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Kinder der Stürme

Kinder der Stürme

Titel: Kinder der Stürme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George R.R. Martin
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aus.
    Paarweise flogen sie in die Morgensonne und kämpften gegen die bleierne Luft. Die Stille war gebrochen, aber die Winde waren immer noch träge und unbeständig.
    Die Flieger trugen ihre eigenen Flügel. Die Herausforderer trugen Flügel, die ihnen von den Richtern, Freunden oder Zuschauern zur Verfügung gestellt wurden. Der Kurs führte sie zu einer kleinen felsigen Insel namens Lisle, wo sie landen und ein Zeichen des wartenden Landmannes entgegennehmen mußten, bevor sie sich auf den Rückflug machen konnten. Unter normalen Bedingungen hätte der Flug etwa drei Stunden gedauert, aber Maris befürchtete bei diesem Wetter die doppelte Zeit.
    Die Holzflügler und ihre Gegner flogen in der Reihenfolge, in der sie die Herausforderung ausgesprochen hatten. Sher und Leya kamen gut weg. Damen hatte einige Probleme. Während sie über dem Ozean kreisten und auf das Startzeichen warteten, beschimpfte ihn Arak und flog gefährlich dicht an ihn heran. Selbst aus der Entfernung glaubte Maris, Damen zittern zu sehen.
    Kerr ging es noch schlechter. Er verpfuschte seinen Absprung völlig, schien von der Klippe zu stolpern, und aus der Tiefe erscholl ein Schrei, als er auf den Strand zustürzte. Endlich gewann er wieder die« Kontrolle und schraubte sich hinauf, aber als er weit draußen über dem Meer dahinsegelte, hatte sein Gegner schon einen gewaltigen Vorsprung.
    Corm war zuversichtlich und lächelte, während er sich auf das Rennen mit Val vorbereitete. Er machte Witze und flirtete mit zwei landgebundenen Mädchen, die ihm halfen, die Flügel zu öffnen. Er hielt einen Dialog mit den Zuschauern und winkte Shalli zu. Selbst Maris schenkte er ein grimmiges Lächeln. Aber vor dem Start sprach er nicht ein einziges Mal mit Val. Nur eine Bemerkung konnte er sich nicht verkneifen: „Das ist für Ari“, rief er mit finsterer Stimme. Dann lief er an, und der Wind fing ihn auf. Val sagte nichts. Gemächlich entfaltete er seine Flügel, sprang seelenruhig von der Klippe, stieg auf und umkreiste Corm. Die Ausruferin brüllte das Startkommando, und beide brachen in entgegengesetzte Richtung auf. Beiden gelang eine blitzsaubere Wende. Die Schatten ihrer Flügel huschten über die nach oben gerichteten Gesichter der Kinder am Strand. Als sie beinahe außer Sichtweite waren, lag Corm nur eine Flügelweite vorn.
    Zuletzt waren S’Rella und Garth an der Reihe. Maris stand mit Sena in der Nähe der Richter und konnte auf die Fliegerklippe hinabsehen. Während sie die beiden beobachtete, fühlte sie sich todunglücklich. Garth war bedrückt und blaß. Aus der Entfernung sah er zu gedrungen und unbeholfen aus, um auch nur die leiseste Chance gegen die junge schlanke Herausforderin zu haben. Aber beide legten bedächtig die letzten Griffe an. Nur ein- oder zweimal sagte Garth etwas zu seiner Schwester. S’Rella sprach überhaupt nicht. Der Start war bei beiden nicht gut. Aufgrund seines Gewichts hatte Garth einige Schwierigkeiten mit der trägen Luft, S’Rella lag vorn, aber als sie den Horizont erreichten und verschwanden, hatte er sie eingeholt.
    „Ich weiß, daß du deinen Holzflüglern helfen willst, aber konntest du diesen Verrat an einem Freund nicht verhindern?“
    Dorreis Stimme klang täuschend ruhig. Betrübt wandte sich Maris um und starrte ihn an. Seit der Nacht am Strand hatte sie nicht mit ihm gesprochen.
    „Ich habe das nicht gewollt, Dorr“, sagte sie, „aber vielleicht ist es so das beste. Wir wissen beide, daß er krank ist.“
    „Ja, krank“, gab er bissig zurück. „Aber ich wollte ihn schützen. Wenn er verliert, wird es ihn umbringen.“
    „Es wird ihn das Leben kosten, wenn er gewinnt.“
    „Ich glaube, das würde er bevorzugen. Aber wenn das Mädchen ihm die Flügel nimmt … er mochte sie, hast du das gewußt? In der Nacht, nachdem Val die Party in der Hütte gestört hat, sprach er von ihr, wie nett sie sei.“
    Maris selbst war traurig und wütend über S’Rellas Wahl, aber Dorrels kalte Wut lenkte ihre Gefühle in eine andere Richtung.
    „S’Rella hat keinen Fehler begangen“, sagte sie. „Ihre Herausforderung war absolut in Ordnung. Und Val hat die Party nicht ruiniert, wie du sagst. Wie kannst du so etwas sagen: Es waren die Flieger, die ihn angriffen und hinausgingen.“
    „Ich verstehe dich nicht“, sagte Dorrel ruhig. „Ich wollte nicht glauben, wie sehr du dich verändert hast, aber es stimmt, die anderen haben recht. Du hast dich gegen uns gestellt. Du ziehst die Gesellschaft der

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