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Kinder des Donners

Kinder des Donners

Titel: Kinder des Donners Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Brunner
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blick der Besucher artig knickste.
    »Tee!« befahl Fabio. »Englisch zubereitet!« Und als er kam, war er ein durchschlagender Er- folg...
    Ich hätte das nicht tun sollen! Warum bin ich hier? Ich ha-
be eine Grube gegraben und bin selbst hineingefallen!
    Sie mußten fast eine Stunde lang krampfhafte Konver- sation betreiben. Fabio erwies sich als mustergültiger
Meckerer. Er beklagte sich endlos über den Zustand des Staates Italien, über die Anmaßung der Bauern, den Geistlichen der Gegend, der sich auf ihre Seite stellte,
als wäre er Kommunist und nicht Christ, und die schrumpfenden Vermögen der alten landbesitzenden Familien, einschließlich seiner eigenen.
    David hatte den Eindruck, daß er mit Wonne bis Mit- ternacht so weitergemacht hätte, doch das Geräusch ei-
nes herannahenden Wagens unterbrach ihn. Er versuch- te, sich zu entspannen, seine Nervosität abzulegen ... aber es war schwer.
    Der erste Blick, den er auf GianMarco erhaschte, überzeugte ihn allein aufgrund der äußeren Erschei- nung davon, daß er es hier mit einem weiteren seiner Geschwister zu tun hatte, und nachdem die ersten Höf-
lichkeiten ausgetauscht worden waren, wurde er auf ei- ner anderen, ziemlich seltsamen Ebene zufriedenge- stellt. Er war sicher, daß Renato Tessolari glaubte, der
Junge sei sein eigenes Kind, während seine Mutter und sein Onkel diesem Irrtum nicht erlegen waren.
    Sehr merkwürdig! Aber vielleicht, falls es nötig sein sollte, kann ich diese Karte ausspielen ...
    Er verwarf diesen Gedanken sofort, als düstere Visio-
    nen in seinem Kopf auftauchten: das langsame Aufbau- en einer engeren Bekanntschaft, der Austausch vieler Briefe — es war unwahrscheinlich, daß die Tessolaris
über die nötige Einrichtung für Bildschirmpost verfüg- ten —, kurz gesagt, ein langwieriges und aufwendiges Unterfangen ...
    Aber die Zeit ist zu knapp für soviel Hin und Her...
    Doch es stand bereits eindeutig fest, daß GianMarco — ob er nun einen Verdacht hatte, welchem Umstand er es verdankte, oder nicht — seine Begabung voll einsetz- te und seine frühentwickelte Macht zu sehr genoß, um
sie nur auf das Gerede eines Fremden hin aufzugeben. Er sprach kein Englisch, wie sein Onkel angekündigt
hatte, doch der letztere fungierte als Dolmetscher, wäh-
rend er in lebhaften Farben schilderte, wie er und seine
Eltern soeben mit einem unbotmäßigen Pachtbauern fertiggeworden waren; der Mann hatte zu seiner eige-
nen Verwunderung heute nachmittag eingewilligt, das Land mitsamt seiner Familie zu verlassen und sein Glück im Norden zu versuchen.
    »Jetzt können wir also jemanden dort hinsetzen, der nicht von diesen linksradikalen Ideen infiziert ist, son- dern seinen Herren den angemessenen Respekt entge- genbringt!« schloß Fabio. Davids Kenntnisse des Italie- nischen war zu begrenzt, als daß er mit Sicherheit hätte
beurteilen können, ob diese Äußerung von GianMarco
selbst stammte oder von Renato, oder ob es nur eine
Anmerkung war, die Fabios persönliche Meinung zum Ausdruck brachte.
    Dann war natürlich irgendwann mal eine Erklärung für den Besuch der Fremden gefordert, so unangekün- digt, wie er war. Und an dieser Stelle machte David sei- nen schlimmsten Fehler. Er war so sicher gewesen, daß
er gleich nach seiner Ankunft den anderen Jungen dazu überreden können würde, mit nach England zu kom- men, und seine Familie, ihn ziehen zu lassen — weil das in den bisherigen Fällen so leicht gewesen war und er
    sich daran gewöhnt hatte, daß sich Harry und Alice je- der seiner Launen beugten —, daß er sich keine glaub- hafte Geschichte zurechtgelegt hatte.
    Und Harry erwies sich nicht als Hilfe. Schrecklich müde und vielleicht unter den gleichen Verdauungsbe-
schwerden wie David leidend, murmelte er nur: »Mein Sohn wollte herkommen, also habe ich ihn herge- bracht.«
    Bei diesen Worten straffte sich GianMarco in seinem Sessel und nickte.
    Er blickt durch, erkannte David mit einem flauen Ge- fühl. Und er ist gesund und spricht seine Muttersprache, und ich bin krank und muß mich auf einen Dolmetscher verlassen. Meine miese Lage verschlechtert sich von Minute zu Minute.
    Und genauso flugs, wie ihm dieser Gedanke durch den Kopf geschossen war, wirkte das Grimmen in sei- nem Bauch. Er stand auf und überlegte, wie er sich nach der Toilette erkundigen könnte; und da war es auch schon nicht mehr nötig. Als ob er über alle Sprachbar-
rieren hinweg in seinem Geist lesen könnte, rief Gian- Marco nach dem

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