Kinder des Donners
ihr mit den Fingern über die Wange. »Ich bin zur Zeit in einer schlechten Phase.«
»Oh, das weiß ich«, lautete die Antwort. »Aber ich tue alles, um es dir ein bißchen leichter zu machen, oder nicht?«
»Doch.«
»Dann ist ja alles gut. Gute Nacht... He, einen Mo- ment mal!«
Er hatte sich bereits der Tür zugewandt. Fragend blickte er sich um.
»Hast du gehört, was Bernie gesagt hat? Ich hab' das Zeug zum Hacker!«
»Ja, natürlich.«
»Was hältst du davon?«
Peter zögerte. War es gut oder schlecht, in dieser seit-
samen und sich ständig verändernden Welt Hacker zu sein? Er beschloß, daß gut überwog.
»Ich bin sicher, daß er es als Kompliment gemeint hat. Und außerdem glaube ich, daß er vollkommen recht hat.«
»Ich hatte gehofft, daß du das sagen würdest. Gute Nacht ...«
Ihre Worte verebbten in einem Seufzen, und bevor er
die Tür geschlossen hatte, war sie wieder eingeschlafen.
Mit dem Hereinbrechen des Herbstes wurde der Nebel
jede Nacht dichter, wenn er vom stehenden, verdreck- ten Fluß aufstieg. Die älteren Leute, die zu Hause einge- schlossen waren und nur ihr Fernsehgerät als Gesell- schaft hatten, überließen die ansonsten verlassene Stadt Jugendlichen wie Terry Owens und seinen Kameraden — von denen allerdings keiner an Terry heranreichte —, die ihre Thrower-Bänder stolz zur Schau trugen. Einige von ihnen hatten sich in einem Anflug von patrioti- schem Wahn die Stirn mit dem Union Jack tätowieren lassen. Rio hatte erwogen, das ebenfalls zu tun, doch
Terry hatte es ihm ausgeredet.
Folglich verbarrikadierten sich farbige Familien am Abend aus Angst vor Pflastersteinen und Brandbom-
ben, die ihnen ins Wohnzimmer geschleudert werden könnten; indische und pakistanische Ladenbesitzer er-
setzten ihre Schaufenster durch Panzerglas — falls sie
sich das leisten konnten und falls sie jemanden fanden, der ihnen so etwas verkaufte; sonst vernieteten sie sie mit Wellblech; und die Betreiber von chinesischen Schnellimbißbuden installierten Videokameras mit
Selbstauslösern, die alle zehn Sekunden Bilder auf ei- nem Recorder hinter einer dicken Mauer wiederga- ben.
Nicht, daß die Polizei ein Gramm Hundescheiße für solche Beweismittel gegeben hätte. Doch es gab jetzt ei- ne Bruderschaft, die gelernt hatte, die Europäer ausein- anderzuhalten, und gelegentlich traute sich sogar die feige BBC zu erwähnen — oder zumindest einen vagen
Hinweis darauf zu geben —, daß die chinesische Ge- meinde neuerdings ihre Verwandten auf dem Festland bewunderte und nicht mehr so sehr ihre Familien in oder aus Hongkong. Und was ihr Urteil über ihre frühe-
ren Hoheitsherren betraf, die ihre Heimat so billig ver- kauft hatten ...!
Darüber hinaus verschafften sich die brodelnden Kleinkriege des Subkontinents in den meisten engli-
schen Städten ein Ventil. Sikhs und Tamilen und Benga- len und Pakistanis und Mitglieder anderer Gruppierun-
gen, die bisher nur Eingeweihten bekannt gewesen wa-
ren, trugen erbitterte Feindseligkeiten in dieses fremde Land und brachten Leid über jeden, der ihnen zufällig in den Weg geriet.
Was die Zyprioten betraf, ob griechisch oder türkisch, so verging kaum ein Tag ohne einen weiteren Mord, es
sei denn, sie verbündeten sich vorübergehend gegen die Briten, wenn diese einzuschreiten versuchten. Die Poli- zei hatte sie inzwischen als verloren aufgegeben, da sie
sich in den schwarzen Vierteln der meisten postindu- striellen Städte eingenistet hatten.
Dies also war der Hintergrund, vor dem sich die An- kunft des grauen Rolls-Royce in Terrys Hoheitsgebiet
abspielte.
Als er vom Auftauchen der leisen Luxuskarosse, so grau und schwebend wie der Nebel, durch den sie glitt,
hörte, war seine Reaktion zunächst voller Geringschät- zung.
»Was meinste, Wichser? Warum fährt einer mit 'nem Roller durch die Straßen hier?«
Rio stellte eine Vermutung an. »Is' vielleicht hinter 'ner Möse her?«
»Scheiße! Wer sich 'nen Roller leisten kann, der kann sich auch was anderes zum Bumsen leisten!«
»Manche sagen«, warf Taff ein, »daß es Großkotze gibt, die bloß von richtig dreckigen Ludern aufgegeilt
werden.«
»Ha!« rief Terry. »Wußte gar nicht, daß du 'n Psycho- loge bist!«
Daraufhin wurde Taff rot und wandte sich ab. Kurze
Zeit sonnte sich Terry in der Macht, mit der er diese äl- teren, kräftigeren jungen beherrschte.
Dann sagte Barney hartnäckig: »Es gefällt mir nicht, Terry!«
»Wer sagt, daß es dir gefallen muß?«
»Es gefällt mir
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