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Kinder des Holocaust

Kinder des Holocaust

Titel: Kinder des Holocaust Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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ich dafür die Verantwortung.
    Auf gewisse Weise, dachte er, habe ich das verursacht.
    Ich muß Abbitte leisten, sagte er sich. Er verklammerte die Hände ineinander, aus Betroffenheit verkrampft. Damit muß Schluß sein, entschied er. Ich muß hier einen Schlußpunkt setzen.
    Folgendes dürfte geschehen sein, schlußfolgerte er. Sie hatten unermüdlich ihre Vorbereitungen vorangetrieben, um gegen mich vorzugehen, aber nicht mit meiner Fähigkeit gerechnet, die anscheinend zum Teil in mein Unbewußtes gebettet ist. Ich selbst besitze darüber nur unzureichende Gewalt. Sie geht von suprapersönlichen Schichten aus, von dem, was Jung wohl das kollektive Unbewußte nennt. Sie haben die nahezu unbegrenzte Potenz meiner reaktiven psychischen Energie nicht in Rechnung gestellt, und jetzt hat sie in Reaktion auf ihre gegen mich gerichteten Vorbereitungen gegen sie ausgeschlagen. Es war nicht meine Absicht, daß so etwas geschieht. Es hat sich schlichtweg aus einer psychischen Gesetzmäßigkeit von Stimulus und Reaktion ergeben. Aber ich muß so oder so dafür die moralische Verantwortung übernehmen, denn das höher zu bewertende Ich, das ÜberIch, das Selbst, steht über dem bewußten Ego. Ich muß mich nun damit auseinandersetzen, nachdem meine Gabe gegen die anderen Menschen aktiv geworden ist. Sicherlich hat sie nun genug angerichtet. Ist der Schaden nicht sogar viel zu groß?
    Doch nein, zu groß war er nicht, wenn man ihn rein wissenschaftlich ausschließlich unterm sachlichen Gesichtspunkt von Reaktion und Gegenreaktion betrachtete. Das Gesetz von der Erhaltung der Energie war beachtet, eine gewisse Verhältnismäßigkeit gewahrt worden; sein kollektives Unterbewußtsein hatte im Verhältnis zum Schaden reagiert, den die anderen ihm zuzufügen beabsichtigt hatten. Nun jedoch war es an der Zeit, dafür Buße zu tun; das war logischerweise der nächste Schritt. Er hatte sich verausgabt ... oder nicht? Er empfand Zweifel und tiefe Verwirrung; hatte der reaktive Prozeß, sein metabiologisches inneres Abwehrsystem, seinen Zyklus des präventiven Gegenschlags nun durchlaufen, oder stand noch mehr bevor?
    Er schnupperte in der Luft, versuchte das Weitere abzuschätzen. Der Himmel war zu einem Gemengsel von allerlei Partikeln geworden: lauter Trümmerteilchen, leicht genug, um emporgewirbelt zu werden und für längere Zeit in der Luft zu verbleiben. Was lag dahinter, verborgen wie in einer Gebärmutter? Der Gebärmutter purer Essenz in meinem Innern, dachte er, der ich hier stehe und mir mit mir selbst uneinig bin. Ich wüßte gern, ob die Menschen wissen, die da in den Autos vorbeifahren – diese Männer und Frauen mit den entgeisterten, ausdruckslosen Gesichtern –, wer ich bin. Sind sie sich dessen bewußt, daß ich der Omphalos bin, der Mittelpunkt all dieses kataklysmischen Chaos? Er beobachtete die Leute, die vorbeihasteten, und schließlich erkannte er die Antwort: sie wußten vollauf über ihn Bescheid, wußten genau, daß er das Zentrum und der Urheber all des Unheils war, aber sie fürchteten ihn und mochten nichts gegen ihn unternehmen. Sie hatten ihre Lektion gelernt.
    »Macht euch keine Sorgen«, rief er und hob ihnen eine Hand entgegen. »Es wird nichts mehr geschehen. Ich verspreche es euch.«
    Verstanden sie ihn, glaubten sie ihm? Er spürte, daß ihre Gedanken ihm galten, spürte ihre Panik, ihre Not, ebenso ihren Haß, nur eingedämmt durch diese überwältigende, fürchterliche Demonstration dessen, was er zustandebringen konnte. Ich weiß, wie euch zumute ist, erwiderte er in Gedanken, oder vielleicht äußerte er es laut – er wußte es selbst nicht. Ihr habt eine schwere, bittere Lektion gelernt. Und ich auch. Ich muß sorgfältiger auf mich achtgeben. In Zukunft muß ich meine Kräfte mit größerer Ehrfurcht ansehen, höhere Ehrerbietigkeit gegenüber dem Vertrauen zeigen, das darin besteht, daß ich mit ihnen ausgestattet worden bin.
    Wohin soll ich jetzt gehen? fragte er sich. Von hier fort, so daß da nach und nach von selber wieder Ordnung eintreten wird? Im Interesse dieser Menschen wäre das am besten; es wäre die vernünftigste Möglichkeit, eine rücksichtsvolle, menschliche, annehmbare Lösung.
    Kann ich gehen? lautete die nächste Frage, die er sich stellte. Natürlich. Denn die Kräfte, welche hier gewirkt hatten, standen ihm – zumindest in gewissen Umfang – zu seiner Verfügung; sobald er sich ihrer erst einmal wieder bewußt geworden war, so wie jetzt, vermochte er sich ihrer zu

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