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Kinder Des Nebels

Kinder Des Nebels

Titel: Kinder Des Nebels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brandon Sanderson
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Interesse an der Führerschaft, doch Kelsier schien unter dieser Bürde aufzublühen. Würde er es wirklich zulassen, dass die Skaa-Rebellion die Regierung übernahm? Wäre überhaupt irgendjemand in der Lage, eine solche Macht abzutreten?
    Vin runzelte die Stirn. Kelsier war ein guter Mensch, und vermutlich würde er einen gerechten Herrscher abgeben. Doch falls er versuchen sollte, die Kontrolle an sich zu reißen, wäre das Verrat. Es würde die Versprechen brechen, die er Yeden gegenüber gemacht hatte. Sie wollte nicht mit ansehen, wie Kelsier das tat.
    »Valette!«, rief Kelsier.
    Vin zuckte leicht zusammen und fühlte sich schuldig. Kelsier deutete auf einen Wagen, der gerade auf das Grundstück fuhr. Marsch war eingetroffen. Sie ging zurück, während der Wagen zum Stillstand kam, und erreichte Kelsier gleichzeitig mit Marsch.
    Kelsier lächelte und nickte Vin zu. »Wir sind noch nicht abreisebereit«, sagte er zu Marsch. »Wenn du Zeit dazu hast, könntest du dem Mädchen ein paar Dinge zeigen.«
    Marsch wandte sich ihr zu. Er war genauso hoch aufgeschossen wie Kelsier und hatte ebenfalls blondes Haar, aber er war nicht so hübsch. Vielleicht lag das an dem fehlenden Lächeln.
    Er deutete auf den Balkon des Hauses. »Warte da oben auf mich.«
    Vin öffnete den Mund für eine Entgegnung, doch etwas an Marschs Miene riet ihr, besser zu schweigen. Er erinnerte sie an die alten Zeiten vor einigen Monaten, als sie die Anweisungen ihrer Meister noch nicht infrage gestellt hatte. So drehte sie sich um, ließ die drei Männer allein und begab sich ins Haus.
    Es war ein kurzer Weg bis zum Balkon an der Vorderseite. Als sie dort eintraf, zog sie sich einen Stuhl heran und setzte sich neben das weiß gekalkte Geländer. Natürlich war der Balkon schon von Asche und Ruß befreit worden. Unter ihr redete Marsch noch mit Kelsier und Renoux. Hinter ihnen und der ausgedehnten Karawane sah Vin jenseits der Stadt die öden Berge, die vom roten Sonnenlicht angestrahlt wurden.
    Ich spiele erst seit ein paar Monaten die Adlige, und schon halte ich eine Landschaft, die nicht kultiviert ist, für minderwertig.
Während der Jahre, in denen sie zusammen mit Reen gereist war, hatte sie keine Landschaft je als »öde« empfunden.
Und Kelsier sagt, das ganze Land sei früher fruchtbarer als der Garten eines Adligen gewesen.
    Wollte er einen solchen Zustand wiederherstellen? Bewahrer konnten sich vielleicht an Sprachen und Religionen erinnern, aber sie konnten keine Samen für Pflanzen erschaffen, die schon lange ausgestorben waren. Sie konnten den Ascheregen nicht aufhalten und auch nicht den Nebel vertreiben. Würde sich die Welt wirklich so sehr ändern, wenn das Letzte Reich untergegangen war?
    Und hatte nicht der Oberste Herrscher ein Recht auf sein Reich? Er hatte den Dunkelgrund besiegt, oder zumindest behauptete er das. Er hatte die Welt gerettet, was sie in gewisser Weise zu seinem Eigentum machte. Welches Recht hatten sie, ihm diese Welt zu nehmen?
    Sie dachte oft über diese Dinge nach, auch wenn sie den anderen ihre Bedenken nicht mitteilte. Sie alle schienen Kelsiers Plan uneingeschränkt zuzustimmen, und manche teilten wohl auch seine Vision. Doch Vin war zögerlich. Reen hatte sie gelehrt, gegenüber jedem Optimismus vorsichtig zu sein.
    Und wenn es je einen Plan gegeben hatte, bei dem man vorsichtig sein sollte, dann war es dieser.
    Trotzdem ließ sie allmählich ihre Vorbehalte hinter sich. Sie kannte den Grund, aus dem sie in der Bande blieb. Es war nicht der Plan, es waren die Menschen. Sie mochte Kelsier. Sie mochte Docksohn, Weher und Hamm. Sie mochte sogar den seltsamen kleinen Spuki und dessen verschrobenen Onkel. Diese Mannschaft war anders als alle, mit denen sie bisher gearbeitet hatte.
    Ist das ein guter Grund, sich umbringen zu lassen?,
fragte Reens Stimme in ihrem Kopf.
    Vin hielt inne. In der letzten Zeit hörte sie diese Stimme seltener, aber sie war noch immer da. Reens Lehren, die er ihr in ihrem mehr als sechzehnjährigen Leben eingetrichtert hatte, konnte sie nicht einfach abschütteln.
    Kurz darauf betrat Marsch den Balkon. Er sah sie mit seinen harten Augen an und sagte: »Anscheinend erwartet Kelsier von mir, dass ich den Abend damit verbringe, dir Lektionen in Allomantie zu geben. Also sollten wir gleich anfangen.«
    Vin nickte.
    Marsch sah sie eingehend an; offenbar erwartete er eine stärkere Reaktion. Doch Vin saß nur still da.
Du bist nicht der Einzige, der kurz angebunden sein kann, mein

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