Kinder des Donners
hat.«
Ellen ließ sich auf den Stuhl vor der Anlage fallen und
rief das Telefonverzeichnis ab. Alle warteten schwei- gend, bis sie sagte: »Tut mir leid. Keine Higgins, Mari-
an. Weder in der einen noch der anderen Schreibweise.«
»Kein Grund zur Sorge!« fiel Bernie ein. »Wenn du ...«
»Ich weiß!« — mit plötzlich aufwallendem Ärger
drehte sie sich zu ihm um.
»Was?«
»Was du sagen wolltest!«
»Und das wäre?«
»Daß man sich den Zugriff auf überholte Verzeichnis- se verschaffen kann. Wenn sie jemals im Gebiet von London ein Telefon auf ihren Namen angemeldet hatte, auch wenn sie nur als Higgins, M. eingetragen war,
würde die Zentrale trotzdem wissen, daß sie Marian heißt. Wenn sie irgendwohin verzogen ist, dann gibt es
immer noch die Einrichtung für eine Kontaktaufnahme
im Notfall, zum Beispiel wenn beim Verdacht einer
schweren Erkrankung Verwandte mit ihr Verbindung aufnehmen möchten. War es das nicht, was du erklären wolltest?«
Bernie erstarrte für einen Moment voller Unbehagen, halb sitzend, halb stehend. Schließlich gab er sich mit
einem Brummen geschlagen.
»Weiter so, Lady! Du hast das Zeug zum Hacker. Hast du das Suchprogramm selbst zusammengestellt?«
»Nein, das habe ich mir nicht angetan. Ich habe mich Schritt für Schritt hingearbeitet. Ich habe zur Zeit abends nicht viel zu tun.«
Was stimmte, wie Peter betrübt bestätigen mußte. Selbst jene jugendlichen Verehrer, die noch vor ein paar Wochen einen überaus begeisterten Eindruck gemacht hatten, hatten sich von ihr abgewandt. Die — Infektion? Ja! Die Infektion mit dem, was neuerdings Throwerismus genannt wurde, hatte so tiefgreifend und schnell zuge- schlagen wie das Skalpell eines Chirurgen, das beim Entfernen eines Geschwürs einen Strom vom Eiter aus- löst. Selbst die »netten« Kinder, die nach der Schule bei Jeannette zum Hausaufgabenmachen zusammenka- men, hatten die verhärtete Intoleranz ihrer Eltern über-
nommen. Wenn Ellen nicht dreimal in der Woche den Job als Reinemachfrau gehabt hätte ...
Überwältigt von unguten Gefühlen, war er kurz da- vor, sich öffentlich anzuprangern, weil er seine Tochter vernachlässigt hatte, da rief sie aus: »Ich hab's!«
Gerade noch rechtzeitig ...
Sie alle drängten sich um das Gerät und starrten dar-
auf. Da stand es:
Higgins, Marian Martha, weiblich, britische Staatsbürgerin, wohnberechtigt. Familienstand:
ledig. Geburtsort: Huyton, Lancs. Eltern: Hig- gins, William Brian; Higgins, Karen, geb. Thwai- tes. Alter: 73 Jahre. Beruf: Krankenschwester (i. R.) NPC-Vermerk: ...
»Sie hatte einen NPC-Vermerk?« rief Peter aus. »Das kann ich nicht glauben!«
Claudia stieß ihn an, während die Schrift auf dem Bildschirm weiterlief.
... Verdacht der Beteiligung an ungenehmigter/n Abtreibung/en. Unbestätigt. Letzter bekannter Wohnsitz ...«
»Den brauchen wir!« knirschte Peter, doch Ellen war längst weiter und hatte die Daten bereits in den Direkt-
speicher übertragen, den Bildschirm gelöscht und be- fohlen, daß die Adresse ausgedruckt wurde.
»Du hast wirklich das Zeug zum Hacker!« bemerkte
Bernie anerkennend. »Peter, hört sich das alles so an, als könnte es sich um die richtige Person handeln?«
»Absolut«, brummte Peter, als er den Ausdruck über- flog. »Es gibt nur ein Problem.«
»Welches?
»Zufällig erkenne ich diese Adresse. Es ist eine von denen ...«
»Sag nichts!« — von Claudia. »Eine von denen, die du während deiner Arbeit für Continuum besucht hast?«
»Ja, verdammt!«
»Na und?«
»Es ist ein Heim für Leute, die an der Alzheimer
Krankheit leiden. Wenn es so um sie steht, haben wir wenig Aussicht, irgendwelche Informationen von Schwester Higgins zu erfahren.«
»Vielleicht gehört sie zur Belegschaft...«
»Mit dreiundsiebzig?«
»Okay. >Sechs unmögliche Dinge vor dem Früh- stück .. .< Aber ich werde der Sache trotzdem nachge-
hen. Ich wünschte nur, das wäre dir früher eingefallen!«
Peter bäumte sich auf, bereit, ihr die Schuld an sei- nem Versäumnis in die Schuhe zu schieben. Und wieder
mal intervenierte Ellen gerade noch im richtigen Augen-
blick, indem sie den Rest des selbstgemachten Biers an- bot, worauf sich die Atmosphäre entspannte.
Nachdem die anderen gegangen waren, hatte Peter sei- ne Fassung so weit wiedergefunden, daß er an Ellens Tür klopfte und auf ihre Aufforderung hin eintrat. Sie
erhob sich schläfrig von ihrem Kopfkissen und blickte ihn fragend an.
»Es tut mir leid«, flüsterte er und strich
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