Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kinder des Donners

Kinder des Donners

Titel: Kinder des Donners Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Brunner
Vom Netzwerk:
übermittelte ihm eine Tonbandstimme Name
und Anschrift des Teilnehmers.
    Hervorragend. Es war eine Adresse in The Wansdy-
ke, einem vor Tumulten sicheren, bestens abgeschirm- ten Wohnkomplex in der Nähe des Angel Place, nur ein paar Schritte von seiner Wohnung entfernt.
    Pfeifend verließ er die Telefonzelle, und den finsteren Blick, den ihm der nächste Telefonbenutzer zuwarf, er- widerte er mit einem aufreizend sonnigen Lächeln.
    Es gab Tage wie den gestrigen, da hatte er das Gefühl, daß sich das ganze Universum gegen ihn verschworen hatte, und Tage wie den heutigen, da schien ihm alles in
den Schoß zu fallen. Es regnete nicht einmal, als er um
kurz nach sieben gegenüber von The Wansdyke ankam; um diese Zeit, so schätzte er, müßte Dr. Morris eigent-
lich die Zeitverschiebung überschlafen haben. Ihm war so vergnügt zumute, daß er buchstäblich nichts wahr- nahm von den Bettlern, die ihr Elend zur Schau stellten und um die Bushaltestelle, an der er ausgestiegen war,
    herumwimmelten; er bahnte sich zwischen ihnen hin- durch einen Weg wie ein Boot, das vor Dreck schäumen- des, fauliges Wasser durchteilt.
    Nun ja, sie waren inzwischen in London zu etwas Alltäglichem geworden, so daß man sie einfach nicht mehr beachtete, wenn sie nicht gerade gewalttätig wur- den ...
    Und genau in diesem Augenblick, als er die Straße zu
seinem Ziel überqueren wollte und sich noch überlegte, was er sagen sollte, wenn er von einem der Wachmän- ner angesprochen würde, entließ die feuersichere und gasdichte Drehtür eben jene Person, nach der er auf der
Suche war. Im ersten Augenblick, als er ihrer ansichtig wurde, schwappte die Flut der Erinnerung zurück. Ja, natürlich das war sie! Ziemlich kräftig gebaut, keine zwei Zentimeter kleiner als er, mit einem eckigen Ge-
sicht, eingerahmt von dunkelblondem Haar, das sie im- mer noch als Pagenkopf geschnitten trug — all das hatte ihn damals schon an Signe Hasso in L'Eternel Retour er- innert.
    Auch jetzt war es so, obwohl sie einen Pullover und Jeans anhatte.
    Ein halbes Dutzend verschiedener Strategien husch- ten ihm durch den Sinn. Er entschied sich für den Ver- such, so auzusehen, als ob er unterwegs wäre zu einem ganz und gar anderen Ort; er sah sich um, sah sich noch mal um, hielt mitten im Schritt inne und rief aus:
    »Dr. Morris? Dr. Claudia Morris?«
    Einen Moment lang befürchtete er, sie würde sich nicht zu ihrem Namen bekennen und einfach weiterge- hen. Doch schwaches Erkennen flackerte in ihrem Ge- sicht auf, und er nutzte die Gelegenheit, um die Entfer- nung zwischen ihnen zu überbrücken.
    »Ich kann es kaum glauben! Sie sind es wirklich! Ich wollte, ich hätte gewußt, daß Sie in London sind, dann
hätte ich mich längst bei ihnen gemeldet... Oh, Sie er- innern sich wahrscheinlich nicht an mich. Mein Name
    ist Peter Levin. Wir sind uns begegnet. Ich habe damals für Continuum gearbeitet — Sie wissen schon, die Fern- sehserie, die wissenschaftliche Themen behandelte und die in Amerika Quasar hieß.«
    Inzwischen stand er direkt vor ihr und hinderte sie am Weitergehen. Nachdem sie ihn kühl und unbeein- druckt gemustert hatte, sagte sie schließlich zögernd: »Ja, ich erinnere mich. Die Serie war vor unserer Begeg- nung gerade abgesetzt worden. Stimmt das?«
    »Leider ja. Wenn das nicht der Fall gewesen wäre, hätte ich darauf bestanden, daß wir eine Sendung über sie gebracht hätten. Ich ... nun, ich glaube, ich habe mich damals ziemlich ereifert darüber, daß das die un- passendste Zeit überhaupt für ein Absetzen der Sen- dung war, denn noch nie wäre Vernunft so dringend nö- tig gewesen.«
    Wenn ich nur ein paar entscheidende Worte einfließen las- sen könnte!
    »So war es allerdings. Sie haben nicht einmal locker- gelassen, als ich Ihnen erklärte, daß ich nicht das ge- ringste Interesse daran habe, unter das Mikroskop Fernsehen zu geraten. Jetzt entschuldigen Sie mich bitte.«
    »Noch einen Augenblick bitte! Noch einen Augen- blick! Befassen Sie sich zur Zeit mit etwas Speziellem?
Ich befand mich gerade auf dem Weg zu mir nach Hau-
se, wo ich einem öden Abend entgegensah, wenn Sie al- so Zeit hätten ... Haben Sie vielleicht die Absicht, ir-
gendwo etwas zu Abend zu essen? Dürfte ich Sie einla- den? Auf beruflicher Ebene natürlich. Ich muß Sie gleich von Anfang an warnen: was ich am liebsten täte, wäre, einen Einblick in Ihr Denken zu erhalten und daraus ei- nen Artikel zu machen. Wissen Sie, ich arbeite jetzt frei-

Weitere Kostenlose Bücher