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Kinder des Donners

Kinder des Donners

Titel: Kinder des Donners Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Brunner
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Statussymbol zu sein, anstatt eines richti- gen Sohnes? Ich glaube, ich weiß, was das bedeutet. Harry weiß es nicht.«
    Aus dem Augenwinkel sah Peter, wie Harry zusam- menzuckte. Er fragte sich, ob dies wohl das erstemal war, daß ihm diese Anschuldigung so schonungslos vor allen anderen, so unverblümt vorgehalten wurde... und hatte keine Zeit, den Gedanken zu Ende zu denken, denn die unerbittlichen Worte strömten weiter wie ein
Fluß, der nicht aufzuhalten war.
    Ich stehe vor einem Tribunal. Mir wird der Prozeß gemacht für etwas, von dem ich keine Ahnung hatte, es verbrochen zu haben ...
    Wieder einmal war es, als ob David seine innersten Gedanken gelesen hätte. Er sagte: »Bevor ich fortfahre, sollte ich vielleicht noch ein weiteres juristisches Prinzip anführen. Ich bin ein Bewunderer des Gesetzes, und ich wünschte, mehr Menschen würden es beachten ... Von
etwas nichts gewußt zu haben, kann nicht zur Verteidi- gung vorgebracht werden, wie ich schon sagte. Doch seit Jahrhunderten gilt der Grundsatz, daß ein vernunft-
begabter Mensch für die vorhersehbaren Folgen seiner Handlungen zur Verantwortung gezogen werden kann.«
    »Vorhersehbar!« gelang es Peter aufbrausend einzu- werfen.
    »Der Mensch ist zur Voraussicht verpflichtet«, ent- gegnete David mit Grabesstimme. »Wie oft hast du, Pe- ter Levin, über die Folgen deines Tuns nachgedacht, wenn du Samen gespendet hast?«
    »Ich ... ich hoffte, ich würde kinderlose Ehepaare glücklich machen!«
    »Sehr gut!« — in überraschtem Tonfall. »Du hast also
ein Plädoyer für >nicht schuldig< vorgebracht. Aber die hier Versammelten sind deine Kinder. Ihrem Urteils- spruch mußt du dich beugen.«
    »Kinder, die ich nie zuvor gesehen habe!«
    »Darauf werden wir noch zu sprechen kommen. In diesem Moment beschäftigen wir uns nicht mit deinen Absichten, sondern mit dem, was daraus entstanden ist.«
    »Soll ich dafür verurteilt werden, daß ein Haufen Kin- der, von denen ich nichts wußte, schlecht behandelt wurden von ihren ...?«
    »Nein! Nein! Nein!« David war mit einer einzigen be- henden Bewegung auf den Beinen. »Du begreifst immer
noch nicht!
    Wir sind die einzige Hoffnung der Menschheit auf Erlö-
sung!«
    Plötzlich wurde Peter durch eine unbeschreibliche ver-
zweifelte Eingebung klar:
    Er ist größenwahnsinnig, und er hat die anderen mit seinen Wahnideen angesteckt. Und da sie mit dieser besonderen Macht ausgestattet sind ...!
    Er vergrub den Kopf in den Händen.

Plötzlich merkte Peter, daß jemand seine Wange strei- chelte, und innerhalb von Sekunden erschien ihm die Zukunft weniger schrecklich. Natürlich konnte er sich nicht einfach mit der Tatsache abfinden, daß er sich be- ruhigte, ja sogar entspannte, während er in der Macht — MACHT? Ja, anders konnte man es nicht nennen — in der Macht dieser Kinder war, die ihre Entschlossenheit demonstriert hatten, ein anderes menschliches Wesen unvorstellbaren Qualen auszusetzen ...
    Ein anderes menschliches Wesen ? Selbst wenn sie seine Ab- kömmlinge waren, waren sie denn menschlich?
    Solche Gedanken verflüchtigten sich sofort, als eine
Hand nach seiner tastete. Es war Ellens (ja, wirklich, diesmal war wirklich Ellen neben ihm), und er griff dankbar danach. Claudia klammerte sich an seine ande-
re Hand, mit fest zusammengepreßtem Kiefer, um ihre Zähne am Klappern vor Entsetzen zu hindern.
    »Jetzt möchte ich dir den Rest von uns vorstellen und dir erzählen, wie ihr Leben bis jetzt verlaufen ist«, sagte David gerade mit schulmeisterhafter Stimme, etwa wie ein Dozent, der sich bewußt ist, daß er ein unbeliebtes Fach lehrt. Unwillkürlich fühlte sich Peter an Jim Spur- man erinnert. »Dann werde ich dir erläutern, wie wir zueinandergefunden haben, und dir alle Fragen beant- worten, die du möglicherweise hast. Das Ganze dürfte nicht länger als eine Stunde oder so dauern, und danach können wir essen. Nebenbei bemerkt, Dr. Morris, las- sen Sie mich Ihnen gratulieren, daß Sie uns allen auf die Spur gekommen sind, auch wenn ich natürlich, sobald ich merkte, wie dicht sie uns auf den Fersen waren, Schritte unternahm, um zu verhindern, daß Sie auch nur mit einem von uns direkten Kontakt aufnehmen
konnten. Den Umstand, daß Sie dem Irrglauben anhin- gen, es sei Louis Parker, der in der Sache immer einen
Sprung voraus war, verdanke ich Bernie, der schon von vornherein so veranlagt war, daß er immer jemand an-
derem die Schuld zuschob, auch bevor ihm Peter einen
    Sündenbock bot — und

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