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Kinder des Donners

Kinder des Donners

Titel: Kinder des Donners Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Brunner
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Dienstmädchen.
    Er blieb eine lange Zeit, die wie eine Ewigkeit anmu- tete, verschwunden und bemühte sich krampfhaft, sich eine glaubhafte Begründung für ihren Besuch einfallen zu lassen; ohne Erfolg. Als er schließlich nicht mehr wagte, sich noch länger zu verbergen, begab er sich dü- steren Gemüts zurück zu der Gesellschaft — und ent- deckte, daß die geforderte Geschichte während seiner Abwesenheit bereits erfunden worden war. Er wußte es
in dem Moment, als sich GianMarco erhob, seine Hand ergriff und in der langsamen und wohlartikulierten Sprechweise eines Menschen, der glaubt, es mit einem
Einfaltspinsel zu tun zu haben, seiner Hoffnung Aus- druck gab, daß seine malattia nicht allzu schlimm sein möge.
    Was war geschehen? Warum lächelten alle — Renato und seine Frau, Fabio, ja sogar Harry?
    Er war ausgetrickst worden. Zum ersten Mal war er auf einen Ebenbürtigen gestoßen, nein, er hatte seinen Meister gefunden. GianMarco war tatsächlich einer von seinem Schlag, und aus welchem Grund auch immer
beherrschte oder begriff er seine Macht besser.
    »So, jetzt müssen wir uns aber auf den Weg machen!« sagte Harry herzlich. »Sofern es dir wieder besser geht,
mein Sohn!«
    Mein Gott, wie ich ihn hasse, wenn er mich >Sohn< nennt!
    Doch David zwang sich zu einem Lächeln und stam- melte in seinem dürftigen Italienisch ein paar Worte des Dankes. Sie waren so wirkungsvoll, daß GianMarcos
Mutter Constanza ihn umarmte und auf beide Wangen küßte.
    Und bevor er richtig wußte, wie ihm geschah, saßen sie beide wieder im Alfa und er hielt auf dem Schoß ei- nen Beutel mit Flaschen voller Wein, der auf den Tesso- larischen Gut erzeugt worden war.
    »Ein bemerkenswerter Junge, dieser GianMarco«, sagte Harry, während er geschickt die Buckel und Schlaglöcher auf dem Weg zur autostrada umfuhr, die sie dann nach Foggia und zum Flughafen führen würde.
»Dabei muß ich sagen, daß du ebenfalls äußerst bemer-
kenswert bist.«
    Was? Mit einemmal war David voller Aufmerksam- keit. Und Harry fuhr fort:
    »Ich wäre nie auf die Idee gekommen, Wein aus ga-
rantiert chemikalienfreiem Anbau zu importieren! Aber das wird ganz bestimmt ein Renner, was? Ich wünschte nur, du hättest mich zuvor in deine Pläne eingeweiht.
Ich hatte buchstäblich keine Ahnung, was in deinem Kopf vorging, bis GianMarco es aussprach. Nächstes- mal tu mir bitte den Gefallen und denke daran, daß dein alter Herr nicht deine Gedanken lesen kann!«
    Er deutete mit einer Armbewegung über die Weingär- ten und Olivenhaine ringsum.
    »Das ist zwar nicht ganz meine übliche Branche, aber
    bei den Beziehungen, die ich habe, ganz zu schweigen von dem anzulegenden Kapital, gebe ich der Sache die besten Chancen. Ja, ich verspreche mir wirklich ein gro- ßes Geschäft davon ... Geht es dir besser?«
    »Offengestanden, nein«, preßte David zwischen den Zähnen hervor.
    »Dann werde ich jetzt nicht mehr so rasen. Wir brau-
chen ja nicht unbedingt heute abend noch nach Haus zu
fliegen. Ich rufe die Fluggesellschaft an und buche unse- ren Flug auf morgen früh um. Sieh mal, da ist ein Schild Albergo. Ich schätze, daß es keine Luxusunterkunft sein wird, aber wenn wenigstens die Betten sauber sind und man das Essen verträgt...«
    David gab ein Stöhnen von sich, bei dem Harry ein besorgtes Gesicht machte.
    »Vielleicht sollte ich die Leute bitten, einen Arzt zu rufen ...«
    »Nein, nein!« Der Junge zwang sich zur Ruhe. »Mor- gen früh bin ich wieder okay. Aber... verdammter wi-
derlicher Flugzeugfraß!«
    »Es tut mir leid.« Harry hörte sich bekümmert an.
»Früher war es in der ersten Klasse ganz gut. Heutzuta- ge jedoch, bei all den vielen Chemikalien, die große landwirtschaftliche Flächen verseucht haben ... Näch- stesmal nehmen wir uns ein Lunchpaket mit, was?«
    Er versetzte seinem >Sohn< einen Klaps auf die Schul- ter und bog von der Straße ab, um unter einer roten Ne- onschrift anzuhalten.
    Mit einem väterlichen Gehabe wie noch nie zuvor, so- weit David sich erinnern konnte, führte Harry ihn ins Hotel und sicherte ihnen mit einem Mischmasch aus verballhorntem Spanisch, dunkel erinnerten französi- schen Brocken und wilden Gesten ein Doppelzimmer mit Bad und Toilette. Er bestand darauf, daß David so- fort ins Bett ging, und bestellte ein schlichtes, leicht ver- dauliches Essen: gekochte Nudeln mit Rührei anstatt
    Sauce. Als David es sah, war er überzeugt, daß es ihn zum Speien bringen würde, doch für dieses eine Mal ließ er

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