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Kinder des Donners

Kinder des Donners

Titel: Kinder des Donners Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Brunner
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zwei- oder dreimal in der Woche abends mit Jungens ausging, und er gab ihr nicht einmal das Geld,
damit sie mit dem Taxi oder Bus nach Hause fahren
konnte, wenn etwas schiefging!
    Und hier stand er, eine lächerliche Gestalt mit einem Stock in der Hand, als müßte er einen Einbrecher in die Flucht schlagen ...
    Er schluckte schwer und stellte ihn wieder in den Flur. Als er ins Wohnzimmer zurückkam, sagte er: »El-
    len, mein Schatz, ich bin es, der sich entschuldigen muß. Das mit dem Taschengeld tut mir leid. Hier!« Er griff nach seinem Geldbeutel. »Würde ein Zehner in der Woche für den Anfang reichen? Ich sehe zu, daß ich es erhöhe, sobald es irgendwie geht.«
    Anstatt einfach das Geld zu nehmen, ergriff sie seine ganze Hand und küßte sie. Ihr langes, seidiges Haar streifte seine Haut, als sie sich wieder aufrichtete; alle Tränen war jetzt vergessen.
    Wärme durchflutete sein ganzes Wesen, als er ihr Lä- cheln erwiderte.
    »Und das ist vielleicht schon ganz bald«, sagte er nach einer Pause.
    »Hat es was gebracht, daß ihr eure Ideen an mir aus- probiert habt?«
    »Was gebracht? Das kann man wohl sagen! Wir müs-
sen morgen wieder zum Comet. Ein hochkarätiger Jurist wird mit einem Vertragsentwurf hinkommen. Das ist morgens. Am Nachmittag, vorausgesetzt, alles läuft gut, haben wir einen Termin, um einen Ultra-Super-Hacker zu treffen, von dem Jake schwört, daß er an praktisch al- le Daten herankommt, sofern das Gerät angeschlossen ist ... Übrigens, ich nehme an, du hast meine Bild-
schirmpost durchgesehen.«
    Sofort verließ Ellen wieder jede Keckheit; sie biß sich auf die Lippe und nickte.
    »Entschuldige. Ich dachte, auf die Art könnte ich leichter hinter dein System kommen.«
    Hoffentlich, hoffentlich waren nicht wieder Nachrichten von Frauen dabei, die erneut Interface-Kontakt mit mir su- chen ...
    Nicht daß er, wenn er darüber nachdachte, sich vor- stellen konnte, daß Ellen darüber traurig wäre ...
    »Und, war irgendwas dabei?« fragte er nach einer Pause.
    »Irgendwelche Leute namens Shay, die du angeblich in Kalifornien zu erreichen versucht hast.«
    »Oh!« Sein Interesse erwachte. »Was ...?«
    »Sie sind umgezogen. Ich glaube, sie sind jetzt wie- der in England. Aber sie wollen nicht, daß ihre neue Adresse bekannt wird.« In diesem Moment war sie ganz
das kleine Mädchen, er konnte sie sich mit sechs Jahren vorstellen, mit einem flaumigen Heiligenschein aus Haaren um den Kopf. »Ich ... ah ... ich hoffe, du hast nichts dagegen, aber ich habe trotzdem versucht, sie herauszufinden. Ich dachte, du wärest froh, wenn ich sie ausfindig machen würde.«
    Das, dachte Peter, hätte ihn eigentlich wütend ma- chen müssen. Doch er brachte nicht einmal den Sinn für Wut auf. Statt dessen mußte er Strenge mimen, als er sagte: »Du mußt lernen, junge Dame, daß so etwas ge- fährlich sein kann! Harry Shay ist sehr, sehr reich. Wenn er dahinterkommt, daß jemand versucht, in seine Privatsphäre einzudringen, dann kann er mit Leichtig- keit ein paar Polizisten bestechen, damit sie mich wegen Verletzung des Datenschutzgesetzes verhaften!«
    »Gott im Himmel!« Ihre Augen wurden noch größer als sonst. »Dad, es tut mir leid. Ich hatte keine Ah- nung!«
    »Schon gut, vergiß es! Denk nur daran, daß bis in ab- sehbare Zukunft alle unsere ... hm ... nicht ganz astrei-
nen Unternehmungen über die Computer der Comet- Redaktion laufen müssen.«
    Unsere? Warum hatte er das gesagt? Das Gefühl der Unwirklichkeit, das er während des Heimwegs gehabt hatte, wurde unerklärlicherweise immer stärker ...
    »Dad! Setz dich!« sagte Ellen drängend und führte ihn zu einem Sessel. »Ich hole dir was zu trinken. Was
möchtest du? Ich glaube, es ist noch Whiskey da. Das Abendessen kann in einer halben Stunde fertig sein, wenn du möchtest.«
    Na ja, es war ein anstrengender Tag gewesen. Ein bißchen ausruhen, einen behaglichen Sessel, einen or-
dentlichen steifen Drink, ein Essen, speziell für ihn ge-
    kocht und aufgetragen ... ja, das hörte sich nach einer angenehmen Entschädigung an.
    Als sie den Drink brachte, genau in der Mischung, wie er ihn liebte, und dazu ein Glas Orangensaft für sich selbst, setzte sie sich auf die Lehne seines Sessels,
und einen Moment später beugte sie sich völlig uner- warteterweise vor und küßte ihn oben auf den Kopf, wo
— wie ihm die Berührung ihrer Lippen zu Bewußtsein brachte — er langsam eine Glatze bekam.
    »Dad!« flüsterte sie.
    »Was ist?« Er streckte

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