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Kinder des Holocaust

Kinder des Holocaust

Titel: Kinder des Holocaust Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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Geschäft stecken keine Entwicklungsmöglichkeiten mehr. Wie sollte jemand sich in so einem Gewerbe denn noch entfalten können?
    Der Verlust des Pferds hatte ihn mit Niedergeschlagenheit erfüllt; er hielt den Blick auf den rissigen, mit Gras durchsetzten Bürgersteig gesenkt, während er sich einen Weg zwischen dem Schutt bahnte, den Überbleibseln einstiger Fabriken. Aus einem Loch auf einem verlassenen Parkplatz beobachteten wachsame Augen ihn beim Vorübergehen. Sie mußten einem Vieh gehören, dachte er in düsterer Stimmung, das längst ohne Fell an den Hinterbeinen aufgehängt sein sollte.
    Das hier erklärt, wieso Hoppy mit einigem Recht davon überzeugt gewesen sein mag, tatsächlich Ausblick in ein Leben nach dem Tode zu haben. Diese Ruinen, der rauchige, verhangene, entflammte Himmel ... Die wachsamen Augen verfolgten ihn, während das Geschöpf abwog, ob es ihn ohne größere Schwierigkeiten angreifen könne. Er bückte sich, hob einen scharfkantigen Brocken Beton auf und schleuderte ihn hinüber zu dem Bau – einer dicken, dichtgepreßten Schicht aus organischen und anorganischen Materialien, zusammengepappt mit einer Art von weißem Schleim. Das Tier hatte anscheinend einiges von den Trümmern, die ringsherum lagen, damit aufgeweicht und zu so etwas wie einer zum Baustoff geeigneten Knete verformt. Das muß ein verdammt gerissenes Biest sein, dachte Stuart. Doch es war ihm gleichgültig. Die Welt konnte gut ohne all die gewieften und mißgebildeten Erscheinungen von Leben auskommen, die sich im Laufe der vergangenen Jahre unter der Sonne gezeigt hatten.
    Ich habe mich auch weiterentwickelt, sagte er sich, indem er sich ein letztes Mal nach der Kreatur in ihrem Bau umdrehte, für den Fall, daß sie versuchen sollte, sich hinterrücks an ihn heranzumachen. Mein Verstand ist heute viel klarer als früher. Euch bin ich noch immer jederzeit gewachsen, also gebt ruhig gleich auf. Anscheinend war das Tier ebenfalls dieser Meinung; jedenfalls blieb es in seinem Loch sitzen.
    Weiterentwickelt habe ich mich, dachte er, aber trotzdem bin ich sentimental. Er vermißte das Pferd aufrichtig. Diese verdammten kriminellen Elemente von Veteranen, dachte er. Wahrscheinlich haben sie sich alle Mann im gleichen Moment auf Edward gestürzt, als wir abgelegt haben. Ich wollte, ich könnte die Stadt verlassen, ich würde gerne raus aufs flache Land ziehen, wo man so eine rücksichtslose Roheit und dies Lumpentum nicht kennt. Genau das hat sofort nach der Katastrophe der Psychiater gemacht. Stockstill hat gleich der östlichen Bay den Rücken gekehrt. Ich habe ihn abhauen gesehen. Er war gescheiter. Er hat gar nicht erst versucht, wieder mit dem alten Trott Schritt zu fassen, er hat nicht dort wieder angefangen, wo er aufgehört hatte, wie ich es gemacht habe.
    Mir ist doch selbst klar, dachte er, daß ich heute nicht besser dastehe als vor der gottverdammten Katastrophe. Damals habe ich Fernsehapparate verkauft, heute sind es elektronische Fallen gegen alles mögliche Viehzeug. Wo ist denn da ein Unterschied? Das eine ist so mies wie das andere. Wahrhaftig, es geht sogar bergab mit mir.
    Um seine Laune ein wenig zu heben, holte er eine von Andrew Gills Spezial Deluxe Gold heraus und zündete sie an.
    Der ganze Tag verplempert, erkannte er, vergeudet mit dem fruchtlosen Unterfangen drüben auf der anderen Seite der Bucht. In zwei Stunden würde es dunkel sein, und dann streckte er sich drunten in dem mit Katzenfell ausgelegten Kellerraum, den Mr. Hardy ihm für monatlich einen Dollar in Silber vermietete, zum Schlafen aus. Natürlich konnte er sich sein Öllämpchen anzünden, es noch für ein Weilchen brennen lassen und in einem Buch beziehungsweise dem Teil eines Buchs lesen – der größte Teil seiner Sammlung setzte sich aus Bücherresten zusammen, die übrigen Bestandteile waren vernichtet worden oder verlorengegangen. Oder er konnte Mr. und Mrs. Hardy, dem alten Ehepaar, einen Besuch abstatten und das Spätprogramm des Satelliten hören.
    Erst vor wenigen Tagen hatte er selbst über den Sender draußen im Sumpfland in West Richmond eine Anfrage an Dangerfield gerichtet. Er hatte gefragt, ob er ›Starken Rock heut abend‹ spielen könne, einen Lieblingsheuler aus Stuarts Jugend. Allerdings war unbekannt, ob Dangerfield auf seinen vielen Kilometer Band auch ausgerechnet dies Lied hatte; vielleicht wartete er vergeblich.
    Beim Weitergehen sang er vor sich hin.

    »Mensch äh ich hab 'ne dufte Neuigkeit:
    's gibt

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