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Kinder des Donners

Kinder des Donners

Titel: Kinder des Donners Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Brunner
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unterschrie- ben, von deren Inhalt sie nur eine unklare Vorstellung hatten, von dem jedoch sowohl die Mutter Oberin des Klosters als auch der Rechtsanwalt, den sie als Berater hinzugezogen hatte (wie hieß er doch gleich?), angetan
    waren — es trotz allem freimütig hinnahmen, als Dymphna mit in Davids Zimmer zog. Der Rest des Hau- ses war weiträumig und widerhallend; unmöbliert mit Ausnahme von einzelnen Stücken hier und da: sie hätte also zwischen einem halben Dutzend Räumen wählen können.
    Doch trotz der Verschiebung der Moralvorstellung, die AIDS ausgelöst hatte, war es für sie eine unanfecht-
bare Tatsache, daß sie und er miteinander schlafen wür- den ...
    In der ersten Nacht weinte sich Dymphna an Davids Schulter in den Schlaf; nicht aus Traurigkeit, sondern vor Wohlbehagen, gemischt mit Erleichterung. David indessen, dem Tränenvergießen weniger lag, erschau- derte immer wieder vor Freude bis fast zum Morgen- grauen.
    Ihre Haut hatte einen Duft, von dem er geträumt hat- te, ohne es zu wissen, von dem er nicht geahnt hatte, daß es ihn wirklich gab, der jedoch eine beängstigende Verheißung in sich barg ...
    Eine Spur von Widerstand:
    »Verdammt, Junge!« brauste Harry auf, als er erfuhr, daß die >Familie< noch weitere Zugänge bekommen soll- te. »Du hast doch gekriegt, was du wolltest, oder etwa nicht? Dymphna ist hübsch! Ich wollte, ich hätte in dei- nem Alter ein Mädchen wie sie gehabt!«
    Unter den Fenstern tanzte sie aus reiner Lust, obwohl
es regnete — tanzte auf dem Rasen in Unterhemd und Slip, mit nackten Füßen, nackten Beinen, voller Entzük- ken über die Welt.
    »Einen Teil davon«, seufzte David und lehnte sich vom Frühstückstisch zurück. »Bei weitem nicht alles. Und es gibt so viele leere Räume in diesem riesigen Haus ...«
    »Möchtest du sie mit Waisenkindern vollstopfen?« schrie Alice.
    Davids Charme war noch nicht ausgeschöpft. Er kon-
zentrierte sich, um ihn auf die Spitze zu treiben. (Worin bestand diese Macht? Wie funktionierte sie? Das war die nächste Frage, die er erforschen mußte ...)
    In seinem ernstesten Tonfall sprach er: »Ist es nicht
nur recht und moralisch, daß die, denen es gutgeht, je-
nen helfen, denen es ohne ihre eigene Schuld weniger gutgeht?«
    Darauf wußten Harry und Alice keine Antwort. Je- denfalls nicht, bevor für ihn das Thema erledigt war; er
beugte sich vor, stützte die Ellbogen auf den Tisch und ließ einen flammenden Blick zwischen ihnen hin und her huschen.
    »Ihr wißt, daß ich seit unserer Ankunft hier Nachfor- schungs-Programme auf dem Computer laufen habe?«
    »Nun ja« — aus der Fassung gebracht — »natürlich. Du hast es uns gesagt.«
    »Unter anderem habe ich herausgefunden, daß ihr siebenundachtzig Millionen Dollar wert seid. Nach den derzeitigen Zinssätzen würde das daraus resultierende Einkommen reichen, um ein Dutzend Kinder zu unter- halten, mindestens, euch beide selbst und mich nicht mitgerechnet, und zwar mit einem sehr hohen Lebens-
standard.«
    »David!« setzte Alice an, doch er schnitt ihr das Wort ab.
    »Welches Gefühl hast du, wenn du weißt, daß in einer Welt des Überflusses Kinder verhungern?«
    »Na ja ... äh . ..«
    »Wird dir unbehaglich?«
    »Ja, ja. So könnte man sagen.« Sie griff hastig nach ihrer Kaffeetasse und nahm einen Schluck.
    »Und wie ist es bei dir, Harry?«
    Es war das erstemal, daß er seinen angeblichen Vater so direkt mit dem Namen ansprach; bis dahin hatte er den höflichen Schein gewahrt und ihn >Dad< genannt.
    »Genauso, glaube ich« — mit unsicherer Stimme.
    »Aber hast du allen Ernstes die Absicht, das Haus voll- zustopfen mit...?«
    »Abschaum? Dreck? Kehrricht? — Du lieber Himmel, nein!« David warf den Kopf zurück und stieß ein gesun- des Lachen aus. »Ich möchte mein Zuhause mit hochin- telligenten Kindern teilen, unterprivilegiert, doch fähig zu lernen — schnell zu lernen. Sagt mir geradeheraus: Welcher bessere Verwendungszweck für euer Vermögen
fällt euch ein?«
    Plötzlich war er vollkommen ernst; er blickte Harry eindringlich in die Augen und griff nach seiner Hand.
    »Nun ... hm . ..«
    »Nichts Besseres?«
    »Im moralischen Sinn, im absoluten Sinn ... ich glau-
be nicht.«
    »So ist es richtig!« jauchzte David. »Damit ist das Thema erledigt. Entschuldigt mich. Ich glaube, es ist Zeit, daß mein Programm weitere Erkenntnisse aus- spuckt.«
    Etwas später sagte Alice zu Harry: »Bist du sicher ...?« Und er erwiderte: »Nein! Aber mir fällt

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