Kinder der Stürme
Flügelspannweiten zurück. Als sie in Sichtweite des Strandes war, schien sie zu schwanken. Garth begann herabzugleiten und flog dicht vor ihr her. Die Luftturbulenzen, die dabei entstanden, schienen sie zu schütteln. Für einen Moment wippten ihre Flügel, bevor sie wieder Halt erlangte. Ihre Unsicherheit gab ihm Gelegenheit, seinen Vorsprung zu vergrößern.
Er glitt drei Flügelspannweiten vor ihr über den Strand. Die Steine fielen in die Schachteln. Maris sah nach dem Ergebnis. Es war ein Kopf-an-Kopf-Rennen gewesen, ausgeglichea und spannend. Vielleicht gaben die Richter ein Unentschieden.
Einer entschied so, aber nur einer. Maris zählte. Fünf weiße Steine für Garth, ein einsamer schwarzer für S’Rella.
„Laß uns hinuntergehen“, schlug Maris Sena vor.
„Kerr ist noch nicht eingetroffen“, antwortete die Lehrerin.
Maris hatte Kerr beinahe vergessen. „Oh, ich hoffe, ihm ist nichts passiert.“
„Ich hätte ihn nicht anmelden dürfen“, maulte Sena. „Verfluchtes Eisen seiner Eltern.“
Sie warteten fünf Minuten, zehn, fünfzehn. Sher, Leya und ein äußerst niedergeschlagener Damen schlössen sich ihnen an. Weitere Flügel tauchten am Horizont auf, aber keine gehörten Kerr. Maris begann sich ernstlich um ihn zu sorgen.
Aber schließlich traf auch er ein. Als letzter der am Morgen gestarteten Flieger. Außerdem kam er aus der falschen Richtung. Er sei abgetrieben worden, erklärte er, und über Skulny hinausgeschossen. In dieser Beziehung stellte er sich sehr dumm an.
Zu diesem Zeitpunkt lagen schon zehn weiße Steine gegen ihn in seiner Schachtel.
Unten am Strand brachen die Landgebundenen auf, um etwas zu essen oder zu trinken oder um Schatten zu suchen. Die Flieger bereiteten sich auf die Nachmittagsspiele vor. Sena schüttelte den Kopf. „Kommt“, sagte sie und legte einen Arm um Ken*. „Laßt uns die anderen suchen und etwas essen.“
Der Nachmittag ging schnell vorüber. Einige der Holzflügler sahen den Spielen der Flieger zu. Ein Flieger der Äußeren Inseln und zwei von Shotan gewannen die Einzelpreise, der Westen gewann die Medaillen als Team, während die anderen sich ausruhten, unterhielten oder spielten. Damen hatte ein Geechispiel mitgebracht, er und Sher verbrachten Stunden darüber gebeugt. Beide versuchten ihren verlorenen Stolz wiederzugewinnen.
Am Abend fanden Parties statt. Die Holzflügler hatten eine eigene kleine Party vor Senas Hütte, ein halbherziger Versuch, die betrübten Geister aufzumuntern. Leya spielte Flöte, Kerr erzählte Geschichten vom Meer, und alle tranken aus den Weinschläuchen, die Maris gekauft hatte. Val war in gewohnter Stimmung, kühl und distanziert und unverwundbar, aber alle anderen blieben niedergeschlagen.
„Niemand ist gestorben“, sagte Sena schließlich auf ihre unwirsche Art. „Wenn ihr ein Auge verliert oder euch ein Bein brecht wie ich, dann habt ihr das Recht, mürrisch zu sein. Aber dazu besteht jetzt kein Grund. Haut ab, bevor ihr mich wütend macht.“ Sie drohte ihnen mit dem Stock. „Geht jetzt. Ab ins Bett. Wir haben noch zwei Wettkampftage vor uns, und ihr alle könnt eure Flügel gewinnen, wenn ihr gut genug fliegt. Morgen erwarte ich mehr von euch.“
Maris und S’Rella gingen eine Weile am Strand entlang. Sie unterhielten sich und lauschten dem langsamen unaufhörlichen Rauschen des Meeres, bevor sie sich ihrer Hütte zuwandten. „Bist du wütend auf mich, weil ich Garth herausgefordert habe?“ fragte S’Rella ruhig.
„Ich war es“, antwortete Maris leise. Sie hatte nicht den Mut, über ihren Streit mit Dorrel zu sprechen. „Wahrscheinlich hatte ich dazu kein Recht. Wenn du ihn besiegst, hast du das Recht, seine Flügel zu tragen. Ich bin nicht mehr wütend.“
„Das freut mich“, sagte S’Rella. „Ich hatte auch Wut auf dich, aber die ist jetzt verflogen. Es tut mir leid.“
Maris legte einen Arm um ihre Schulter. Einen Moment gingen sie schweigend, dann sagte S’Rella: „Ich habe verloren, nicht wahr?“
„Nein“, sagte Maris. „Du kannst noch gewinnen. Du hast gehört, was Sena sagte.“
„Ja, schon“, erwiderte S’Rella, „aber morgen werden sie die Haltung beurteilen, und das war immer mein schwacher Punkt. Selbst wenn ich bei den Toren gewinne, werde ich so weit zurückliegen, daß ich den Vorsprung nicht einholen kann.“
„Pst“, sagte Maris. „So etwas darfst du nicht sagen. Flieg nur so gut, wie du kannst, und überlasse alles andere den Richtern. Das ist alles, was
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