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Kinder der Stürme

Kinder der Stürme

Titel: Kinder der Stürme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George R.R. Martin
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Familie heraus. Nachdem sie gelandet waren, zählte Maris achtzehn weiße Steine in der Schachtel. Acht neue waren zu denen hinzugekommen, die Lane am Vortag gewonnen hatte.
    Sher war der erste Holzflügler, der sein Glück versuchen durfte. Er zeigte eine gute Leistung. Einen sauberen Start, der bis auf ein leichtes Schwanken fehlerfrei war. Ihm folgte eine durchschnittlich vorgetragene Reihe von Wenden, Kreisen und Sturzflügen und Aufstiegen, alles reibungslos vorgeführt. Verglichen mit der Schwerfälligkeit seines Gegners, schien sich Sher geschmeidig in der Luft zu bewegen. Maris hätte Sher alle Punkte gegeben, wenn sie zu entscheiden gehabt hätte, aber als sie nachschaute, bemerkte sie, daß die Richter den Holzflügler viel kritischer beurteilt hatten. Zwei hatten dem Flieger den Sieg zugeschrieben, zwei unentschieden gewählt, und nur einer hatte für Sher votiert, der nun drei zu elf Steine zurücklag.
    Sena seufzte, als Maris ihr das Ergebnis mitteilte. „Ich habe mich damit abgefunden, aber ich habe diese Kunststücke immer gehaßt. Vielleicht versuche^ die Richter gerecht zu entscheiden, aber trotzdem schleicht sich Parteilichkeit ein. Wir können nichts dagegen tun, es sei denn, unsere Holzflügler fliegen so gut, daß man ihnen den Sieg eindeutig zusprechen muß.“
    Leya war als nächste an der Reihe. Sie flog die gleiche Grundübung, jedoch mit weniger Glück. Während des Rennens drehte der Wind und raubte ihr den anmutigen Fluß der Bewegung, den Maris oft bei ihr gesehen hatte. Statt dessen erschien ihre Flugübung recht abgehackt. Wiederholt wurde sie von Windböen auf die Seite geworfen, die ihre sauber ausgeführten Wenden zunichte machten. Auch ihr Konkurrent hatte einige Schwierigkeiten, jedoch weit weniger als sie. Vier Richter gaben ihm ihre Steine, nur einer wählte unentschieden. So lag Leya zehn zu eins zurück.
    Damen war ehrgeiziger als alle anderen. Als Arak ihn heute beschimpft hatte, hatte er es ihm mit gleicher Münze zurückgezahlt, was selbst bei Maris ein leises Lächeln hervorgerufen hatte. Er begann mit einer leidlichen Imitation des spektakulären Herabschießen-auf-den-Strand, das der Flieger Lane vorgeführt hatte. Arak versuchte ihn auszustechen, indem er so dicht an Damen heranfliegen wollte, daß dieser gezwungen war, seinen Gleitflug auf linkische Weise zu unterbrechen, aber Damen wandte sich mit einer geschickten Seitenwendung ab und verschwand in den Wolken, wobei er den älteren Flieger abhängte. Einer der Richter, jener von den Äußeren Inseln, schimpfte über Araks Taktik, aber die anderen zuckten nur mit den Schultern. „Was er auch sonst sein mag, er ist trotzdem der bessere Flieger“, beharrte die Richterin aus dem Osten. „Beachtet, wie eng seine Wenden sind. Der Junge ist mutig, aber zu nachlässig.“ Maris mußte zugeben, daß sie recht hatte. Gewohnheitsmäßig zog Damen weite Bogen, besonders bei Wenden mit Rückenwind.
    Als sie die Punkte verteilten, votierten vier Richter für Arak. Nur der Richter von den Äußeren Inseln gab Damen einen Punkt.
    “ Jon von Culhall, Kerr der Holzflügler!“ rief die Ausruferin. Der Wind war böig, und Kerr wirkte so plump und ungeschickt wie immer.
    Nach ein paar Minuten sah Sena Maris an. „Selbst mit einem Auge tut es weh, das zu beobachten“, sagte sie.
    Jon von Culhall konnte weitere acht Steine für sich verbuchen, und Maris empfand Mitleid für Kerr.
    „Corm von Klein Amberly“, kündigte die Ausruferin an, „Val Einflügler, Val von Süd Arren!“
    Mit umgeschnallten, aber gefalteten Flügeln traten sie auf der Fliegerklippe in den Sichtbereich der Zuschauer, durch die sich eine Welle der Erregung fortpflanzte, wie Maris fühlen konnte. Den ganzen Strand entlang kam Bewegung in die Leute, und selbst die Landwache und einige Diener, die in der Nähe des Landmannes standen, kamen näher, um sich das Schauspiel anzusehen.
    Heute lachte Corm nicht, und er machte auch keine Spaße. Er stand genauso schweigsam da wie Val. Während seine Flügel von anderen entfaltet und gesichert wurden, spielte der Wind in seinem dunklen Haar. Val schickte die ihm zu Hilfe eilenden wie gewöhnlich mit einer Handbewegung zurück.
    „Corm kann ziemlich elegant sein“, warnte Maris Sena. „Heute könnte Val Schwierigkeiten bekommen.“
    „Stimmt“, gab ihr Sena recht, wobei sie einen Seitenblick auf Shallis Platz unter den Richtern warf.
    Die Menge wurde langsam ungeduldig; noch immer waren die beiden Flieger nicht

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