Kinder des Donners
aufgebracht?«
»Ja.«
»Und deshalb hast du Schluß gemacht?«
»Ich glaube, sie wäre irgendwann zur Besinnung ge- kommen und wir hätten neu miteinander anfangen können, wenn nicht ein paar Wochen später noch etwas anderes passiert wäre.« Peter fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. Plötzlich spürte er einen Druck im Bauch. Er haßte die Erinnerung an das, was er jetzt be- richten mußte, und bisher hatte er es noch nie jeman-
dem erzählt.
»Sprich weiter!«
Klangen diese Worte kalt und vorwurfsvoll, oder ein- fach nur neugierig? Er hoffte das letztere und wagte den Sprung weiter.
»Ich habe vorhin gesagt, daß Sindys Unfähigkeit, schwanger zu werden, >wahrscheinlich< die Ursache bei ihrem Mann hatte. In Wirklichkeit lag es eindeutig an ihm, und er wußte es seit langem. Er war zeugungsun- fähig, und er konnte sich mit dieser Tatsache nicht ab- finden. Als Sindy schwanger war, wußte er, daß sie das
Kind von einem anderen Mann empfangen haben muß-
te, und er warf sie hinaus. Sie kannte meine Telefon- nummer, und eines Abends rief sie mich in einem An- fall von Hysterie an, um mir zu sagen, was er getan hat- te.
Doch ich war nicht zu Hause.«
»Aber Kamala war zu Hause?«
»Kamala war zu Hause. Allerdings nicht mehr lange. Ich habe nie erfahren, was Sindy genau gesagt hat, aber ich kann es mir vorstellen. Danach war es zwischen uns vollkommen aus. Wir haben kaum noch miteinander
geredet. Ein- oder zweimal haben wir uns noch getrof- fen, nachdem sich die Wogen etwas geglättet hatten,
aber — nun ja, das war's dann. So, jetzt weißt du es.«
Er kippte sein Bier mit einem einzigen zornigen Schluck vollends hinunter.
Während er sich immer noch fragte, wie die unverblüm- te Wahrheit auf Ellen wohl wirken mochte, ertönte ein
schrilles Piepen von ihrem Computer aus dem Zimmer nebenan. Sie sprang auf, um zu sehen, wodurch es aus-
gelöst worden war; gleich darauf kam sie zurück und
brachte mit niedergeschlagener Miene einen Ausdruck herein.
»Stimmt was nicht?« wollte Peter wissen.
»Oh, ich habe gerade einen weiteren Louis Parker
ausfindig gemacht.«
Er hätte sich fast verschluckt. »Was heißt das — >einen weiteren« fuhr er unbeherrscht auf.
»Das ist jetzt der vierte. Keiner von ihnen nützt uns etwas.« Sie warf ihm das Blatt Papier in die Hand und
ließ sich entmutigt wieder auf die Couch plumpsen. Er las den Ausdruck schnell durch. Es stimmte, sie hatte vier Leute mit diesem Namen gefunden. Doch einer da- von war über sechzig Jahre alt und lebte als Rentner in der Gegend von Harrogate, und außerdem war sein vol-
ler Name sowieso Christopher Louis Parker-Haines; ein
zweiter war Louis X. Parker, ein amerikanischer Staats-
bürger, der in der Botschaft am Grosvenor Square arbei- tete; und der dritte war ein Schauspieler, der sich Louis als Künstlername zugelegt hatte, denn sein Taufname war Lewis, und es gab bereits einen Lewis Parker in der
Schauspielerriege des Equity. Was den vierten betraf, so war dieser vor drei Minuten als Sohn einer Französin namens Suzette Legrand in Sydenham zur Welt gekom- men, und ein gewisser Alan Raymond Parker, Brite, hatte die Vaterschaft anerkannt.
Dennoch war das eine erstaunliche Leistung. Voller Bewunderung fragte Peter: »Wie, um alles in der Welt, hast du so viele herausbekommen? Bernie hat bis jetzt noch nicht einen einzigen Kandidaten geliefert?«
Mit einem unterdrückten Gähnen wand Ellen ihren schlanken Körper aus dem Knick des Sofas und stützte sich mit Füßen und Schultern ab, bis sie sich ausrei- chend gereckt hatte.
»Betriebsgeheimnis«, sagte sie mit einem spöttischen Grinsen, sobald es ihr Gähnen zuließ. »Aber wenig- stens ist es ein Schritt in die richtige Richtung, hm? So, jetzt sollte ich vielleicht besser ins Bett gehen. Morgen habe ich Schule, vergiß das nicht!«
»Ja, ja. Natürlich. Gute Nacht. Und noch mal vielen Dank für das hervorragende Essen, wie schon so oft.«
»Jederzeit gern geschehen«, sagte sie. »Jederzeit.«
Peter war zu aufgedreht, um zu schlafen. Während er im Zimmer auf und ab schritt, überlegte er, ob er die Spätnachrichten im Fernsehen einschalten sollte; plötz- lich überkam ihn eine Eingebung. Vielleicht hatte Louis Parker seinen ursprünglichen Familiennamen wieder angenommen. Falls er tatsächlich Parikian lautete ...
Aber obwohl es fast neunzig Teilnehmer mit diesem Namen im nationalen Telefonverzeichnis gab, hatte kei- ner davon das Initial L.
Was, zum Teufel, war wohl
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