Tag standen Evan und Maris früh auf und verbrachten den Vormittag damit, einen kranken, alten mürrischen Mann in seiner einsamen Hütte im Wald aufzuheitern. Bari, die schon seit Sonnenaufgang spielte, lief hinter ihnen her, weil ihr Vater noch schlief. Ihr gelang es wesentlich besser, dem alten Mann ein Lächeln abzuringen, als den beiden anderen. Maris war unglücklich. Sie war deprimiert und selbst gesundheitlich nicht auf dem Posten, deshalb erregte sie die weinerliche Klage nur. Sie mußte den Wunsch unterdrücken, ihm die Meinung zu sagen.
    „Man hätte denken können, er stirbt, so wie er sich aufgeführt hat“, sagte Maris, als sie den Heimweg antraten.
    Die kleine Bari sah sie merkwürdig an. „Erstirbt“, sagte sie leise und sah Evan an, von dem sie Unterstützung erhoffte.
    Der Heiler nickte. „Das Kind hat recht“, sagte er mürrisch. „Die Anzeichen sind deutlich genug, Maris. Hast du alles vergessen, was ich dir beigebracht habe? Bari ist aufmerksamer als du, obwohl du nun schon Bescheid wissen müßtest. Ich bezweifle, daß er die nächsten drei Monate überlebt. Warum glaubst du wohl, habe ich ihm Tesis gegeben?“
    „Anzeichen?“ Maris war verwirrt und entsetzt. Mit Leichtigkeit konnte sie sich an alles erinnern, was Evan ihr gesagt hatte, aber die Anwendung des Wissens war etwas anderes. „Er klagte über Schmerzen in den Gliedern“, sagte sie. „Ich dachte – er ist alt, und alte Leute haben oft …“
    Evan stöhnte vor Ungeduld. „Bari“, sagte er, „woran hast du erkannt, daß er stirbt?“
    „Ich habe es an seinen Ellbogen und Knien gefühlt. Es war genau, wie du es mir gezeigt hast“, sagte sie eifrig, denn sie war stolz darauf zu zeigen, was sie von Evan gelernt hatte. „Sie waren verknorpelt und wurden steif. Auch unter seiner Haut war etwas. Und hinter seinem Backenbart. Und seine Haut fühlte sich kalt an. Hatte er Geschwülste?“
    „Geschwülste“, sagte Evan, sichtlich angetan. „Bei Kindern ist diese Krankheit heilbar, aber bei Erwachsenen niemals.“
    „Das … das habe ich nicht bemerkt“, sagte Maris.
    „Nein“, sagte Evan. „Das hast du nicht.“
    Sie gingen ohne zu reden nach Hause. Bari hüpfte fröhlich einher, während Maris sich außerordentlich müde fühlte.
    Ein vager Hauch von Frühling lag in der Luft.
    Maris lebte auf, während sie mit Evan durch die reine Luft des frühen Morgens ging. Am Ende der Reise erwartete sie die düstere Festung des Landmannes, aber die Sonne schien, die Luft war frisch, und eine Brise streichelte sie fast durch den Mantel, den sie trug. Rote, blaue und gelbe Blumen leuchteten wie Juwelen zwischen dem grau-grünen Moos und dem dunklen Waldboden am Wegesrand. Vögel flogen wie Funken am Himmel, flogen zwischen den Bäumen hindurch und sangen. Es war ein Tag, an dem man sich am Leben freute und jede Bewegung selbst Vergnügen bereitete.
    Evan ging schweigend neben ihr her. Maris wußte, daß ihn die Botschaft, die man ihnen gebracht hatte, beschäftigte. Sie waren vor Sonnenaufgang durch ein Klopfen an der Tür geweckt worden. Ein Läufer des Landmannes hatte völlig außer Atem mitgeteilt, daß der Heiler in der Festung gebraucht wurde. Er konnte nicht mehr sagen, denn mehr wußte er nicht. Aber jemand war verletzt und benötigte Hilfe.
    Evan dachte nur an sein warmes weiches Bett und hatte nicht die geringste Lust, irgendwohin zu gehen. Seine weißen Haare standen ab wie die gesträubten Federn eines Vogels.
    „Jeder weiß, daß der Landmann einen eigenen Heiler hat, der ihn, seine Familie und seine Diener betreut“, stellte er fest. „Warum kommt er mit diesem Notfall nicht zurecht?“
    Der Läufer, der offensichtlich nicht mehr wußte, als er gesagt hatte, sah verwirrt aus. „Reni, die Heilerin, wurde kürzlich eingesperrt, weil man sie des Verrates verdächtigte“, sagte er mit sanfter atemloser Stimme.
    Evan fluchte. „Verrat! Das ist Wahnsinn. Reni würde niemals -oh, hör auf, auf deine Lippe zu beißen, mein Junge. Wir, meine Assistentin und ich, kommen, um nach dem Verletzten zu sehen.“
    Nach kurzer Zeit erreichten sie das enge Tal und sahen die massive Steinfestung des Landmannes vor sich aufragen. Maris zog ihren Mantel, den sie offen getragen

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