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Kinder des Donners

Kinder des Donners

Titel: Kinder des Donners Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Brunner
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Aufgabe — die einzige Aufgabe, die ihr noch zu erfüllen habt — ist es, den Mund zu halten und das zu tun, was von euch verlangt wird.«
    Wo ist Ellen?
    Diese Frage drängte sich ungebetenerweise in Peters Denken, während er langsam in seinen Sessel zurück- sank. Er brauchte in diesem Moment die Liebe und Zu- neigung seiner Tochter als Beistand im Kampf gegen die entsetzliche Beschuldigung, der er sich nicht allein zu
    stellen wagte: die Anklage, daß dies seine Kinder waren und nicht die von Louis Parker ...
    Doch das Mittagslicht, das in diesem Raum fiel, war so düster, daß er Ellen nicht von den anderen Kindern unterscheiden konnte. Auch sie, so erinnerte er sich, hatte sich heute morgen Jeans und einen Pullover ange-
zogen, und dazu einen Anorak, der jetzt schlampig hin- geworfen in der Eingangshalle lag ...
    Ich kann nicht einmal mehr meine eigene Tochter erkennen!
    Der Geschmack der Niederlage war bitter in seinem Mund. Er versuchte, ihn mit einem weiteren Schluck Brandy hinunterzuspülen, aber das brachte nichts. Schließlich krächzte er heiser: »Verdammte Bande! Fahr fort!«
    »Genau wie ich vorausgesagt habe«, bemerkte David Shay. »Deine Reaktion bei der ersten Begegnung mit deiner Familie sind die Worte: verdammte Bande!«
    Und plötzlich war die Luft angefüllt von einer Bedro- hung. Dahin war das Gefühl der verschwommenen Ru- he, der Entspannung, des Geschütztseins gegen den Anblick Throwers, der halb zu Tode verbrannt war. Jetzt starrten Augen aus dem Zwielicht wie die Augen von
Wölfen, auf der Lauer und in Erwartung des richtigen Zeitpunkts zum Sprung. ...
    Peter wollte schreien, doch selbst diese Erleichterung war ihm verwehrt.
    »Es ist Zeit«, sagte David, und seine Stimme schien tiefer und volltönender geworden zu sein, wie das Läu-
ten einer Totenglocke, »daß du deine Kinder kennen- lernst und erfährst, was sie erlitten haben, nur weil du ein paar Pfund mehr zum Ausgeben haben wolltest.«
    So war es nicht! Peter konnte die Worte nicht bilden. Das Zimmer hatte sich in einen Gerichtssaal verwan- delt, und es gab anscheinend keine Geschworenen, nur Richter. Sogar Harry, sogar Alice ... Sogar Ellen! Wel-
ches von den Kindern war sie?
    »Ich werde mit mir selbst beginnen«, sagte David.
    »Mein angeblicher Vater Harry hatte sich einer Vasekto- mie unterzogen, denn er hatte nichts für seine erste Fa- milie übrig und war nur allzu froh, sich von ihr zu ver- abschieden, als er sich eine jüngere und schönere neue Frau nahm. Doch er hielt immer noch an der Macho- Vorstellung fest, daß ein Mann, der ein richtiger Mann ist, einen Sprößling vorweisen muß, und in dieser Hin-
sicht war Alice von ganzem Herzen seiner Auffassung. Sie wollte MUTTER sein, großgeschrieben, ebenso wie Gefährtin eines erfolgreichen Geschäftsmannes, der ihr jenen Lebensstil bieten konnte, an den sich zu gewöh- nen sie stets gehofft hatte. Da Harry nicht zu dem Risi-
ko bereit war, seine Operation rückgängig machen zu lassen, blieb als Lösung die Chinn-Wilkinson-Klinik.
    Zu deren Sperma-Lieferanten du, Peter Levin, gehör-
test. Das Herbeibeschwören von Louis Parker war ein geschickter Versuch, der Verantwortung zu entgehen, aber — nun, über ihn geht das Gerücht, daß man ihn mit schärfster Pornografie auf Trab bringen mußte, be- vor er spenden konnte. Was Dr. Wilkinson angeht, so wird vermutet, daß sie Angst hatte vor ihrer eigenen Weiblichkeit und unter dem Zwang stand, sie im Rah- men der Befruchtungsklinik zu sublimieren ...«
    Er schnippte mit den Fingern. »Ach ja. Auf etwas wollte ich noch eingehen. Nach Ellens Aussage erklärst du den Leuten, Levin bedeute soviel wie >love-friend    In der düsteren Beleuchtung schienen seine Augen zu glühen, als ob sie weit ins Jenseits hinter dem Hier und Jetzt blickten. Peter bemühte sich, etwas zu sagen,
brachte jedoch nichts heraus. Als er verzweifelt zu Claudia aufblickte, sah er, daß es ihr auch nicht besser ging; sie war im gleichen jämmerlichen Zustand wie er selbst.
    Und David setzte wieder zum Sprechen an.
    »Jetzt möchte ich dir noch den Rest der Kinder vor- stellen, die du soeben verdammt hast — und dir erklä- ren, warum wir bereits alle ohne Ausnahme verdammt waren, mich eingeschlossen. War es mein Wunsch, ein notwendiges

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