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Kinder des Feuers

Kinder des Feuers

Titel: Kinder des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Kröhn
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jemals berührt zu haben, aber jetzt, da sie an seinem Bett saß, umarmte sie ihn ganz selbstverständlich und ohne Scheu. Ihr Körper schien ein anderer geworden zu sein, seit sie erneut bei Arvid gelegen hatte, weicher, wärmer, fürsorglicher.
    »Wir haben keine Zeit, die Wiedersehensfreude auszukosten«, schaltete sich Osmond ein. »Morgen Abend ist es so weit – entweder gelingt uns dann die Flucht, oder alle Hoffnung war vergebens.«
    »Ist der König am Hof?«, fragte Arvid.
    Osmond nickte: »Heute ist er zur Jagd ausgeritten, aber er wird bald zurückkehren – und dann wird die ganze Königsfamilie vereint sein: Ludwig, Gerberga und ihre drei Kinder. Gottlob werden sie uns alle in Ruhe lassen. Sie haben Angst, dem Kranken nahe zu kommen und von seinem verdorbenen Odem vergiftet zu werden.«
    »Und die zwei Männer draußen im Gang – wer sind sie?«
    »Das sind Roscelin und Girart – die beiden Krieger, die über Richard wachen«, erwiderte Osmond. »Roscelin ist der Rotbärtige, der so dröhnend lacht, dass die Wände erzittern – Girart der Kleinere mit dem Falkenblick, dem nichts entgeht. Er wirkt nicht so stark wie sein Gefährte, aber er ist der Gefährlichere. Bis vor kurzem war er kaum mehr als ein Stallknecht. Die Aufgabe, die ihm nun zugewiesen wurde, bringt ungleich mehr Verantwortung. Er wird daran gewiss nicht scheitern wollen.« Osmond wandte sich an Mathilda: »Denkst du, dass es dir gelingt, sie abzulenken?«
    Nicht nur sein Blick ruhte zweifelnd auf ihr – auch Arvid starrte sie an. Sie las die Sorge in seinem Blick und wusste ja auch selbst: Sie hatten viel erreicht, aber sie waren noch nicht am Ziel.
    Sie drückte Richards Hand.
    »Ich werde tun, was ich kann«, erklärte sie.
    Mathilda beobachtete die beiden Männer nun schon eine geraume Weile, aber noch konnte sie sich nicht überwinden, zu ihnen zu treten. Bis jetzt hatte sie gedacht, dass sie die Aufgabe mühelos meistern würde, dass sie zu oft Todesängste ausgestanden hatte, um sich vor Fremden zu fürchten. Doch wenn auch die Ängste ausblieben – die Scheu vor fremden Männern konnte sie nach so vielen Jahren im Kloster nicht einfach ablegen.
    Als einer der beiden den Blick hob, senkte sie rasch den ihren. Sie ärgerte sich darüber – um im nächsten Augenblick zu erkennen, dass dieses Verhalten den beiden durchaus gefiel.
    Gelächter ertönte – nicht gemein, sondern gutmütig. »He, Mädchen!«, rief einer. »Du kommst aus der Normandie, nicht wahr? Hast du Lust, dich zu uns zu gesellen?«
    Zögernd trat sie nun doch näher und sah zwei Humpen vor ihnen auf dem Tisch stehen. Noch waren sie randvoll. Mathilda konnte die Blicke, die über sie glitten, fast so deutlich spüren wie die Berührungen von Händen. Der eine fiel begehrlich aus, der andere abschätzend.
    Anders als sein Kumpan – offenbar der harmlose Roscelin – lachte Girart nicht. »Man sagt, du seist die Amme des kleinen Grafen gewesen«, meinte er skeptisch, »aber so siehst du mir nicht aus.«
    Mathilda hob ihren Blick und hielt seinem stand. »Wie sehen sie denn deiner Meinung nach aus, die Ammen?«
    Girart schwieg. Roscelin hingegen grinste breit, hob seine Hand und deutete auf ihre Brüste. Offenbar erwartete er füllige, ihre waren jedoch klein.
    »Nun, Richard ist seit Jahren entwöhnt …«, murmelte sie. Jene Antwort begeisterte die beiden nicht sonderlich – egal, ob ihre Brüste nun groß oder klein waren: Beim Anblick einer Frau wollten Männer wie diese wohl nicht daran denken, wie viele Kinder sie genährt hatte. Mathilda beeilte sich, den Fehler wiedergutzumachen, und legte hastig ihren Umhang ab. Große Brüste hatte sie zwar keine zu bieten – aber nackte Oberarme, trug sie doch ein Kleid, wie es Gerloc früher geliebt hatte. Ihre Haare hatte sie gebürstet, bis sie glänzten, in viele dünne Zöpfe geflochten und mit leuchtend roten Haarbändern umwunden.
    Der Anblick schien den beiden zuzusagen, denn ihre Augen leuchteten.
    »Willst du vielleicht eine Runde mitspielen?«, fragte nun der misstrauischere Girart, und erst jetzt sah sie, dass sie auf dem Tisch vor sich nicht nur Humpen voller Met stehen hatten, sondern dass dort Spielwürfel aus Fischbein lagen. Sie hatte keine Ahnung, was man damit machte, denn sie kannte nur ein Brettspiel namens Hnefatafl, das sie manchmal mit Gerloc und Sprota gespielt hatte. Dessen Spielfiguren waren aus Bernstein, Glas und Horn gefertigt worden. Dennoch nickte sie vermeintlich begeistert.
    »Wenn ihr

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