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Kinder des Holocaust

Kinder des Holocaust

Titel: Kinder des Holocaust Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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entgegnete Hoppy knapp.
    Er hat mir wahrhaftig einen Schrecken eingejagt, dachte er. Mich zum Narren gehalten, indem er Jim Fergesson nachgeahmt hat. Ich bin wirklich total geschockt worden, im ersten Moment habe ich geglaubt, es sei tatsächlich Jim Fergesson. Edie ist genau an dem Tag gezeugt worden, als Jim Fergesson umkam, ich weiß es, Bonny hat es mir selbst erzählt, und ich glaube, Edies Bruder ist zur gleichen Zeit gezeugt worden. Aber ... er ist es nicht. Es war nicht Jim, es war eine ... Imita tion.
    »Da sehen Sie's, Bill kann auch Imitationen machen«, sagte das Kind.
    »Ja.« Hoppy nickte; er zitterte noch immer wie Espenlaub. »Ja, wahrhaftig.«
    »Er macht sie gut.« Edies dunkle Augen glommen.
    »Ja, sehr gut«, bestätigte Hoppy. So gut wie ich, dachte er. Vielleicht sogar besser als ich. Ich werde mich lieber vor ihm hüten, vor ihrem Bruder Bill, überlegte er. Ich lege mich besser nicht mit ihm an. Das soll mir wirklich eine Lehre sein. Möglicherweise hätte das dort in ihr Fergesson sein können, dachte er sich. Wiedergeboren. Reinkarnation nennt man das. Die Atombomben könnten das auf irgendeine Weise, die ich nicht verstehe, bewirkt haben. Dann wäre es doch keine Imitation, und mein erster Eindruck wäre richtig gewesen. Aber wie könnte ich Klarheit erlangen? Er wird mir nichts verraten. Er kann mich nicht ausstehen, weil ich mich über seine Schwester lustig gemacht habe. Das war ein Fehler. Das hätte ich nicht tun sollen.
    »Huuudi-huudi-hu«, sang er, und einige Anwesende schauten zu ihm herüber; da und dort im Saal brachte man ihm wieder Aufmerksamkeit entgegen. »So, Leutchen, hier ist wieder euer alter Kumpel Walt«, sagte er; doch er war innerlich nicht bei der Sache, und seine Stimme bebte. Er grinste den Versammelten zu, doch niemand grinste zurück. »Vielleicht bekommen wir die Lesung noch einmal für 'n Weilchen rein«, sagte er. »Edies Bruder möchte sie gerne hören.« Er streckte einen Servo aus und schaltete das Radio auf volle Lautstärke, drehte am Einstellknopf.
    Du kannst haben, was du willst, dachte er. Die Lesung oder was auch immer. Wie lange steckst du schon da drin? Erst seit sieben Jahren? Schon immer, möchte man eher meinen. Als hätte es dich ... schon seit jeher gegeben. Ein schrecklich altes, schrumpeliges, weißes Etwas war es gewesen, das zu ihm gesprochen hatte. Mit Lippen, die überwachsen waren von flaumigen, langen Haaren, ganzen Strähnen solchen Haars, büschelig und rauh. Ich wette, es ist Fergesson, sagte er sich. Ich hatte das Gefühl, daß er es ist. Er steckt da drin, in dem Kind. Ob er wohl heraus kann? überlegte Hoppy.

    »Was hast du bloß gemacht, daß es dir gelungen ist, ihn so zu erschrecken?« fragte Edie Keller ihren Bruder. »Er war wirklich völlig aus dem Häuschen.«
    »Ich habe jemanden nachgemacht, den er früher mal, vor langer Zeit, gekannt hat«, erwiderte die vertraute Stimme in ihr. »Jemanden, der tot ist.«
    »Ach«, sagte sie, »so war das. So was habe ich mir schon gedacht.« Sie empfand Heiterkeit. »Wirst du es ihm nochmal so zeigen?«
    »Falls ich merke, daß ich ihn nicht ausstehen kann«, antwortete Bill, »werde ich ihm noch mehr in dieser Art zu spüren geben, vielleicht noch eine Menge verschiedener anderer Sachen.«
    »Woher hast du denn von der toten Person gewußt?«
    »Ach«, meinte Bill, »weil ich ... Du weißt, woher. Weil ich auch tot bin.« Er lachte tief drunten in ihrem Leib; sie spürte, wie er wackelte.
    »Nein, das bist du nicht«, sagte sie. »Du bist genauso lebendig wie ich. Rede nicht so was, das ist nicht richtig.« Sie schauderte zusammen.
    »Ich hab's nur so gesagt«, antwortete Bill. »Entschuldige. Ich wünschte, ich hätte sein Gesicht sehen können. Wie sah's aus?«
    »Als du das zu ihm gesagt hast?« entgegnete Edie. »Abscheulich. Es war ganz verkniffen, wie bei einem Frosch. Aber du weißt ja nicht, wie ein Frosch aussieht, du weißt nicht, wie überhaupt irgend etwas aussieht, also hat's auch keinen Zweck, es dir zu erzählen.«
    »Ich würde zu gerne nach draußen«, sagte Bill kläglich. »Ich wollte, ich könnte geboren werden, so wie jeder andere. Kann ich nicht später geboren werden?«
    »Dr. Stockstill sagt, es geht nicht.«
    »Kann er denn nicht irgendwie dafür sorgen, daß es doch geht? Ich dachte, du hättest gesagt, da ...«
    »Ich habe mich geirrt«, sagte Edie. »Ich habe gedacht, es würde genügen, wenn er ein kleines, rundes Loch in meinen Bauch schneidet, aber er

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