Kinder des Sturms
Lächelnd hielt sie den Becher in die Höhe. »Und ich dachte, dass du das hier bei dem feuchten Wetter sicher brauchen kannst.«
Es freute sie, dass seine Miene weniger Überraschung als vielmehr Argwohn auszudrücken schien. »Danke.«
»Nichts zu danken. Ich nehme an, ich bin hier nur im Weg.« Trotzdem drehte sie eine kleine Pirouette und sah sich weiter um. »Aber es ist einfach interessant, zu sehen, wie schnell ihr hier vorankommt.«
»Es sind wirklich gute Leute.« Bereits beim ersten Schluck war ihm bewusst, dass sie den Kaffee gekocht hatte. Er war stark und aromatisch, aber sie hatte nicht dasselbe Talent wie der gute Shawn. Sein Argwohn nahm noch zu. Was, fragte er sich, wollte sie von ihm?
»Vielleicht kannst du mir ja, wenn du mal ein wenig Zeit hast, zeigen, wie es alles am Ende werden soll.«
»Das kann ich auch gleich jetzt.«
»Ach ja? Das wäre wirklich schön.«
»Dort drüben wird man aus dem Pub kommen.« Er zeigte in Richtung der Rückwand des Lokals, das sich zwischen die neuen Mauern schmiegte. »Allerdings wird es noch ein wenig
dauern, bis wir den Durchbruch machen. Wie du siehst, liegt der Pub ein wenig tiefer, weshalb der Durchgang etwas abfällt. Auf diese Weise bekommen wir zusätzliche Höhe, ohne das Dach schräg verlaufen lassen zu müssen. Der Gang wird in Richtung Theater immer breiter.«
»Ich erinnere mich, wie ein offener Fächer.«
»Genau. Auf diese Weise dient er gleichzeitig als natürliches Foyer.«
»Und was sind das alles für Rohre, die da aus den Wänden ragen?«
»Zu beiden Seiten des Foyers wird es Toilettenräume geben. Brenna meint, wir sollten die gälischen Wörter für »Herren« und »Damen« nehmen, so wie bei euch im Pub. Für die Türen will ich dunkles, naturbelassenes Holz.« Er kniff die Augen zusammen und rief sich das Bild vor Augen. »Wir verwenden die modernste Technik, aber alles, was die Leute sehen werden, ist alt und rustikal.«
Was er trotz des Durcheinanders aus Arbeitern, Werkzeug und Materialien vor sich sah, war das strahlende komplettierte Werk. »Nackte Steinböden«, fuhr er fort. »Passend zu denen, wie ihr sie drüben habt. Weiche Pastelltöne, nichts Leuchtendes oder Grelles. Es wird auch Sitzgelegenheiten geben, aber alles soll möglichst klein und intim wirken. Ich denke an Bänke. An die Wände kommen ein paar Bilder, aber nicht zu viele, und alle hier aus der Region.«
Er blickte sie an und zog, als er merkte, dass sie ihn reglos ansah, eine Braue in die Höhe. »Was ist?«
»Ich dachte, du hättest eher eine Vorliebe für das Moderne.«
»Ach ja?«
Sie öffnete den Mund, doch dann schüttelte sie nachdrücklich den Kopf. »Aber nicht hier«, erkannte sie. »Nein, nicht hier, nicht in diesem Theater. Hier wird alles duachais .«
»Das kann natürlich sein. Wenn du mir vielleicht erklärst, was das überhaupt ist.«
»Oh, das ist das gälische Wort für« – sie suchte nach der passenden Übersetzung – »etwas Traditionelles. Nein, nicht nur das. Es hat etwas mit der Beziehung zu tun, die man zu einem Ort hat, mit den Wurzeln, mit der besonderen Anziehungskraft, die er auf einen ausübt. Damit, nun, damit, was und weshalb er das ist, was er ist.«
Er kniff die Augen zusammen. »Sag das Wort noch einmal.«
»Duachais .«
»Ja, das ist es. Genau das ist es.«
»Du hattest vollkommen Recht damit, hier so etwas bauen zu wollen, und ich bin sehr froh darüber, dass du es wirklich tust.«
»Und gleichzeitig bist du davon überrascht.«
»Ja, ein bisschen. Obwohl ich es nicht sein sollte.« Es machte sie nervös, dass er sie derart leicht durchschaute, und so wandte sie sich ab. »Und wie kommt man ins Theater?«
»Durch die beiden Türen, die du da hinten siehst.« Er nahm ihre Hand. Es war eine beiläufige Geste, die zwar keinem von ihnen beiden, aber den anderen auffiel.
»Der Zuschauerraum besteht aus drei Abschnitten, die durch zwei Gänge voneinander getrennt werden. Insgesamt haben wir Platz für zweihundertvierzig Menschen. Es ist also genau wie das Foyer eher klein und intim. Im Mittelpunkt steht natürlich die Bühne. Ich kann dich bereits deutlich vor mir sehen, wie du dort oben stehst und singst.«
Wortlos blickte sie auf die leere Stelle, und er wartete einen Moment, bevor er fragte: »Hast du Angst davor, zu schauspielern?«
»Das habe ich bereits mein Leben lang getan.« Auf die eine oder andere Art, dachte sie und seufzte leise. »Nein, ich habe keine Angst davor, auf einer Bühne zu stehen,
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