Kinder des Mars
wunderte sich Jack. Davon hatte er noch nie gehört.
»Gar nicht «, kam Lukes einfache Antwort.
»Vivian sagte, sie können durch ihr Blut Unsterblichkeit schenken und so jemanden in ihre Familie aufnehmen «, gab Jack zu bedenken.
»Das klingt eher nach HIV als nach Genen. Knochenmark oder Stammzellen wären ein anderes Thema, aber wie etwas so eingreifendes wie ewiges Leben durch Blut übertragen werden soll, will mir nicht einleuchten «, sagte Luke vehement. »Ist dir klar, was es bedeuten würde, wenn es ginge? Jeder wäre hinter diesem Blut her. Diese Vivian würde überwältigt werden, koste es was es wolle, und würde die Ewigkeit damit verbringen, Blut zu spenden. «
»Darum ist ihr die Geheimhaltung so wichtig.«
»Und ausgerechnet dir hat sie es erzählt?« fragte Luke zweifelnd.
»Ihr Onkel hat meine Eltern umgebracht. Er ist unsterblich und ich habe nur eine Chance gegen ihn, wenn ich es auch werde.«
Luke lachte. »Jack, du bist bescheuert! Tut mir leid, aber so ist es. Von dir hätte ich das nicht erwartet, eher von Paul, aber der Verlust deines Vaters hat dich offenbar total aus der Bahn geworfen. « Luke wurde ernst. »Es ist Zeit, dass du dir helfen lässt. Denk mal darüber nach, was du gerade gesagt hast. Selbst wenn es möglich wäre - würdest du ein Vampir sein wollen? «
»Wenn es sein muss. « Aber Jack musste zugeben, dass das in der Tat bescheuert klang.
Luke sprach sehr langsam und deutlich, wie man mit einem kleinen Kind oder einem sehr kranken Patient sprach. Oder einem Irren. »Jack, du könntest nie mehr in die Sonne gehen und müsstest selbst Blut trinken. Ihr Blut macht Menschen unsterblich, aber auch zu Wesen der Nacht. Das ist der Preis, den wir für ewiges Leben zahlen. Das ist es, was Vivian für dich vorgesehen hat, oder habe ich dich vorhin falsch verstanden? «
»Nein, du hast Recht. Aber Vivian will, dass ich es mir gut überlege. Nur wenn ich mir sicher bin, nimmt sie mich in ihre Familie auf. «
»Wie rührend «, sagte Luke abfällig . »Sie sorgt also für die von ihr geschaffenen Hybriden. «
»In den Adern der Mischwesen fließt immerhin ihr Blut «, gab Jack zu bedenken.
Luke schnaubte laut ins Telefon. »In dem Fall kann man von Glück reden, dass ein Großteil der Menschheit dank diverser Krankheiten zu paranoid ist, um leichtfertig Körperflüssigkeiten auszutauschen. «
»Sie verwandeln niemanden, der es nicht will .« Warum Jack die Unsterblichen verteidigte, war ihm selbst nicht klar.
»Verwandeln? Infizieren meinst du wohl «, sagte Luke verärgert . Er seufzte. »Jack, als Wissenschaftler kann ich dir das nicht glauben. Ich habe Medizin studiert und bin Assistenzarzt und als solcher würde ich dich gerne in die geschlossene Anstalt einweisen, bevor du dir willig Schaden zufügen lässt von irgendeiner Irren! «
»Das ist deine offizielle Stellungnahme?« fragte Jack.
»Jawohl, alles Blödsinn!«
»Gut. Dann muss ich eben einen anderen Weg finden, diesen Sila umzubringen.«
»Umzubringen?! Wie wäre es mit bei der Polizei anzeigen?«
»Die kriegen den nie«, sagte Jack resigniert.
Luke holte tief Luft. »Wie auch immer – versprich mir, dass du kein Blut mit dieser Vivian austauschst. Es ist schlimm genug, dass du mit ihrer Schwester geschlafen hast. Hoffentlich hattest du genug Verstand, ein Kondom zu benutzen.«
Jack lachte darüber, dass Luke sich noch um so etwas banales Gedanken machte. » Keine Sorge. Aber ich kann dir nicht versprechen, dass ich sie nicht wiedersehen werde. «
19
Ella und Melissa bereiteten sich auf die lange Fahrt nach Kanada vor. Nach der gestrigen Besprechung hatte ihr Dozent Dr. Callaghan ihnen empfohlen, sich mit Samantha Gordon in Verbindung zu setzen. Sie war eine Koryphäe auf ihrem Gebiet und galt als unerschöpfliche Quelle, wenn es um übernatürliche Phänomene ging. Hexen, Chupacabras, Vampire – diese Frau kannte sie alle. An ihr schieden sich die Geister, manche Wissenschaftler fragten sie um Rat, andere bezeichneten sie als verrückte Lügnerin. Dr. Callaghan hatte keine Meinung, aber er fand, dass es zwei jungen Studentinnen, die so enthusiastisch über Vampirkulte recherchierten, nicht schaden konnte, mit ihr zu reden. Er hatte Ella und Melissa sogar mehr Zeit für ihren Vortrag eingeräumt, damit sie den Kurs mit ihren zusätzlichen Erkenntnissen bereichern konnten, wie er sagte.
Es gab nur ein Problem: Samantha Gordon besaß kein Telefon und war auch nicht per Email zu erreichen. Man konnte
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