Kinder des Mars
eigentlich los mit George? Er hat sich sogar nach meinem Liebesleben erkundigt.« Ella war seit einem Jahr solo. Ihren Exfreund hatte sie am College in L.A. kennengelernt. Nach zwei Jahren war die Beziehung zerbrochen und Ellas Herz gleich mit. »Früher hat er sich nicht dafür interessiert.«
»Stimmt. Dad ging mir zwar auf die Nerven, dass ich das Leben schätzen und nicht riskieren soll, aber meine Beziehungen waren ihm egal. Früher hatte er einfach Angst, dass ich mich beim Sport verletze, jetzt liegt er mir in den Ohren, dass ich statt einer Tauchausrüstung besser Schmuck für eine Frau kaufen sollte. Und damit er ein gutes Vorbild für mich ist, wie du es so schön ausdrückst, ist er mit seiner Freundin einmal quer durch Tiffany's gegangen, wo alles an ihr kleben blieb, was genug Karat hat. Glaub mir, die hält er bestimmt nicht lange aus.«
»Warum? Ist es nicht ein gutes Zeichen, wenn er ihr Schmuck kauft?«
»Bei der richtigen Frau vielleicht, aber warte, bis du sie kennenlernst. Du wirst schon sehen, was ich meine. Da kommt sie ja.« Jack stand auf und ging der Frau entgegen, die eben das Wohnzimmer betrat.
Ella erhob sich und blickte sie neugierig an. Es war nicht zu übersehen, was Jack meinte. Die wasserstoffblonde Barbie war keine Naturschönheit und mit Schmuck behängt wie ein Weihnachtsbaum. Ihr Minikleid gewährte vorn so tiefe Einblicke wie Ellas lange Robe hinten.
»Ella, das ist Celeste. Celeste, Ella«, stellte Jack die beiden einander vor.
»Erfreut, Sie kennenzulernen«, sagte Ella höflich, aber etwas steif, und reichte Celeste vorsichtig die Hand. Sie wusste nicht, was sie von der Wahl ihres Onkels halten sollte.
Die Frau bemerkte Ellas Zurückhaltung entweder nicht oder ging einfach darüber hinweg. Überschwänglich schüttelte sie Ellas Hand und küsste sie auf beide Wangen. »Na, das ist aber schön Jacks Freundin kennenzulernen. Ich habe ja schon so viel von dir gehört. Es ist wundervoll, dass du in L.A. wohnst. Was um Himmels willen tust du dann hier? Versteh mich nicht falsch, New York ist großartig, Shoppingmöglichkeiten ohne Ende und die ganzen schicken Restaurants und Bars – herrlich! Aber im Moment ist es so furchtbar kalt und man muss lange Klamotten tragen, weil man sonst selbst unter dem dicksten Pelzmantel friert...«
Jack unterbrach mit einem gequälten Lächeln ihren Redeschwall. »Ich sagte doch bereits: Sie ist meine Cousine.«
Celeste stockte einen Moment. »Und wo ist deine Freundin?« fragte sie verwirrt.
Ella grinste.
Jack war nicht amüsiert. »Im Gegensatz zu meinem Vater bringe ich zu einem Familienfest wie Thanksgiving keine Frauen mit, die ich erst seit ein paar Tagen kenne.«
Falls Celeste die Kritik in Jacks Worten bemerkte, ignorierte sie sie. »Du siehst das zu eng. Dein Vater ist da so viel lockerer! Ich sehe mal nach, wo er mit den Drinks bleibt.« Lächelnd stöckelte sie davon.
Ella sah ihr überrascht nach. »Seit wann ist dein Vater denn locker?«
»Keine Ahnung. Ich sagte doch, Blondie kennt ihn kaum. Ich bezweifle, dass Celeste überhaupt ihr richtiger Name ist.«
»Du bist nicht gerade freundlich zu ihr.«
»Macht nichts. Erstens merkt sie das nicht mal, zweitens hat sie nicht genügend Speicherplatz im Kopf, um nachtragend zu sein. Drittens halte ich es für unwahrscheinlich, sie je wieder zu sehen.« Jack brach ab, als er Schritte hörte.
George und Celeste kamen mit vier Champagnergläsern aus der Küche.
»Hier.« Sie reichten Jack und Ella je ein Glas.
Ella fiel im Schein der Deckenleuchte auf, dass George mehr und mehr graue Haare bekam. Er trug einen militärischen Bürstenschnitt, denn sobald sie nur ein bisschen länger wurden, erinnerten sie wie die seines Sohnes an ein durcheinander geratenes Vogelnest. Auch sonst ähnelten sich die beiden sehr. Sie waren gleich groß, schlank, und hatten ausgeprägte Gesichtszüge. Georges Gesicht wies inzwischen allerdings tiefe Furchen auf. Er war über fünfzig und wirkte beinahe hager, die Nase war länger und die Lippen im Laufe der Jahre schmaler geworden. Bis Gingers Tod hatte er sehr gut ausgesehen, mit nur wenigen Falten und grauen Schläfen. Seit sie nicht mehr da war, alterte George schnell. Er versuchte, es sich nicht anmerken zu lassen, weil er seinem Sohn demonstrieren wollte, dass das Leben weiterging und er es genießen sollte. George sagte, Ginger hätte es so gewollt.
»Der Truthahn ist gleich fertig«, informierte sie George. »Lasst uns anstoßen. Auf die
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