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Kinder des Holocaust

Kinder des Holocaust

Titel: Kinder des Holocaust Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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nachzudenken; er wußte, worum es ging, er rannte aus dem Geschäft auf die Straße, auf den freien Bürgersteig, verharrte; die Ansammlung von Zuschauern vor dem Fernsehgerät sah ihn und den Fernsehtechniker die Flucht ergreifen und stob daraufhin ebenfalls auseinander, floh in verschiedene Richtungen; manche Leute liefen über die Straße, mitten in den Verkehr hinein, einige irrten im Kreis umher, manche rannten ganz einfach immer geradeaus, so daß es den Anschein hatte, als sähe jeder von ihnen etwas anderes, als geschähe keinen zweien von ihnen das gleiche.
    Stuart und Lightheiser hasteten den Gehweg hinauf und zu den graugrünen metallenen Luken im Bürgersteig, unter denen sich Kellergeschoß-Lagerräume befanden, die einmal, vor längerer Zeit, von einem Drugstore benutzt worden waren, die nun jedoch leerstanden. Stuart zerrte an den eisernen Luken, ebenso Lightheiser, beide schrien aus vollem Halse, daß die Deckel sich nicht heben lassen würden; sie konnten nur von unten geöffnet werden. Aus dem Eingang des Herrenbekleidungsgeschäfts kam ein Verkäufer zum Vorschein, sah sie; Lightheiser schrie zu ihm hinüber, brüllte ihm zu, er solle die Kellerluken öffnen. »Machen Sie die Kellerluken auf!« schnauzte Lightheiser ihn an, Stuart wiederholte es, und nun riefen mehrere Personen es ebenfalls, die an den Luken standen oder kauerten und darauf warteten, daß man sie aufklappe. Der Verkäufer drehte sich um und lief ins Herrenbekleidungsgeschäft. Einen Moment später ertönte unter Stuarts Füßen ein Klirren.
    »Zurücktreten«, sagte ein untersetzter, älterer Mann. »Geht von den Luken runter.« Die Menschen blickten in eine kühle Dunkelheit hinab, ein Loch unterm Bürgersteig, leere Räume. Sie sprangen hinunter, ließen sich auf den Boden fallen; drunten drückten sie sich auf den feuchten Beton, der Länge nach ausgestreckt oder zusammengekrümmt, sie duckten sich, preßten sich an den körnigen Boden mit seinen toten Kellerasseln und dem Geruch nach Verfall, als wollten sie sich hineinwinden.
    »Die Luken müssen von oben geschlossen werden«, sagte ein Mann. Anscheinend waren keine Frauen anwesend, oder falls doch, so verhielten sie sich ruhig. Stuart lauschte, den Kopf in den Beton einer Kellerecke gesteckt, aber er hörte nur Männer, hörte sie droben an den Luken herummachen, darum bemüht, sie zu schließen. Noch mehr Leute sprangen herab, fielen und purzelten übereinander, schrien, als würden sie von irgendwem hineingestürzt.
    »O Gott, wie lange noch?« ließ sich jemand vernehmen.
    »Jetzt«, sagte Stuart. Er wußte, es war soweit; er merkte, wie die Sprengköpfe losgingen – er spürte es. Direkt in seinem eigenen Innern schien es zu geschehen. Wumm-wumm-wummwumm, machten die Explosionen. Vielleicht handelte es sich auch um irgend etwas, das das Militär zur Abwehr nach oben schickte, um den Angriff abzuwehren, um Verteidigung. Ich will hinunter, dachte Stuart. So tief wie möglich. Ich will hinab in die Erde. Er drückte sich fester an den Betonboden, wälzte seinen zusammengerollten Körper hin und her, wie um eine Mulde zu schaffen. Längst lagen andere Leute auf ihm, mit Mänteln und Ärmeln, unter denen ihm nahezu der Atem wegblieb, aber er war froh, er hatte nichts dagegen; er wollte keine Leere rings um sich, sondern an allen Seiten Festes. Er brauchte nicht zu atmen. Seine Augen hielt er geschlossen; sie und alle anderen Körperöffnungen, Mund, Ohren und Nase, alle waren zusammengekrampft; er hatte sich in sich selbst zurückgezogen und abgeschottet; er wartete.
    Wumm-wumm-wumm.
    Der Untergrund bebte.
    Wir werden es überstehen, dachte Stuart. Hier unten im Schutz der Erde. Hier sind wir geschützt, weil es in der Erde sicher ist. Er wird über uns hinweggehen, der Sturm.
    Der Sturm an der Erdoberfläche fegte mit hoher Geschwindigkeit über sie dahin. Stuart wußte, daß die Luft insgesamt in Turbulenz geraten war, als Ganzes einherbrauste.

    In der Bugkapsel des Raumschiffs Dutchman IV vernahm Walter Dangerfield, während noch der Andruck etlicher G auf seinem Körper lastete, in seinem Ohrhörer die Stimmen von unten aus dem Kontrollbunker.
    »Dritte Phase erfolgreich abgeschlossen, Walt. Ihr seid in der Kreisbahn. Gerade wird mir durchgegeben, daß die letzte Stufe nicht um fünfzehn Uhr vierundvierzig, sondern um fünfzehn Uhr fünfundvierzig gezündet wird.«
    Hängt mit der Umlaufgeschwindigkeit zusammen, dachte Dangerfield und reckte sich, um nach seiner Frau zu

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