Kinder der Stürme
Sänger zweifellos etwas Schönes daraus machen.“
„Ich will nicht sterben“, sagte sie sehr ruhig.
Sie ging auf Evan zu und legte die Hände auf seine Schultern. „Sieh mich an und hör mir zu“, sagte sie. Sie sah die Sorgen in seinen Augen und haßte sich, weil sie die Ursache dafür war.
„Liebling, du mußt mir glauben“, sagte sie. „Ich gehe zur Festung des Landmannes, weil das alles ist, was ich tun kann. Ich muß versuchen meinen Bruder und mich zu retten und den Landmann davon zu überzeugen, daß man mit Fliegern keine Spielchen treibt.
Mein Plan besteht darin, den Landmann zu einer unüberlegten Handlung zu zwingen, damit er schließlich aufgeben muß. Ich weiß, ich spiele ein gefährliches Spiel. Ich wußte, daß ich oder einer meiner Freunde sterben könnte. Aber dies ist kein ausgeklügelter Plan um meinen Tod edler erscheinen zu lassen.
Evan, ich möchte leben. Und ich liebe dich. Bitte zweifle nicht daran.“ Sie holte tief Luft. „Ich brauche deinen Glauben an mich. Ich habe deine Hilfe gebraucht und deine Liebe gleichermaßen.
Vielleicht tötet mich der Landmann, aber ich muß zu ihm gehen, ich muß es riskieren, um zu leben. Das ist die einzige Möglichkeit. Ich muß es für Coll und Bari, für Tya und die Flieger und für mich tun. Ich muß es tun, um mir zu beweisen, daß ich zu etwas gut bin. Daß ich nicht grundlos gelebt habe. Verstehst du das?“
Evan sah sie an und betrachtete ihr Gesicht. Dann nickte er schließlich. „Ja, das verstehe ich. Ich glaube dir.“
Maris wandte sich um. „S’Rella?“
Die andere Frau hatte Tränen in den Augen, aber sie lächelte. „Ich habe Angst um dich. Aber du hast recht. Du mußt gehen. Und ich bete, daß du Erfolg hast, für dich und für uns alle. Ich möchte nicht, daß wir siegen, wenn es deinen Tod bedeutet.“
„Da ist noch etwas“, sagte Evan.
„Ja?“
„Ich werde dich begleiten.“
Sie trugen beide Schwarz.
Sie waren nicht einmal zehn Minuten unterwegs, als sie eine von Evans Freunden trafen. Das kleine Mädchen rannte atemlos die Straße von Thossi hinauf, um sie vor einem halben Dutzend Landwachen zu warnen.
Eine halbe Stunde später stießen sie auf die Landwachen. Es war eine kleine Gruppe, die mit Keulen und Bogen bewaffnet war. Alle trugen Uniformen, die vom langen anstrengenden Marsch verschwitzt waren. Sie zollten Maris und Evan Respekt und schienen nicht im geringsten überrascht, die beiden auf der Straße zu treffen. „Wir sollen euch zur Festung des Landmannes geleiten“, sagte eine junge Frau in befehlsmäßigem Ton.
„Gut“, sagte Maris. Sie legte einen flotten Schritt vor.
Eine Stunde bevor sie das abgeschlossene Tal des Landmannes erreichten, sah Maris zum ersten mal die schwarzen Flieger. Aus der Ferne glichen sie einem Schwärm Insekten, dunkle Punkte die sich am Himmel bewegten. Aber sie flogen langsamer, als es Insekten möglich gewesen wäre. Von dem Moment an, da Maris sie zum erstenmal wahrnahm, beobachtete sie eine ständige Bewegung am Horizont. Sobald ein Flieger hinter einem Baum oder einer Felsspitze verschwand, erschien ein anderer an seiner Stelle. Eine nie endende Prozession. Maris wußte, daß sich die Schar der Flieger viele Meilen hinter Port Thayos traf und sich über der Festung des Landmannes und dem Meer zu einem großen Kreis formierte.
„Sieh nur“, sagte sie zu Evan und deutete hinauf. Er blickte hinauf, lächelte sie an und hielt ihre Hand fest. Irgendwie hatte der bloße Anblick der Flieger Maris aufgeheitert und ihr Stärke und Sicherheit gegeben. Während sie ihren Weg fortsetzten, nahmen die dunklen Punkte ständig neue Formen und Figurationen an. Dann sah sie den Silberglanz des Sonnenlichts auf ihren Flügeln, während die Flieger versuchten, den richtigen Wind zu finden.
An der Stelle, wo der Weg von Thossi auf die breite Straße nach Port Thayos traf, flogen die Flieger direkt über ihren Köpfen hinweg und blieben den restlichen Teil der Reise über den Wanderern. Maris konnte die Flieger deutlich erkennen, einige blieben weiter oben, wo der Wind kräftig war, aber die meisten ließen sich dicht über den Baumwipfeln treiben. Ihre silbernen Flügel und ihre schwarze Kleidung hoben sich deutlich voneinander ab. Unaufhörlich überflogen die Flieger Maris, Evan und ihre Begleiter. Die Schatten ihrer Flügel strichen gleichmäßig über sie hinweg, wie die Wellen gegen den Strand schlagen.
Maris bemerkte, daß die Landwachen niemals zu den Fliegern
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