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Kinder Des Nebels

Kinder Des Nebels

Titel: Kinder Des Nebels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brandon Sanderson
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offensichtlich erwartete man von ihr, dass sie sich genauso betrug wie alle anderen hier, also schloss und verriegelte sie die Tür, entkleidete sich und stieg in den Zuber.
    *
    Sie roch komisch.
    Auch wenn es nur ein schwacher Duft war, den sie verströmte, so fing Vin ihn doch gelegentlich auf. Er war wie der Geruch einer vorbeigehenden Adligen, wie der Duft einer parfümierten Schublade, die von den Diebesfingern ihres Bruders aufgezogen worden war. Als der Morgen voranschritt, wurde der Duft allmählich undeutlicher, doch er verursachte ihr immer noch Unbehagen. Er unterschied sie von den anderen Skaa. Wenn diese Bande regelmäßig solche Bäder von ihr erwartete, dann würde sie darum bitten, dass die Duftstoffe daraus entfernt wurden.
    Das Frühstück entsprach schon eher ihren Erwartungen. Einige Skaa-Frauen verschiedenen Alters arbeiteten in der Küche des Ladens und machten Lorbeerwickel - dünne, gerollte Brotfladen mit einer Füllung aus gekochter Gerste und Gemüse. Vin stand neben der Küchentür und sah den Frauen bei der Arbeit zu. Keine von ihnen roch so wie sie, auch wenn sie alle viel reinlicher und gepflegter als die durchschnittlichen Skaa waren.
    Das gesamte Gebäude vermittelte ein seltsames Gefühl von Sauberkeit. Das hatte Vin am vergangenen Abend wegen der Dunkelheit nicht bemerkt, aber sogar der Boden war blank gescheuert. Alle Arbeiter - sowohl die Küchenmägde als auch die Lehrlinge - hatten saubere Gesichter und Hände. Das empfand Vin als seltsam. Sie war daran gewöhnt, dass ihre eigenen Finger schwarz vor Ascheflecken waren. Als sie noch mit Reen zusammen gewesen war, hatte sie sich das Gesicht sofort wieder mit Asche eingerieben, wenn sie es zuvor einmal gewaschen hatte. Ein sauberes Gesicht fiel auf der Straße zu sehr auf.
    Keine Asche in den Ecken,
dachte sie, während sie den Boden betrachtete.
Dieser Raum wird andauernd ausgefegt.
An einem solchen Ort hatte sie noch nie gelebt. Es war fast, als wäre sie im Hause eines Adligen.
    Erneut warf sie einen Blick auf die Küchenfrauen. Sie trugen einfache Kleider in Weiß und Grau und hatten sich Schals um den Kopf gebunden, unter denen lange Haarzöpfe bis auf den Rücken hingen. Vin betastete ihr eigenes Haar. Sie hielt es so kurz wie das eines Jungen; ihr augenblicklicher zerzauster Schnitt stammte von einem der älteren Bandenmitglieder. Sie war nicht wie diese Frauen hier, war es nie gewesen. Auf Reens Anordnung hin hatte Vin so gelebt, dass die übrigen Bandenmitglieder sie zuerst als Dieb und dann erst als ein weibliches Wesen ansahen.
    Aber was bin ich jetzt?
Sie duftete nach dem Bad, trug aber die lohfarbene Hose und das geknöpfte Hemd eines Lehrlings und fühlte sich vollkommen fehl am Platz. Und das war schlecht. Wenn sie sich unbehaglich fühlte, dann wirkte sie sicherlich auch so. Das war noch etwas, das sie von den anderen abhob.
    Vin drehte sich um und beobachtete die Handwerker. Die Lehrlinge hatten sich bereits ihrer morgendlichen Arbeit zugewendet und machten sich an verschiedenen Möbelstücken zu schaffen. Sie blieben im Hintergrund, während Keuler im Hauptladen arbeitete und den einzelnen Gegenständen den letzten Schliff gab.
    Plötzlich wurde die Hintertür der Küche aufgerissen. Instinktiv schlüpfte Vin zur Seite, drehte den Rücken gegen die Wand und spähte in die Küche.
    Hamm stand in der Tür; das rote Sonnenlicht rahmte ihn ein. Er trug ein lockeres Hemd und eine Weste, beides war ärmellos, und hatte mehrere große Pakete in der Hand. Er war nicht rußbefleckt - keiner aus dieser Mannschaft war bei den wenigen Malen, da Vin sie gesehen hatte, je schwarz vor Asche gewesen.
    Hamm durchquerte die Küche und betrat den Werkraum. »Kann mir jemand sagen, wo mein Zimmer ist?«, fragte er, während er sein Gepäck absetzte.
    »Ich frage Meister Cladent«, antwortete einer der Lehrlinge und begab sich in den vorderen Raum.
    Hamm lächelte, reckte und streckte sich und wandte sich dann an Vin. »Guten Morgen, Vin. Weißt du, du brauchst dich vor mir nicht zu verstecken. Wir gehören zur selben Gruppe.«
    Vin entspannte sich, rührte sich aber nicht von der Reihe beinahe fertiggestellter Stühle fort, neben der sie stand. »Du lebst ab jetzt auch hier?«
    »Es zahlt sich immer aus, in der Nähe des Rauchers zu sein«, erklärte Hamm, drehte sich um und verschwand wieder in der Küche. Einen Augenblick später kam er mit vier großen Lorbeerwickeln zurück. »Weiß jemand, wo Kell ist?«
    »Er schläft«, sagte

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