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Kinder des Mars

Kinder des Mars

Titel: Kinder des Mars Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Skylar Hamill
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Krankheit, Tod, Krieg oder Geburt eines Sohnes. Ihre Körper wurden in Peru, Chile und Argentinien gefunden, mumifiziert und mit reichen Beigaben ausgestattet.«
    Melissa hatte den Kopf weit nach hinten gelehnt, um den letzten Tropfen aus ihrem Pappbecher nicht zu vergeuden. Nun setzte sie ihn ab. »Wurden ihnen wie bei den Ägyptern die Organe entnommen?«
    »Manchen ja, aber nicht allen. Meist wurden sie durch Erwürgen, Ersticken oder einen Schlag auf den Kopf getötet oder einfach lebendig begraben, während sie bewusstlos waren.«
    »Bewusstlos?«
    »Durch Bier oder den Genuss von Cocablättern.« Kokain. Noch etwas, das bis zu uns durchgedrungen ist. Wie Kaffee ein Genussmittel. Ella unterdrückte ein Lachen, als sie in Melissas entsetztes Gesicht sah.
    »Wie furchtbar.« Melissa trug ihr Edgar Allan Poe T-Shirt. Ihr Lieblingsdichter hatte immer Angst davor gehabt, lebendig begraben zu werden, und sich eingehend mit diesem Albtraum beschäftigt. Kein Wunder, dass ihr das Thema näher ging als Ella.
    »Ja, doch immerhin ziemlich unblutig. Es gibt Berichte, dass die Inka wie die Azteken das Herz ihrer Opfer entfernten, andere Wissenschaftler haben daran allerdings Zweifel geäußert. Die Inka verehrten den Bären, so sehr, dass sie ihn nicht als Feind sahen, sondern sich mit ihm identifizierten. Maya und Azteken huldigten einem Jaguargott, der sehr blutrünstig war und vor dem sie offenbar große Furcht hatten, was die brutalen religiösen Praktiken erklärt, mit denen sie ihn zu besänftigen versuchten.«
    Melissa holte tief Luft. »Ich brauche noch einen Kaffee.«
    »Wie konntest du ihn so schnell trinken? Er war brühheiß!«
    »Ach was. Komm schon.«
    Sie ließen ihre Sachen an ihrem Platz liegen und gingen zur Kaffeebar.
    »Von Jaguarkulten habe ich schon gehört, das mit dem Bären ist mir neu«, sagte Melissa, während sie sich nachschenkte. »Leben in Südamerika überhaupt Bären? Ich dachte, es wären die nordamerikanischen Indianer, die eine besondere Beziehung zu Meister Petz hatten.«
    »Die Bären in Nordamerika sind wesentlich größer. Bei uns gibt es Grizzlys, Braun- und Schwarzbären und in Kanada sogar Eisbären. In Südamerika lebt nur der Brillenbär, er ist vergleichsweise klein und vom Aussterben bedroht.«
    »Oh. Der Jaguargott ist also hauptsächlich verantwortlich für das Blutvergießen.« Langsam nahm Melissa ihren übervollen Becher, drehte sich vorsichtig um und schlurfte zu ihrem Tisch zurück. Ella wunderte sich, dass sie sich nicht die Hände verbrannte.
    »Nicht nur. Männer bei den Maya schnitten sich mit rituellen Waffen, um zu bluten wie die Frauen, die jeden Monat ihre Menstruation hatten. Frauen galten als mächtig, weil sie allein neues Leben schenken und so für den Fortbestand des Volkes sorgen konnten.«
    Melissa machte ein missbilligendes Geräusch. »Haben die Männer allen Ernstes geglaubt, sie könnten schwanger werden, indem sie sich Schnittwunden zufügten?!«
    »Nein, sie haben ja schnell genug die Erfahrung gemacht, dass das nicht funktioniert.« Ella plumpste auf ihren Stuhl, während Melissa in Zeitlupe ihren Kaffee abstellte und sich erst dann setzte, wobei sie aufpasste, nicht den Tisch anzustoßen. »Doch sie glaubten, sie würden dadurch mächtiger und stärker.«
    »Wahnsinn. Hier und heute gelten wir als das schwache Geschlecht, eben weil wir bluten und Kinder bekommen.« Melissa beugte sich nach vorne und schlürfte bedächtig von dem schwarzen Gebräu, ohne etwas zu verschütten.
    »Andere Zeiten, andere Kulturen. In sogenannten primitiven Völkern haben Frauen oft eine starke Stellung in der Gemeinschaft.«
    »Wenn der Preis dafür ist, dass man als Opfer enden könnte, verzichte ich lieber.«
    »Dann darfst du dich glücklich schätzen, hier und heute zu leben.« Ella schmunzelte. Was hätte wohl Ginger von all dem gehalten? Wieder einmal vermisste sie ihr Tante, die sie nicht mehr fragen konnte. Doch es war müßig, so zu denken. »Für das Referat möchte ich mich auf Azteken, Inka und Maya konzentrieren, da gibt es genug Stoff. Bist du einverstanden, dass ich die kleineren Kulte und die Einwohner Papua Neuguineas nicht erwähne?«
    »Papua Neuguinea?«
    »Da gab es auch Blutkulte«, ergänzte Ella.
    »Oh je. Nein, lass mal, du musst wahrscheinlich aufpassen, dass du allein mit den drei Hochkulturen nicht den zeitlichen Rahmen sprengst.«
    »In der Tat.«
    »Vergiss nicht, die erste halbe Stunde des Vortrags gehört mir für die Alte Welt und die

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