Kinder des Mars
Hüften und tappte zurück ins Zimmer. Ehe er halbnackt und barfuß auf den Gang hinaustrat, sah er in den Schrank. Dort fand er zu seiner Überraschung einige seiner Kleider. Jemand war bereits gekommen um nach ihm zu sehen. Jack fragte sich, wer das sein sollte. Seine Mutter war tot. Vielleicht hatte sein Vater überlebt. Aber sicher war er verletzt und Ella vermutlich ebenfalls. Seine Freunde waren weit weg und konnten noch gar nicht wissen, was passiert war.
In einem Fach lagen Jacks persönliche Gegenstände: Geldbeutel, Ausweise, MP3 Player, sein Smartphone und seine Uhr. Er rief alle Nummern an, die er von seinem Vater hatte, und versuchte es bei Ella. Erfolglos. In seinem Posteingangsfach waren keine neuen Emails. Er hinterließ Nachrichten auf den Mailboxen von Ella und seinem Vater und verschickte Emails an Paul und Luke. Sorgen um seine Freunde machte er sich nicht, sie waren weit weg und die Wahrscheinlichkeit, dass ihnen ebenfalls etwas zugestoßen war, sehr gering. Jack informierte sie, dass sein Thanksgiving Dinner nicht positiv verlaufen war, dass sie sich aber erstmal keine Sorgen machen sollten. Er würde sich später wieder melden, wenn er wusste, was genau los war.
Jack zog die Uhr an, die er letzte Nacht getragen hatte und die ihm das Krankenhauspersonal abgenommen haben musste. Sie war feinste schweizer Handarbeit, widerstandsfähig, mit lebenslanger Garantie, zählte Stunden, Minuten und Sekunden und zeigte das Datum an. Sein Vater hatte sie ihm zum einundzwanzigsten Geburtstag geschenkt. Ella hatte von George das weibliche Pendant bekommen, mit einem kleineren Ziffernblatt und einem schmaleren Armband. Die Ereignisse der letzten Nacht hatten der Uhr nichts anhaben können, sie funktionierte einwandfrei, nur konnte sie ihm leider nichts außer Datum und Zeit mitteilen. Jack sah ein, dass er außerhalb seines Krankenzimmers nach Antworten suchen musste.
Jack legte das Handtuch auf den Stuhl neben dem Schrank, schlüpfte in eine Jogginghose und zog vorsichtig ein T-Shirt über seinen Kopf, wobei er versuchte, die genähten Stellen nicht zu berühren. Er öffnete die zweite Tür, hinter der ein langer Gang lag, und machte sich auf die Suche nach jemandem, der ihm Auskunft geben konnte. Nach wenigen Schritten kehrte er noch einmal um. Der graumelierte Kunststoffboden war unangenehm kalt. Im Schrank fand er die gefütterten Hausschuhe, die sonst neben seinem Gästebett im Appartement seines Vaters standen.
Als er erneut das Zimmer verließ, kam ihm eine Schwester in blauer Arbeitskleidung entgegen. Jack zögerte nicht lange. Er sprach sie direkt an. »Entschuldigen Sie bitte, mein Name ist Jack Fuller. Ich kann mich nicht daran erinnern, wie ich hergekommen bin. Können Sie mir helfen?«
Die Frau starrte bestürzt auf seinen Schädel. »Um Himmels Willen, warum haben Sie die Verbände abgenommen?«
»Ich wollte sehen...«
»Nichts da, das überlassen Sie schön dem Arzt, dafür ist er da.« Resolut stemmte sie die Hände in die breiten Hüften. »Und von Wundversorgung haben Sie ganz offensichtlich keine Ahnung. Das ist frisch genäht, Sie können damit nicht offen durch die Gegend laufen, es muss verbunden werden...«
»Das ist mir egal. Sagen Sie mir nur, was passiert ist.«
Mitleidig sah sie Jack an. Sie war mittleren Alters, der Kittel spannte über ihrer rundlichen Figur und als sie antwortete, hatte ihr Ton etwas Mütterliches an sich. »Es tut mir leid, Sie sollten besser zurück ins Bett. Ich weiß nicht genau, was vorgefallen ist, aber Sie wurden letzte Nacht mit einer Kopfverletzung hier eingeliefert und es hieß, Sie hätten womöglich ein Trauma.«
»Was?! Ein Schädeltrauma?« Das jagte Jack einen furchtbaren Schrecken ein. Wenn sein Gehirn beschädigt war, war seine Karriere als Informatiker oder Wirtschaftsmanager womöglich vorbei, ehe sie begonnen hatte.
»Ganz ruhig. Es ist ja nicht sicher. Kommen Sie.« Sie nahm Jack beim Arm und zog ihn in Richtung seiner Zimmertür.
»Aber...«
»Kein Aber. Es ist noch nicht einmal sicher, ob Sie überhaupt physischen Schaden genommen haben, von den Platzwunden einmal abgesehen«, versuchte sie ihn zu beruhigen. »Aber Sie könnten unter Schock stehen, ein seelisches Trauma, verstehen Sie? Das muss ein Psychologe klären. Und Sie müssen sich erst einmal ausruhen. Ich bin überrascht, dass Sie schon auf sind, mit so vielen Schmerz- und Beruhigungsmitteln im Blut.« Sie schob ihn durch die Tür.
Jack nahm gefügig auf dem Bett
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